Kosten und Platz sparen Mehr Power für zusätzliche Spitzenleistung

Durch den Einsatz einer richtigen Stromversorgung können AC/DC-Schaltnetzteile zusätzliche Spitzenleistungen abrufen.

Bild: iStock, Henrik5000
04.10.2022

Für elektromechanische Geräte, Motoren oder kapazitive Lasten in der Industrie sind oftmals AC/DC-Stromversorgungen notwendig, bei denen die Spitzenlastanforderungen für begrenzte Zeitintervalle deutlich über der Last im Regelbetrieb liegen. Bei der Anschaffung dieser Netzteile lohnt es sich für Unternehmen, das Spitzenleistungsverhalten besonders unter die Lupe zu nehmen, um Kosten und Platz zu sparen. Mean Well bietet hier unter anderem 300-W-Geräte mit hohen Spitzenleistungen an.

AC/DC-Schaltnetzteile liefern Strom in Anwendungen mit entweder rein statischen oder auch dynamischen Lasten. Viele, und gerade elektromechanische Anwendungen, erfordern oft einen hohen Spitzenstrom für begrenzte Zeiträume. Das trifft beispielsweise auf Komponenten wie Motoren für Pumpen oder Antriebe zu, die beim Anlaufen oftmals einen deutlich höheren Leistungsbedarf aufweisen, um mechanische Widerstände beim Startvorgang zu überwinden. Möglich ist außerdem, dass in einer Anwendung Teilbereiche kurzfristig und wiederkehrend nach Bedarf zugeschaltet werden, was ebenso eine höhere Leistungsaufnahme von begrenzter Dauer erfordern kann.

Die durchschnittlich benötigte Leistung für diese Anwendungen ist typischerweise deutlich geringer als der Spitzenbedarf. Durch den Einsatz einer auf die durchschnittliche Leistung dimensionierten Stromversorgung, die benötigte Spitzenleistungen liefern kann, lässt sich entgegen einer Überdimensionierung auf die Spitzenleistung eine geeignete Stromversorgung wählen, die eine kompaktere Bauform und geringere Kosten mit sich bringt. Zudem weist sie, beim Betrieb innerhalb der in der technischen Dokumentation aufgezeigten Spezifikationen, keinerlei Nachteile in Bezug auf die voraussichtliche Betriebserwartung oder die Ausfallwahrscheinlichkeit im Vergleich zu einer leistungsstärkeren, auf die Spitzenlast dimensionierten Stromversorgung auf.

Lastverhalten bei konventionellen Netzteilen

In der Regel verfügen Stromversorgungen über diverse Schutzfunktionen, die im Fehlerfall ansprechen. Bei einer zu hohen Stromentnahme, also einer Überlastung eines Netzteils, spricht die Überstrom- beziehungsweise Überlastschutzschaltung innerhalb eines im Datenblattes definierten Bereichs an.

In den Produktdaten des HRP-300-12 des Herstellers Mean Well ist dies zwischen 105 Prozent und 135 Prozent der Nominalleistung der Fall. Dieses Schaltnetzteil geht im entsprechenden Überlastfall in das sogenannte „Constant Current Limiting“. Das bedeutet, der ausgegebene Strom wird mit dem Ansprechen der Schutzschaltung auf einen festen Wert begrenzt und dauerhaft ausgegeben, und zeitgleich die Spannung am Netzteil gegen Null gezogen. Andere Produkte gehen beispielsweise in den sogenannten „Hiccup-Modus“ (Schluckauf-Modus): Wird ein zu hoher Strom/Leistung erkannt, schaltet das Netzteil ab, startet nach einer definierten Zeit wieder, und schaltet erneut ab sofern der Fehler weiterhin vorliegt.

Dies geschieht in einer Dauerschleife bis der Fehlerfall endgültig behoben ist. Je nach Anwendung bringen die unterschiedlichen Schutzsysteme Vor- oder Nachteile mit sich. Darauf sollte man bei der Auswahl der Stromversorgung achten. Benötigen wir, um bei dem konkreten Beispiel des HRP-300-12 zu bleiben, eigentlich nur eine etwas höhere Spitzenleistung um etwa den erforderlichen Anlaufstrom eines Motors zu liefern, hilft möglicherweise der „Constant Current Mode“ bedingt weiter.

Dieser Modus, der dem Motor dauerhaft Strom zur Verfügung stellen würde, hilft eventuell noch den mechanischen Anlaufwiderstand zu überwinden und den Motor nach einiger Zeit und mit geringer Geschwindigkeit zum Anlaufen zu bringen. Wird in diesem Konstantstrombetrieb im günstigsten Fall der Motor gerade noch zum Anlaufen gebracht, wäre eine parallel neben dem Motor versorgte 12-V- Steuerung jedoch nicht mehr betriebsfähig, da im Überlast-/ Konstantstrommodus die 12-V-Nennspannung am Netzteil herunter gezogen wird. Auch in Anwendungen wie etwa Schleifmaschinen oder in der Robotik, wo schnell eine Nenndrehzahl erreicht werden muss und dynamische Motorprozesse gefordert sind, reicht es nicht aus, das Netzteil nur in die Begrenzung zu fahren.

Benötigt ein Motor zum Anlauf einen deutlich höheren Strom, wäre natürlich ein gangbarer Weg das Netzteil mit entsprechend höherer Leistung zu dimensionieren, und so das Ansprechen der Überlastschutzfunktion wie auch das Einbrechen der Nennspannung zu verhindern. Im hier beschriebenen Fall wäre dies beispielsweise mit einem Netzteil doppelter Leistung, dem HRP-600-12 (ebenfalls vom Hersteller Mean Well) möglich. Daraus würde sich aber ein höheres Gehäusevolumen von rund 70 Prozent und ein deutlich höherer Bezugspreis ergeben.

Spitzenlastfähige Stromversorgungen

Eine elegantere Wahl ist der Einsatz eines kleiner dimensionierten Netzteils, das dennoch die erforderliche Spitzenleistung liefern kann, beispielsweise das HRP-300N3-12. Wie auch das Schwestermodell HRP-300-12 bietet es 324-W-Nennleistung – und zusätzlich, bezogen auf die Nennleistung, bis zu maximal 350 Prozent Spitzenleistung. Ob der benötigte Spitzenleistungsbedarf der jeweiligen Anwendung geliefert werden kann, hängt von der durchschnittlichen Belastung der Stromversorgung ab und lässt sich relativ einfach durch die in der Abbildung gezeigten Formel errechnen. Zu berücksichtigen ist, dass die Spitzenleistung je Zyklus für maximal fünf Sekunden zur Verfügung gestellt werden kann.

Der Durchschnitt von Spitzen- und Regelleistung, der dem Netzteil entnommen wird, darf die Nennleistung nicht überschreiten, und das zeitliche Verhältnis von Spitzenleistung zu Regelleistung sollte bei maximal 35 Prozent liegen. Unter Berücksichtigung dieser Parameter kann das HRP-300N3-12 maximal bis zu 1.050-W-Spitzenleistung liefern. Das tatsächliche zeitliche Verhältnis von Spitzenleistung zu Regelleistung, aber auch die anliegende AC-Eingangsspannung sind entscheidend, welche maximale Spitzenleistung dem Netzteil entnommen werden darf. Zudem spielt auch das Derating in Bezug auf die Betriebstemperatur eine wichtige Rolle.

Rechenbeispiel

Um die Leistungsperformance des Netzteils HRP-300N3-12 an einem theoretischen Beispiel ersichtlich zu machen, gilt folgende Annahme:

Bei der Nennleistung kann in einer Beispielanwendung ein Leistungspuffer von 20 Prozent berücksichtigt werden. Dadurch wird das Netzteil kontinuierlich durch die Endanwendung, die am 230 VAC oder 110 VAC Netz betrieben werden kann, mit maximal 260 Watt belastet. Der verwendete Motor benötigt zum Anlaufen für fünf Sekunden mit 600 W annähernd die doppelte Nennleistung des HRP-300N3-12. Nach einem Motorstopp ist ein erneutes Anfahren des Motors im ungünstigsten Fall in einem Zyklus von 30 s zu erwarten. Die maximal erwartete Betriebstemperatur liegt unter 50 °C.

  • Eingangsspannung mindestens 100 VAC

  • Spitzenleistung maximal 600 W

  • Spitzenleistung für maximal 5 s

  • Gesamtzykluszeit 30 s oder länger

  • Belastungszyklus t/T*100= 5/30*100 = 16,67 Prozent

  • Betriebstemperatur < 50°C

Pav=(Ppk*t+Pnpk*(T-t))/T=(600*5+260*(30-5))/30=316,67 W

Aus der angewendeten Beispielrechnung ergibt sich eine Durchschnittsleistung von 316,67 W und somit eine Leistung unterhalb der Nennleistung von 324 W, die das Netzteil erbringen muss. Der angeschlossene Motor könnte also problemlos betrieben werden und alle 30 s mit dem beschriebenen erhöhten Leistungsbedarf erneut starten. Müsste das Netzteil in ähnlichen Anwendungen höhere Spitzenleistungen liefern, wäre dies bei einer Versorgungsspannung von 230 VAC und der Berücksichtigung der möglichen Spitzenlastperiode je nach Belastung bis zu 1.050 W machbar.

Das spitzenlastfähige HRP-300N3-12 hat die gleichen äußeren Abmessungen wie das Schwestermodell HRP-300-12. Somit bleiben trotz 600 Watt bzw. maximal 1.050-W-Spitzenleistung die kompakten Abmessungen eines 300-Watt-Netzteils gewahrt. Zudem ist die performantere Version „HRP-300N3-12“ nur unwesentlich teurer als das Standardmodell und wäre somit immer einem überdimensionierten Netzteil zu bevorzugen.

Effizienzvorteil

Die Auswahl einer möglichst effizienten Stromversorgung ist eine der wichtigsten Kriterien für eine lange Betriebserwartung des Netzteils und somit auch der gesamten Endanwendung. Eine Erhöhung des Wirkungsgrades um 1 bis 2 Prozent klingt erst einmal nach einem relativ überschaubaren Mehrwert. Betrachtet man aber die dadurch resultierende deutlich niedrigere prozentuale Verlustleistung und die damit einhergehende geringere Eigenerwärmung der Stromversorgung, entsteht ein gänzlich anderer Eindruck und die Notwendigkeit einer möglichst hohen Effizienz wird deutlich. Steigert man die Effizienz bei einem 100-W-Netzteil von 90 auf nur 92 Prozent, ergibt sich eine um mehr als 20 Prozent geringere Verlustleistung.

Der Wirkungsgrad eines Netzteils ist das prozentuale Verhältnis von Gesamtausgangsleistung zu Eingangsleistung. Dies wird in den technischen Datenblättern der Hersteller in der Regel als Grafik mit Bezug zur Auslastung oder bei Volllast und Nenneingangsspannung angegeben. In den Grafiken ist meist ersichtlich, dass die Effizienzkurve mit abnehmender Leistung abfällt. Ziel beim Netzteildesign ist es, eine über ein breites Leistungsspektrum möglichst hohe und konstant verlaufende Effizienz zu erreichen.

Je nach Produkt fällt der Wirkungsgrad allerdings mehr oder weniger schnell bei abnehmender Auslastung ab. Betreibt man also ein Netzteil deutlich überdimensioniert und somit über einen langen Zeitraum nur auf Teillast, ist die durchschnittliche Effizienz in der Regel nicht sehr hoch. Die Verlustleistung, die in Form von Erwärmung der intern verbauten passiven und aktiven Komponenten abgebaut wird, führt so zu einer in diesem Maß nicht nötigen Erwärmung.

Weil die voraussichtliche Betriebserwartung der Stromversorgung unmittelbar mit seiner Erwärmung gekoppelt ist, lautet das Ziel, die Betriebstemperaturen so niedrig wie möglich zu halten. Das bedeutet: Sowohl die Umgebungstemperatur wie auch die Eigenerwärmung sollten so niedrig wie möglich gehalten werden. Ist dies nicht der Fall, braucht die Anwendung gegebenenfalls eine aufwendige Kühlung – die wiederum Aufwand und Kosten verursacht.

Features

Das hier im Artikel beschriebene HRP-300N3-12 gehört zu einer Produktfamilie an Netzteilen mit Nennleistungen von 150 bis 600 W beziehungsweise Spitzenleistungen von 375 W bis 2.100 W bei 5 Prozent Duty Cycle, die sich vor allem, aber nicht nur, für elektromechanische Lasten beziehungweise Motoranwendungen eignen. Der Spitzenstrom bedingt eine geeignete und im Querschnitt ausreichend dimensionierte DC-Anschlussleitung. Der im Betrieb über die DC-Leitung abfallende Spannungsverlust lässt sich über die bei diesen Netzteiltypen integrierte „Remote-Sense Funktion“ kompensieren. Der unerwünschte, aber nicht zu vermeidende Spannungsabfall über die Leitung kann über diese Funktion bis zu 0,5 VDC kompensiert und der Last somit die benötigte volle Spannung zur Verfügung gestellt werden.

Um die im oben beschriebenen Punkt „Effizienzvorteil“ zwangsläufig entstehende Eigenerwärmung aus dem geschlossenen Gehäuse abtransportieren zu können, ist ein leise drehender Lüfter integriert. Dadurch man kann auch bei Volllast und einer Umgebungstemperatur von 50 °C laut Hersteller von einer zu erwartenden Betriebszeit von 50.000 Stunden ausgehen. Für akustisch sensible Anwendung ist das Gerät mit dem bereits leise drehenden Lüfter zudem mit einer intelligenten Lüftersteuerung versehen, die eine Regelung des Lüfters nach Bedarf erlaubt und so den Geräuschpegel bestmöglich minimiert. Zum Überwachen der Betriebsfunktion verfügen die Artikel über ein DC-OK Signal, das sich über eine angeschlossene Steuerung auswerten lässt.

Unterstützung für die Kunden

In dem breiten Portfolio an hochwertigen AC/DC und DC/DC Stromversorgungen für unterschiedlichste Anwendungen in der ITE, Industrie, Medizin und in Haushaltsanwendungen zeigt sich die langjährige Erfahrung des Herstellers Mean Well in der Entwicklung und Produktion deutlich. Einer der größten europäischen MEAN WELL-Distributoren ist seit über 25 Jahren Schukat electronic. Bei Schukat profitieren Kunden von einer hohen Verfügbarkeit für kurzfristigen Bedarf auch bei großen Volumen, die der Distributor von seinem automatisierten Logistikzentrum in Monheim am Rhein aus ermöglicht. Individuelle Produkte und langfristige Projekte werden in enger persönlicher Absprache mit dem Kunden realisiert. Beratung und Unterstützung zu den Produkten und Anwendungen erhalten Kunden vom spezialisierten Stromversorgungs-Vertriebsteam des Distributors.

Bildergalerie

  • Die spitzenlastfähige Schaltnetzteil-Serie HRP-300N3 im Detail

    Die spitzenlastfähige Schaltnetzteil-Serie HRP-300N3 im Detail

    Bild: Schukat

  • Grafische Darstellung zur maximalen Leistungsentnahme unter Berücksichtigung der AC Eingangsspannung sowie des Spitzenlastzyklus. Rechts: Zu berücksichtigendes Derating bezogen auf die Temperatur der HRP-300N3-Serie

    Grafische Darstellung zur maximalen Leistungsentnahme unter Berücksichtigung der AC Eingangsspannung sowie des Spitzenlastzyklus. Rechts: Zu berücksichtigendes Derating bezogen auf die Temperatur der HRP-300N3-Serie

    Bild: Schukat

  • Formel zur Errechnung der Durchschnittsleistung in Spitzenlastanwendungen (Links), Grafik zur Darstellung des Spitzenlastzyklus (Mitte) und eine Erklärung der verwendeten Abkürzungen (Rechts) aus der technischen Dokumentation der Netzteilserie HRP-300N3 von Mean Well

    Formel zur Errechnung der Durchschnittsleistung in Spitzenlastanwendungen (Links), Grafik zur Darstellung des Spitzenlastzyklus (Mitte) und eine Erklärung der verwendeten Abkürzungen (Rechts) aus der technischen Dokumentation der Netzteilserie HRP-300N3 von Mean Well

    Bild: Schukat

  • Lastverhalten eines Schaltnetzteils

    Lastverhalten eines Schaltnetzteils

    Bild: Schukat

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