Interview über fehlerfreien Handarbeitsplatz „Ideal für Losgröße 1“

MITSUBISHI ELECTRIC EUROPE B.V (Factory Automation)

Nils Knepper ist Senior Product Manager im Geschäftsbereich Industrial Automation bei Mitsubishi Electric.

Bild: Mitsubishi Electric
29.05.2018

Manuelle Montageprozesse gibt es schon lange, neu ist das Konzept von Mitsubishi Electric und Handke Industrie-Technik eines fehlerfreien Handarbeitsplatzes. Welche Vorteile die Lösung bei komplexer Montage und Losgröße 1 hat, erläutern Nils Knepper, Senior Product Manager im Geschäftsbereich Industrial Automation bei Mitsubishi Electric und Andreas Kebbel, Geschäftsleitung von Handke Industrie-Technik, im Gespräch mit A&D.

Sponsored Content

A&D:

Sehen Sie durch die Individualisierung von Produkten einen Trend hin zu intelligenten Handarbeitsplätzen?

Kebbel, Handke:

Ja durchaus! Wir stellen bei einigen unserer Kunden fest, dass sie Produktionskapazitäten wieder nach Deutschland zurückzuholen, um flexibel mit Integration von Handarbeitsplätzen Losgröße 1 zu produzieren und schnell auf neue oder andere Produkte umrüsten zu können. Außerdem lässt sich mit Handarbeitsplätzen voll flexibel auf Taktzeit- bzw. Produktionsschwankungen reagieren. Entweder durchläuft ein Mitarbeiter mehrere Stationen, oder Sie besetzen je nach Auftragseingang jeden Arbeitsplatz. Wir sprechen hier auch von viel niedrigeren Investitionsvolumina im Vergleich zu vollautomatischen Systemen, die zudem weniger Flexibilität bieten.

Handarbeitsplätze gibt es schon lange bei Handke. Wie kam die Idee zustande, ihn fehlerfrei zu machen nach dem japanischen Poka Yoke Konzept?

Kebbel, Handke:

Das stimmt, wir haben schon seit über 30 Jahren Handarbeitsplätze im Angebot. Allerdings fehlte auf dem Markt immer eine ganzheitliche Lösung mit Controller, Sensoren und Aktoren aufeinander abgestimmt und aus einer Hand. Bisher war die Steuerung, Fehlervermeidung und Qualitätskontrolle relativ aufwendig zu realisieren. Deshalb waren solche Handarbeitsplätze die letzten rund fünf Jahre sowohl bei uns als auch bei Kunden etwas aus dem Fokus entrückt. Aufgrund der neuen Lösung von Mitsu­bishi Electric haben wir nun erstmals die Möglichkeit, effizient und flexibel fehlerfreie Handarbeitsplätze zu realisieren. Hier ergänzt sich die Technik von Mitsubishi Electric ideal mit unseren ausgeklügelten, flexiblen und ergonomischen Systemen für Handarbeitsplätze.

Poka Yoke heißt systematisches Ausschließen von Fehlern. Wo liegen denn bei bisherigen Handarbeitsplätzen die Hauptprobleme?

Knepper, Mitsubishi:

Es gibt Statistiken von großen Automobilherstellern, dass rund 75 Prozent der Fehler passieren, weil falsche Teile gegriffen werden. Deswegen sind intelligente Klapptüren an den Bauteilebehältern ein zentrales Element. Damit schließen wir schon mal die Hauptfehlerquelle aus. Auch beim Materialnachschub wird über Barcode-Leser eine falsche Befüllung verhindert. Vision Systeme überprüfen, ob Schrauben am korrekten Ort platziert werden und smarte Elektroschrauber mit Drehmoment- und Winkelprüfung funktionieren nur, wenn vorher das korrekte Bauteil entnommen wurde. Das sind jetzt nur einige Beispiele, wie wir systematisch nach dem Poka Yoke Prinzip Fehlerquellen ausschließen.

Dem Werker werden also via Display die Arbeitsschritte eingeblendet, damit er immer weiß, was als nächstes zu tun ist?

Knepper, Mitsubishi:

Hier sind wir maximal flexibel, da jede Applikation unterschiedlich ist. Oft reicht ein Lichtsignal an der Klappentür aus, damit der Werker das erforderliche nächste Bauteil heraus­nimmt und montiert – wenn es selbsterklärend ist. Sind komplexere Arbeitsschritte notwendig, dann blendet ein Display den nächsten Schritt animiert ein. Gerade bei oft wechselnden und kleinen Losgrößen verhindert die visuelle Führung Fehler und beschleunigt die Montage. Unser Poka Yoke Controller ist durch seine Leistungsfähigkeit und Flexibilität auch für die Anbindung von Tablets oder Pick-by-Voice-Systemen für die Bedienerführung geeignet. Nach vorne geblickt lässt sich auch Augmented Reality für die Visualisierung der nächsten Arbeitsschritte sehr einfach einbinden.

Wie stellen Sie eigentlich sicher, dass die entnommenen Bauteile auch wirklich richtig montiert wurden?

Kebbel, Handke:

Wenn das Produkt am Handarbeitsplatz seine Fertigungsschritte durchlaufen hat, dann wird über eine Kamera und industrielle Bildverarbeitung überprüft, ob alle erforderlichen Komponenten auch an der entsprechenden Position verbaut worden sind. Wir sorgen also für die Qualitätssicherung. Allerdings passieren schon vorher Prüfungen ...

Knepper, Mitsubishi:

... genau, denn über Kamerasysteme erfolgt nicht nur die Endkontrolle, sondern jeder Arbeitsschritt lässt sich überprüfen und protokollieren. Beispielsweise können wir sicherstellen, dass Schrauben in der vorgesehenen Reihenfolge verschraubt werden, um Materialspannungen zu vermeiden. Hält der Werker die festgelegte Sequenz nicht ein, so stoppt das System das Schraubwerkzeug. Unser Poka Yoke System ist hier wieder je nach Applikation und Kundenwunsch sehr flexibel konfigurierbar.

Wie erfolgt die Parametrierung des Poka Yoke Controllers?

Knepper, Mitsubishi:

Wir bieten mehrere Möglichkeiten an. Zum einen lässt sich das System manuell im sogenannten Teach-Modus konfigurieren. Alle Sensoren gehen auf Bereitschaft und ich löse sie in der gewünschten Reihenfolge aus. Oder Sie legen auf dem Bediengerät die Sequenzabfolge der Klapptüren und Sensoren sehr einfach fest. Darüber hinaus gibt es auch die Möglichkeit, Sequenzen per Datenimport festzulegen.

Lassen sich individuelle Arbeitsaufträge auch aus einer übergeordneten Ebene einspielen?

Knepper, Mitsubishi:

Natürlich, denn das ist gerade in der Automobilindustrie eine wichtige Anforderung. Bei Losgröße 1 oder verschiedenen zu fertigenden Produkten kann beispielsweise das übergeordnete MES die jeweils individuelle Ablaufsequenz einspielen. Unser Poka Yoke Controller ist in der Lage, auch direkt mit dem ERP-System oder SAP zu kommunizieren und kundenspezifische Arbeitsanweisungen in Echtzeit dem Monteur anzuzeigen.

Jetzt eignet sich der fehlerfreie Handarbeitsplatz auch für die Integration eines kollaborativen Melfa-Roboters. Wann macht das Sinn?

Kebbel, Handke:

Beispielsweise für das Handling von fragilen Bauteilen. Oder denken Sie an das Zureichen von schweren Komponenten, welche den Monteur auf Dauer zu sehr belasten würden. Ein Roboter kann parallel zum Werker auch bestimmte Montageschritte selbst durchführen und das Bauteil dann für die nächsten Schritte dem Werker übergeben.

Knepper, Mitsubishi:

Je nach Montagekomplexität ist ein Roboter oft auch schneller beim Positionieren und Platzieren von vielen Bauteilen. Die Kooperation zwischen Mensch und Roboter ist dann im Endergebnis einfach effizienter und natürlich auch fehlerfrei. Damit aber alles auch gefahrlos für den Menschen abläuft, bieten wir für unsere Melfa-Roboter die SafeSkin-Technologie an. Der Roboter stoppt sofort bei Berührung, seine weiche und nachgiebige „Haut“ schützt zusätzliche vor Verletzungen.

Kann der Handarbeitsplatz von Mitsubishi Electric und Handke helfen, das Problem mit Fachkräftemangel in der Produktion in den Griff zu bekommen?

Kebbel, Handke:

Damit können Sie das Problem zumindest abmildern. Wir denken auch an Saisonarbeit, denn es gibt genügend Unternehmen, die beispielsweise in der Sommerzeit ihre Hauptproduktionszeit haben, weil Produkte für den Winter oder Herbst vorproduziert werden müssen. Aushilfen oder Fremdpersonal können mit minimalen Anlernzeiten fehlerfrei an den Handarbeitsplätzen Produktionsspitzen abfangen.

Wer agiert eigentlich als primärer Ansprechpartner und Projektverantwortlicher beim Kunden?

Knepper, Mitsubishi:

Der primäre Ansprechpartner ist immer Handke. Mitsubishi setzt schon immer auf Partnerlösungen und stellt hochmoderne Technologie und Know-how zur Verfügung.

Welchen Mehrwert bietet der fehlerfreie Handarbeitsplatz von Mitsubishi Electric und Handke Industrie-Elektronik gegenüber Markbegleitern?

Knepper, Mitsubishi:

Der große Mehrwert ist einfach, dass der Kunde eine ganzheitliche und aufeinander abgestimmte Lösung aus einer Hand bekommt. Unsere Expertise auf dem Gebiet der Elektrotechnik und das Know-how von Handke Industrie-Technik bei Handarbeitsplätzen ergibt eine konkurrenzlose Lösung – eben eine fehlerfreie Lösung.

Kebbel, Handke:

Zudem sind wir in der Lage, weltweit zu agieren und zu reagieren. Das heißt, wenn ein Kunde aus Deutschland noch ein Werk in Südafrika oder in den USA betreibt, dann ist das für uns überhaupt kein Thema. Sowohl Mitsubishi Electric ist weltweit vertreten und wir als Firma Handke sind auch in der Lage, den entsprechenden Service und Support überall und jederzeit zu leisten.

Bildergalerie

  • Andreas Kebbel ist Mitglied der Geschäftsleitung von Handke-Industrietechnik.

    Andreas Kebbel ist Mitglied der Geschäftsleitung von Handke-Industrietechnik.

    Bild: Handke Industrie-Technik

Verwandte Artikel