Energiemanagement Herausforderung Big Energy Data

 

Bild: skydie
05.06.2015

Rund um Big Data bestehen verschiedene Ansätze, wie Unternehmen das Konzept am besten nutzen können und welche Möglichkeiten sich dadurch ergeben. Das betrifft auch das Energiemanagement in der Automatisierung, das mit einem Big-Energy-Data-Ansatz enormes Potenzial aufzeigt. Dieser adressiert auch ein immer wieder auftretendes Manko: mangelndes Know-how und Erfahrung.

Lange wurden Energiekosten in der Fertigung unterschätzt und tatsächlich machen sie in manchen Industrien „nur“ zwei bis vier Prozent der variablen Kosten aus, wie in der Pharmazie oder Luft und Raumfahrttechnik. In anderen Branchen wie der chemischen Industrie, der Wasserversorgung oder der Papierherstellung addieren sich die Energiekosten aber bis zu 40 Prozent der Variablen Kosten – beziehungsweise repräsentieren sogar 95 Prozent, wenn die nur bedingt variablen Lohnkosten außen vor gelassen werden.

Das Bewusstsein hat sich jedoch seit Anfang des Jahrtausends geändert, als nicht nur die Energiepreise sprunghaft anstiegen, sondern auch deren Volatilität.

Damit bedrohten und bedrohen noch immer steigende Energiekosten Gewinn und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Gerade bei Investitionen spielen mittlerweile auch die zukünftige Versorgungssicherheit und das Preisniveau von Energie eine entscheidende Rolle.

Die ARC Advisory Group führte im Winter/Frühjahr 2014 eine Umfrage zum Thema Energiemanagement durch, die sich an Anbieter und Anwender von Automatisierungstechnik richtete. Die Ergebnisse der Umfrage sind auf globalem Level repräsentativ. Dabei zeigte sich, dass rund 52 Prozent aller Firmen noch nicht mit dem systematischen Messen von Energiedaten angefangen haben. Der Grund liegt oft in der Historie, als ein Gebäude-/Industrieparkservice Energie bereitstellte und Energiekosten von Produktionskosten getrennt waren. Auch heute noch ist für viele Firmen der einzige konkrete Anhaltspunkt der Energiekosten die monatliche Gas/Wasser/Stromrechnung.

Für das Energiemanagement nutzt das Beratungsunternehmen das sogenannte Wages-Prinzip (Water, Air, Gas, Electricity, Steam), wobei „Gas“ für alle primären Energieträger steht. Dabei zeigen die Erfahrungen, dass das größte Problem beim Energiemanagement die Unwissenheit ist. So ergibt sich ein Teufelskreis aus ungewissen Kosten, ungewissem Benefit und ungewissem RoI (Return of Invest), der schwer zu durchbrechen ist. Hinzu kommt die Hürde zur Installation von Messgeräten, da hierzu in den Prozess eingegriffen werden muss, was im laufenden Betrieb oft unmöglich ist. Um diesen und ersten Schritt zu vereinfachen, müssen Sensoren in Bestandsanlagen minimalinvasiv sein. Das heißt, sie sollten den Prozess selbst kaum stören. Oft werden dann Industrie-PCs für das Energiemanagement der Einfachheit halber parallel zur eigentlichen Steuerung installiert.

KPIs als Hürde

Weiterhin beobachtet ARC oft, dass schon die Definition der notwendigen KPIs (Key Performance Indicator) und deren Identifikation vor dem Messen eine hohe Hürde darstellen. Beides bedingt einander und ist ein notwendiger Schritt, um den Messaufwand klein zu halten. Natürlich ist die fehlende Datenlage die Herausforderung, wenn es um Big Energy Data geht, doch nicht die Einzige. Da Energiemanagement eine holistische Aufgabe ist, bedeutet das oft, Daten aus verschiedenen Quellen und Steuerungssystemen mit verschiedenen Netzwerkprotokollen in ein Energiemanagement-System zu integrieren.

Eine Herausforderung, die bei einer Gebäudeautomatisierung besonders hoch ist. Wichtig ist daher, dass von Anfang an eine KPI und eine gewisse Zielvorgabe gegeben sind. Wichtig ist dies auch für die Daten-Aggregation. Denn diese ist nur dann sinnvoll möglich, wenn die Daten in einer standardisierten Semantik und in einem standardisierten Zeitintervall abgefragt werden. Eine weitere Hürde beim Thema Big Energy Data ist die Frage, wem die Daten eigentlich gehören. Gibt es einen Energiemanager für die Anlage, bleiben die Daten im Besitz einzelner Operatoren? Die Frage birgt enorme Brisanz, da die Energiedaten oft eine erhebliche Transparenz ermöglichen bis hin zu „Zigarettenpausen“ einzelner Mitarbeiter.

Das Problem wird noch komplexer, wenn ein Automatisierungsanbieter die Energiedatenauswertung als Service anbietet und die firmenbezogenen Daten mit Daten von Drittanbietern (Strompreisprognose) und eigenen Analysen (Stromverbrauchsprognose) weiter verarbeitet. Über all diese Probleme hinweg muss die Datensicherheit (Cyber Security) immer gewährleistet werden.

Enorme Spielräume

Sind die Fragen und Bedenken ausgeräumt, ist das Potenzial von Big Energy Data, den Energieverbrauch zu senken, enorm. Oft genügt es im ersten Schritt in einem simplen Excel-Spreadsheet Energieverbräuche und Produktionszahlen gegenüberzustellen, um Einsparungen von teilweise fünf bis zehn Prozent der jährlichen Energiekosten zu erzielen. Wird der Ansatz ausgefeilter, sind je nach Anlage höhere Ersparnisse zu realisieren – bei einer Raffinerie können diese 100 Mio. US-Dollar pro Jahr übersteigen.

Allerdings bietet Big Energy Data nicht nur die Möglichkeit Energiekosten zu minimieren. Energiekosten sind in der Regel eng mit einem effizienten Betrieb der Anlage verbunden. Das bedeutet, je weniger Energie verbraucht wird, desto weniger Kosten für Materialverbrauch, Wartung, Service und so weiter fallen an.

In der Marktforschung und verschiedenen Projekten hat ARC immer wieder den „Aha“-Effekt erlebt, wenn Leuten klar wurde, wie einfach Energiemanagement sein kann.

Live auf der Achema

Energieeffizienz in all ihren Facetten, für die Prozessindustrie eines der Top-Themen, wird auf der Achema entsprechend hohe Bedeutung eingeräumt: auch auf dem Forum Automation im Dialog in Halle 11.2, Foyer - Nordwest. Die Veranstaltung mit Expertenrunden und Podiumsdiskussionen wird von Namur, ZVEI und ARC getragen und von P&A mit täglich zwei VIP-Talks auf der Roten Couch unterstützt. Zum Thema Energieeffizienz gibt es zum Beispiel folgende Veranstaltung:

  • Dienstag, 16.6.2015, 11:00: Meet the Experts - Energieeffizienz und Lifecycle -Management in Prozessanlagen

Bildergalerie

  • Eine Umfrage der ARC Advisory Group unter Anbietern und Anwendern von Automatisierungstechnik zeigte, dass 2014 rund 60 Prozent aller Firmen noch nicht mit dem systematischen Messen von Energiedaten angefangen haben.

    Eine Umfrage der ARC Advisory Group unter Anbietern und Anwendern von Automatisierungstechnik zeigte, dass 2014 rund 60 Prozent aller Firmen noch nicht mit dem systematischen Messen von Energiedaten angefangen haben.

    Bild: ARC

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