Weltweit erste Industrie-Testanlage Grüner Treibstoff aus Abfall

Das Außergewöhnliche an der Anlage ist die Verbindung mehrerer technischer Verfahren, um den Treibstoff herzustellen: Reststoffe werden in Synthesegas umgewandelt, aus dem anschließend Rohöl erzeugt wird.

Bild: Wien Energie
20.05.2022

In der weltweit ersten Forschungsanlage dieser Art im industrienahen Maßstab werden Abfälle und Reststoffe zu grünen Treibstoffen.

In Wien-Simmering wird an der Energiezukunft geforscht: Am Gelände der Müllverbrennungsanlage Simmeringer Haide arbeiten Partner aus verschiedensten Bereichen mit einer Forschungsanlage an der Produktion von grünen Treibstoffen. Es ist die weltweit erste Anlage dieser Art, bei der aus Abfällen und Reststoffen – wie etwa Holzabfällen, Klärschlamm oder Rückständen der Papierindustrie – Synthesegas hergestellt wird. Dieses Gas wird direkt vor Ort weiterverwertet, unter anderem zur Produktion von erneuerbarem und CO2-neutralem Diesel.

„Mit dieser Forschungsanlage ist Wien einmal mehr Vorreiter in der Forschung für die Energiewende. Das Projektteam arbeitet hier daran, Abfälle und Reststoffe in wertvollen erneuerbaren und CO2-neutralen Treibstoff umzuwandeln. Solche innovativen Ansätze brauchen wir auf dem Weg zur Klimaneutralität und zur Stärkung unserer Versorgungssicherheit!“, erklärt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke anlässlich der Eröffnung der Anlage.

Grüner Treibstoff als wertvolles Endprodukt

Mit 1 MW Leistung ist die Pilotanlage bereits in einem industrienahen Maßstab gebaut – also im letzten Stadium vor einer Anlage im Realbetrieb. Die Forschungsaktivitäten wurden bereits gestartet. Zukunftsweisende Produkte dieser Anlage sind grüner Diesel und grünes Kerosin.

„Diese Anlage ist ein Meilenstein für die Kreislaufwirtschaft! Wir machen hier aus Abfällen und Reststoffen grüne Treibstoffe und vergleichbare Industrierohstoffe und treiben damit den Klimaschutz in der Stadt voran. Die hier eingesetzte Technologie ist vielversprechend: Künftig könnte eine solche Anlage im Industriemaßstab bis zu 10 Millionen l grünen Treibstoff pro Jahr erzeugen und damit bis zu 30.000 t fossiles CO2 einsparen“, so Wien Energie-Geschäftsführer Karl Gruber.

Mit dieser Menge an Treibstoff wäre es vorstellbar, umgerechnet die ganze Öffi-Busflotte Wiens klimaneutral zu betanken. Im Rahmen des Forschungsprojekts ist auch ein Bus-Testbetrieb mit dem grünen Treibstoff geplant.

Neben der Erzeugung von grünem Treibstoff ist mittelfristig auch die Produktion von grünem Gas oder grünem Wasserstoff Teil des Forschungsprojekts „Waste2Value“. „Die Pilotanlage der DFB-Gaserzeugung, die im Rahmen des Waste2Value Projekts erfolgreich in Betrieb genommen wurde, ist das Herzstück der Syngas-Plattform Wien. Sie ermöglicht uns ambitionierte, angewandte Forschung in Kernbereichen der biobasierten Ökonomie und Kreislaufwirtschaft und stellt eine Forschungsinfrastruktur von internationaler Sichtbarkeit dar.

Die Syngas-Plattform Wien macht es möglich: Die Demonstration von Prozessketten zur Verarbeitung von bislang nicht genutzten und minderwertigen Rohstoffen zu hochwertigen Produkten für die Energiewirtschaft, den Transportsektor und die chemische Industrie!“, erklärt Walter Haslinger, Geschäftsführer von BEST Bioenergy and Sustainable Technologies.

Komplexes Verfahren: So kann Abfall zum Treibstoff werden

Das Außergewöhnliche an der Anlage ist die Verbindung mehrerer technischer Verfahren, um den Treibstoff herzustellen: Reststoffe, wie etwa Holzabfälle, Klärschlamm oder Rückstände der Papierindustrie, werden in Synthesegas umgewandelt. Dieses Gas wird gereinigt und in einem weiteren Schritt wird daraus Rohöl erzeugt. Aus diesem Rohöl kann in weiterer Folge der grüne Treibstoff hergestellt werden.

Sind die eingesetzten Ausgangsstoffe erneuerbaren Ursprungs (Holz, Holzabfälle, Klärschlamm, sonstige biogene Abfälle, …), so sind auch die Endprodukte gänzlich erneuerbar. Aber auch andere, nicht erneuerbare Reststoffe wie etwa nicht recyclebare Plastikreste können eingesetzt werden. So können auch fossile Ausgangsstoffe mehrfach genutzt werden, wie das etwa auch beim Papierrecycling der Fall ist.

Vielfältige Forschungsansätze und Endprodukte

Die große Bandbreite an möglichen Endprodukten macht die Technologie sehr vielseitig einsetzbar: Einerseits können nachhaltige Treibstoffe für Bereiche bereitgestellt werden, in denen Batterien nur schwer zum Einsatz kommen können (zum Beispiel Landwirtschaft, Flugverkehr, Schwerverkehr oder Busse, für die Wasserstoff als Treibstoff nicht optimal eingesetzt werden kann). Andererseits kann im Zuge von zukünftigen Forschungsarbeiten auch grünes Gas für das Erdgasnetz oder grüner Wasserstoff für Mobilitätslösungen oder industrielle Anwendungen erzeugt werden.

Im Rahmen des Projekts „Waste2Value“ forscht ein Team aus unterschiedlichen Bereichen und Disziplinen an der Herstellung dieser Produkte. Die Projektleitung hat BEST inne. Neben Wien Energie und SMS group Process Technologies sind auch Wiener Linien, Wiener Netze, die Österreichischen Bundesforste und Laakirchen Papier am Projekt beteiligt. Wissenschaftliche Partner sind die TU Wien und die Luleå University of Technology. Das Projekt wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert.

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