Bibliotheken branchenübergreifend integrieren HMI-Lösungen auf Knopfdruck

Die PDL unterstützt die neuste Generation von Panels und Steuerungen aus dem Hause Siemens.

Bild: Actemium/Siemens
03.09.2018

Die Digitalisierung bringt Tempo in die Industrie. Maschinen- und Anlagenbauer müssen das Engineering optimieren, um Aufwand und Kosten zu senken. Anlagenbetreiber erwarten zugeschnittene Lösungen mit einem durchgängigen Look and Feel. In den Fokus rücken daher Automatisierungslösungen, die nicht nur die SPS-Projektierung, sondern auch die Visualisierung einheitlicher Bedienoberflächen für unterschiedliche Anwendungen erstellen.

In der Industrie 4.0 sorgen Human Machine Interfaces (HMIs) für eine effiziente Prozessbedienung. Industriemaschinen werden zunehmend intelligenter, aber auch komplexer. Immer mehr Prozesse werden digital abgebildet, die Anzahl der Aufgaben steigt.

Hier gilt es, eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine sicherzustellen und alle Anlagen ideal in die Prozesskette zu integrieren. Ein modernes und schlankes HMI, das komplexe Datenmengen in klare Informationen übersetzt, ist der Schlüssel. Allerdings weisen verschiedene Maschinen und Anlagen in der Regel unterschiedliche Bedienoberflächen auf – müssen aber dennoch zentral gesteuert werden.

Integriertes Engineering von HMI-Lösungen

Große Prozessleitsysteme wie Siemens Simatic PCS 7 haben bereits eigene Bibliotheken, die die automatisierte Erstellung benutzerfreundlicher HMIs unterstützen. Für das Siemens TIA (Totally Integrated Automation) Portal jedoch, gibt es derzeit noch keine Bibliothek. Im Vergleich zu großen Leitsystemen wie PCS 7 bietet TIA eine größere Kosteneffizienz – vor allem bei kleineren Anlagen. Nachteil: Nutzen Maschinen- und Anlagenbauer TIA als Engineering-Plattform für die digitale Automatisierung, müssen Ingenieure die Bedienoberflächen manuell gestalten.

Deshalb hat der Systemintegrations- und Automatisierungsexperte Actemium eine Lösung entwickelt, die standardisierte HMIs per Knopfdruck liefert. Interfaces werden dabei automatisiert aus dem Steuerungsprogramm erstellt. Realisiert wurde dies durch eine umfassende und branchenübergreifende Bibliothek: die Process Device Library (PDL). Die PDL legt den Grundstein für ein standardisiertes und einfach zu bedienendes HMI. Sie ergänzt das Siemens TIA Portal so, dass es als integrierte, objektorientierte und benutzerfreundliche Scada-Lösung genutzt werden kann.

Verständliche Bedienoberflächen

Wichtig bei der Entwicklung einer solchen Bibliothek ist ein verständlicher Aufbau sowie die Möglichkeit, intuitive Bedienoberflächen über viele Anwendungen hinweg zu gestalten. Erst dann wird die digitalisierte Automatisierung deutlich erleichtert – von der Planung über das Engineering bis hin zum Betrieb.

Der vorrangige Nutzen der Bibliothek liegt darin, dass nicht nur SPS-Projektierungsaufgaben selbstständig durchgeführt, sondern auch die Visualisierung in Form eines ergonomischen Designs automatisiert wird. Die PDL ist hierfür in die neueste Version von TIA integriert und setzt sich aus vorgefertigten, standardisierten Steuerungs- und HMI-Bausteinen zusammen – etwa Ventilen, Reglern, Pumpen oder Messungen.

So werden Analogwertanzeigen mit Grenzwert und Alarmfunktionen oder unterschiedliche Motoren per Knopfdruck visualisiert. Die einzelnen Elemente können so angeordnet werden, dass der Produktionsprozess optimal abgebildet wird und eine einfach bedienbare und einheitliche Benutzeroberflächen für alle Anlagen und Anwendungen entsteht.

Das Design ist dabei schlicht und intuitiv gehalten, die Farbgebung im Normalzustand des Betriebs reduziert, das Layout für alle Menüs und Funktionen gleich. So hat der Bediener jederzeit einen Überblick und kann Störungen sofort erkennen und eindeutig zuordnen.

Niedrige Kosten und fehlerfreies Engineering

Der entscheidende Vorteil standardisierter Bausteine: Zeitaufwendige Routineaufgaben, die vorher händisch bearbeitet werden mussten, sind nun in wenigen Sekunden getan. Das führt zu rund 30 Prozent Kosteneinsparung im Engineering.

Hinzu kommt, dass häufig mehrere Programmierer mit teilweise unterschiedlicher Handschrift an einem Projekt arbeiten und alle Bausteine sowie deren Darstellung manuell bearbeiten. Durch die Nutzung der Bibliothek hingegen werden alle Module aus einem Guss bereitgestellt, was nicht nur ein fehlerfreies Engineering, sondern auch eine einfache Wiederbearbeitung zulässt. So lassen sich Anpassungen und Optimierungen am System schnell und einfach durchführen.

Vor dem Hintergrund immer kürzerer Produktionszyklen sorgt ein automatisiertes Engineering damit für maximale Flexibilität. Neben Maschinen-, Anlagenbauern und Automatisierungsexperten profitieren davon auch die Bediener: Die Inbetriebnahme neuer Maschinen erfolgt deutlich schneller. Zudem stellt eine einheitliche Bedienoberfläche über viele Anwendungen hinweg die effiziente Steuerung der Anlagen sicher.

Bereit für die Industrie 4.0

Die Digitalisierung der Industrie macht den Einsatz intuitiv bedienbarer HMIs unabdingbar. Bedingt durch eine steigende Systemvielfalt sowie die Nutzung mobiler Endgeräte sind vor allem Agilität und Offenheit gefordert.

Aktuell unterstützt die PDL die Steuerungsplattformen der Baureihen Simatic S7-1500 und Simatic ET 200SP von Siemens. Darüber hinaus wurde die Automatisierungslösung mit offenen Datenschnittstellen ausgestattet, die eine Integration weiterer Systeme über OPC UA ermöglichen. Über diese Schnittstellen lassen sich ebenfalls mobile Endgeräte und datenbasierte Anwendungen zur kompletten Steuerung der Anlagen integrieren. Außerdem wurde die Bibliothek für das WinCC 7.4 SCADA – inklusive Webanwendung (WinCC Webnavigator) – weiterentwickelt.

Bei der Entwicklung der PDL lag der Fokus im ersten Schritt auf typischen HMI-Elementen, die Basis-Funktionalitäten der Produktion abdecken. Um jedoch auch branchenspezifische Anforderungen unterschiedlicher Unternehmen zu erfüllen, wird die Bibliothek kontinuierlich erweitert. Funktionen der Gebäudeautomation wurden in Version 3.0 bereits integriert, etwa Volumenstromregler sowie HX- und HT-Kurven.

Mit der neuen Version 4.0 hat Actemium im März weitere Devices ergänzt: Totalisator, Dosierbaustein und Schrittkette kommen in der Chemie- und Pharmaindustrie zum Einsatz, Leistungsschutzschalter, Trafo und Sicherungslastleiste im Energiesektor. Neben spezifischen Funktionen ist besonders für regulierte Branchen auch die GMP-Qualifizierung der Bausteine relevant. Aufgrund dieser Eignung wird die PDL-Automatisierungslösung von Actemium bereits in verschiedenen Unternehmen und Branchen eingesetzt.

Zusammenfassung

Die Integration branchenübergreifender Bibliotheken in digitale HMI-Lösungen sorgt für eine deutliche Effizienzsteigerung im Engineering. Dabei stehen die standardisierte und automatisierte SPS-Projektierung sowie die Erstellung der Visualisierung im Vordergrund. Mithilfe modularer Bausteine werden eine einfache Bearbeitung im System sowie eine übersichtliche Gestaltung der Bedienoberfläche erreicht.

Damit Maschinen- und Anlagenbauer sowie Anlagenbetreiber alle Vorteile der Bibliothek im Rahmen aktueller und zukünftiger Konzepte der Industrie 4.0 nutzen können, ist eine offene Gestaltung maßgeblich. Offene Schnittstellen sorgen dabei für eine hohe Systemkompatibilität und eine reibungslose Integration mobiler und digitaler Devices.

Bildergalerie

  • Engineering Efficiency: Die Visualisierung lässt sich anhand des SPS-Codes generieren.

    Engineering Efficiency: Die Visualisierung lässt sich anhand des SPS-Codes generieren.

    Bild: Actemium/Siemens

  • State-of-the-Art-HMI

    State-of-the-Art-HMI

    Bild: Actemium/Siemens

  • Konsistente Pop-ups sorgen für eine übersichtliche Visualisierung und helfen dem Operator bei der Steuerung der Anlage.

    Konsistente Pop-ups sorgen für eine übersichtliche Visualisierung und helfen dem Operator bei der Steuerung der Anlage.

    Bild: Actemium/Siemens

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