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Smart Traffic & Mobility Green Cars: Alles öko oder was?

29.08.2013

Fahrzeuge mit weniger CO 2 -Emissionen sind das Gebot der Stunde. Es gibt gute Argumente für und gegen konventionelle und alternative Antriebe. Ein Königsweg ist nicht in Sicht.

Der CO2-Flottenausstoß muss sinken, und daher tauchen immer mehr Modelle mit zweistelligen Werten in den Modellpaletten der Hersteller und auf Deutschlands Straßen auf. 85 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer beispielsweise, das schaffen heute sparsame Diesel-Fahrzeuge wie der ab September lieferbare Audi 1.6 TDI ultra mit seinem Verbrauch von 3,2Liter auf 100 Kilometer - zumindest auf dem Papier. Ein 50-Liter-Tank bringt das Spritsparzeug theoretisch über eine Distanz von 1500 km.

CO 2-Emissionen wie aus der Stromer-Liga

Na also, triumphieren die Liebhaber konventioneller Antriebe: Mit solchen CO 2-Emissionen spielt das Fahrzeug bereits in der Liga der Elektromobile, zumindest wenn sie mit Strom fahren, wie er aus den meisten deutschen Steckdosen kommt. Denn wer ein Elektrofahrzeug mit dem typischen Strommix hierzulande betreibt, fährt zwar lokal emissionsfrei, aber rechnerisch eben auch mit CO 2-Emissionen von rund 67g/km (der wohl ab Herbst 2013 lieferbare e-Up! von Volkswagen) bis etwa 90 g/km - sportlichere Modelle liegen sogar über 100 g/km. Aber der typisch-umweltbewusste Fahrer eines Elektromobiles wird seinem Gefährt natürlich Ökostrom verordnen, damit es klimakorrekt schnurrt. Das bringt die CO 2-Werte zwar nicht auf Null, aber immerhin schon in einstellige Regionen: Nur noch drei oder vier Gramm pro Kilometer des klimaschädlichen Gases emittieren beispielsweise von Windstrom angetriebene Elektromobile. Allerdings: Wie war das eigentlich mit der Herstellung der Fahrzeuge? Schon die Herstellung der Lithium-Batterien kann die Gesamtbetrachtung durchaus verhageln, wie eine genau Abschätzung aller Einflüsse in dieser Ausgabe der Mobility 2.0 zeigt [1]. Aus diesem Grunde heißt es, an allen Ecken und Enden zu sparen, wie es BMW bei der Produktion seines Elektroautos vormacht: Die Herstellung von Leichtbaumaterialien wie CFK verschlingt viel Strom, den der bayerische Hersteller daher für seinen i3 aus Wasserkraft bezieht [2, ebenfalls in dieser Ausgabe der Mobility 2.0]. Um die Umweltbilanz nicht zu verderben, drehen sich am Werk Leipzig seit Sommer auch vier Windräder, die Strom für die Produktion des Elektrofahrzeugs liefern (ähnlich auch bei Daimler für die Herstellung des elektrischen Smart). Solche Anstrengungen lohnen sich, weil die Fahrzeuge im Betrieb CO 2-arm laufen, und die Gesamtbilanz umso früher positiv ausfällt, je weniger CO 2sie aus der Produktion im Gepäck haben.

Sauber, aber noch nicht vom Kunden akzeptiert

Am sauberen Ende der Öko-Skala sieht es allerdings mit den Fahrleistungen vergleichsweise mau aus. Die vermeintlich sauberen Stromer liegen unterhalb der Luxusklasse meist mehr oder weniger deutlich unter 200 km Reichweite, solange sich zwar nicht unbedingt Fahrzeuggröße und -komfort, aber der Preis im Mittelklasse-Segment bewegt - ausgenommen also das über 400.000 Euro teure elektrische Mercedes-Benz SLS AMG Coupé Electric Drive und Teslas Elektrosportwagen. Wobei ein Supersportwagen wie der von Mercedes-Benz mit seinem maximalen Drehmoment von 1000 Nm ebenso wie mit seinem Aussehen Adrenalin-Schübe verheißt - der Hinweis auf lokal emissionsfreies Fahren dient da möglicherweise eher der Beschwichtigung neidischer Nachbarn oder des eigenen Gewissens. In der weniger emotional besetzten Elektrofahrzeug-Klasse reklamiert bestenfalls der Renault Zoe (Abbildung links unten) noch etwas mehr als 200 km Reichweite für sich. Dasselbe Bild auch bei der Höchstgeschwindigkeit, wo der BMW i3 alltagstaugliche 150 km/h vorlegt, der neue Audi-Diesel-Sparkünstler mit 200 km/h aber eine Verbrenner-typische Marke setzt, die für massentaugliche Elektromobile auf absehbare Zeit unerreichbar bleibt, selbst in der sportlichereren Elektro-Smart-Variante von Brabus (in Schwarz ebenfalls auf dem Bild unten rechts). Was Massen-kompatibel ist zeigt vorläufig der Elektro-Smart, der es auf rund 1000 Zulassungen im ersten Halbjahr 2013 brachte und damit als Spitzenreiter unter den Elektro-Pkw auf deutschen Straßen gilt, da der populäre Renault Twizy ja unter den Leichtfahrzeugen rangiert.

Hybride-Antriebe - das beste beider Welten?

Daher muss sich der Kunde, der mit hohen Geschwindigkeiten und größeren Reichweiten liebäugelt, heute nach anderen Antrieben umsehen, wenn ihm selbst sparsame Benziner und Diesel zu wenig umweltfreundlich erscheinen. Das Beste aus beiden Welten versprechen Hybrid-Modelle, wenn auch mit einer Gewichtsstrafe für die „redundante“ Komponenten und einem Komplexitäts-Malus für die nötige Integration behaftet. Marktführer Toyota (inklusive der Marke Lexus) dominiert mit der Zwitter-Technologie denn auch beispielsweise die Auto-Umweltliste des VCD (Verkehrsclub Deutschland): In der aktuellen Ausgabe vom August landete der Lexus CT 200h auf Platz 1 in der Kompaktklasse, gefolgt vom Toyota Auris Hybrid. Sieger unter den Familienautos: Toyota Prius Hybrid (Bild linke Seite Mitte) gefolgt von Toyota Prius+ Hybrid, der auch noch in der 7-Sitzer-Wertung Platz eins belegte. Natürlich sind auch die Europäer mittlerweile auf diesem Feld aktiv. Peugeot etwa unterwanderte die CO 2-Marke von 100 g/km bereits vor zwei Jahren mit seinem 3008 Hybrid4 (drittes Bild von links) als erstem in Großserie gefertigten Full-Hybrid-Diesel der Welt. Doch Hybrid-Technik ist bei Herstellern wie Käufern längst nicht nur en vogue, wenn es um Emissionen-Vermeidung geht, sondern auch wenn konventioneller und elektromotorischer Antrieb im Duett ein gewaltiges Drehmoment bereitstellen. Porsche etwa lockt sportliche Fahrer mit dem Panamera S E-Hybrid (unten links auf dieser Seite), dessen CO 2-Emissionen mit 71 g/km angeben werden. Auch von Toyota wird zur IAA übrigens ein - wenn auch vorläufiger - Beitrag in der sportlichen Klasse erwartet: das Hybrid R Concept. Logo und erste Skizzen schüren Hoffnungen auf ein leistungsstarkes Gefährt (siehe Seite 36 in unserer IAA-Vorschau). Und auch BMW hat ja noch den i8 im Programm (Bild unten in der Mitte dieser Seite): Dessen DreiZylinder-Ottomotor kann für 170 kW/231 PS sorgen und damit mehr Leistung aus dem Liter Hubraum holen als jeder andere Motor der Bayern. Zu dieser Sportwagen-Performance legt mit 96 kW die E-Maschine bei Beschleunigungsmanövern nochmal eine Schippe drauf - das dürfte (wenn auch kaum hörbar) Musik in den Ohren der Freude-Fahrer sein, denen es wohl ebenso um die Boost-Funktion des Plug-in-Hybriden gehen wird wie um seine bei Bedarf lokal emissionsfreie Fahrweise.

Wasserstoff: Viel Reichweite, kaum Zapfsäulen

Elektrisch fahren mit einer Reichweite wie Verbrenner - das geht heute aber auch völlig ohne Verbrennungsmotoren schon, indem man den Energievorrat nicht in einer schweren Batterie, sondern in Form von Wasserstoff mitführt. Solche Brennstoffzellenfahrzeuge hat in Deutschland beispielsweise Daimler mit dem B-Klasse F-Cell in einigen Hundert Stück auf die Straße gebracht, und es gibt noch eine Handvoll anderer Modelle, aber noch kein Hersteller baut sie in großen Stückzahlen. Die Stuttgarter haben zwar unter anderem mit einer spektakulären Tour um die Welt gezeigt, dass die Technologie funktioniert - dass dabei die mobile Linde-Tankstelle mitgeführt werden musste, ist natürlich mehr als ein Schönheitsfehler. Tatsächlich sind solche Tankstellen heute praktisch nur in einigen Großstädten zu finden ([3]), und es werden noch ein paar Jahre ins Land gehen müssen, bevor Fahrzeughersteller und Tankstellenketten in Sachen Wasserstoff die Stückzahlen nach oben treiben.

Erdgas steht an der Schwelle

Bleibt als letzte der Alternativ-Optionen Erdgas, wo die Verfügbarkeit deutlich besser ist, wie ein Sieger-Trio auf der soeben veröffentlichten VCD-Umweltliste zeigt: Der Volkswagen Eco up (Bild unten links) beispielsweise landete zusammen mit den baugleichen Seat Mii 1.0 Start&Stop sowie dem Skoda Citigo 1.0 CNG Green Tec auf dem ersten Platz der Klimabesten mit 79 g/km CO 2-Ausstoß. Und der VW Golf TGI BlueMotion (Bild unten in der Mitte) darf sich mit dem eingangs erwähnten Toyota Auris Hybrid in der Kompaktklasse nach Punkten den zweiten Platz teilen. Er hat bereits einen bivalenten Gasantrieb, wie ihn Volkswagen in Zukunft als erfolgversprechend sieht ([4]), solange die Tankstellen-Infrastruktur - obwohl Größenordnungen besser als bei Wasserstoff - noch so lückenhaft ist, dass Gas-Fahrer Umwege in Kauf nehmen müssen, um an den (dank Steuerbefreiung) günstigen Stoff zu kommen. Dennoch setzt beispielsweise auch Audi auf die Antriebsform und greift mit dem synthetischen „E-Gas“ weiter vorn in die Wertschöpfungskette ein, um Bestwerte in der CO�??-Bilanz zu erreichen. Das erste Serienmodell auf dem Weg zur CO�??-neutralen Langstreckenmobilität soll der noch in diesem Jahr erhältliche Audi A3 Sportback G-Tron sein (Bild unten rechts). Sein 1,4-Liter-TFSI nutzt komprimiertes Erdgas, doch wenn der Fahrer über seine Audi-Tankkarte bezahlt, fließt zumindest bilanziell künstlich hergestellter Kraftstoff durch die Leitungen. Chemisch betrachtet ist dieses E-Gas mit Erdgas nahezu identisch und darf daher in das Erdgasnetz eingespeist werden. Er stammt jedoch aus einer dieses Jahr errichteten Anlage in Werlte im Emsland, wo er mit Hilfe von regenerativem Strom durch die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt wurde, indem der Wasserstoff anschließend mit Kohlendioxid zu Methan veredelt wird.Da die Modellvielfalt wächst, Erdgas zumindest in den USA dank Fracking sogar billiger wurde und auch in Europa und Deutschland auf Jahre hinaus gesichert verfügbar scheint, erscheinen die Aussichten für Gasfahrzeuge besser denn je. Für den umweltbewussten Fahrer, dem emissionsarm nicht reicht, stehen schon heute noch günstigere CO 2-Werte zur Verfügung, wenn er sich nicht an die Marke mit den vier Ringen binden will: Biogas, das aus organischen Reststoffen stammt, daher nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln steht und ebenfalls (nach einer Anpassung) problemlos ins Erdgasnetz eingespeist werden kann, bietet heute dem Durchschnittsfahrer wohl das „grünste“ Fahrgefühl mit den wenigsten Einschränkungen im Alltag.

Weitere Informationen

[1] Jana Weinberg, Christina Wulf, Martin Kaltschmitt: Ökobilanz der E-Mobile, Mobility 2.0 3.2013 (September) S. 42 [2] Karlhorst Klotz: CFK-Bauteile industriell produzieren, Mobility 2.0 3.2013 (September) S.30 [3] Eike Ostendorf-Servissoglou: Strom und Wasserstoff tanken, Mobility 2.0 3.2013 (September) S. 48 [4] „Das Henne-Ei-Problem der alternativen Antriebe lösen“ (Interview mit Dr. Heinz-Jakob Neußer von Johannes Winterhagen): Mobility 2.0 3.2013 (September) S. 39

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