Nachhaltigkeit in der Wasserwirtschaft Größte solarthemische Klärschlammtrocknung startet Betrieb

In den Trocknungshallen der neuen Anlage wenden „elektrische Schweine“ den ersten Klärschlamm.

Bild: Detlef Macher, EGLV
17.12.2020

Die weltweit größte Anlage zur solarthermischen Klärschlammtrocknung hat ihren Testbetrieb aufgenommen. Auf einer Fläche von rund 40.000 m2 wird jetzt umweltschonend Klärschlamm getrocknet. Das soll der deutschen Wasserwirtschaft einen gehörigen Nachhaltigkeitsschub verleihen.

Im Frühjahr 2019 hatte die Emschergenossenschaft mit dem Bau der solarthermischen Klärschlammtrocknungsanlage (STT) in Bottrop begonnen. Mit einer Fläche von circa 61.000 m2 und einer Netto-Trockenfläche von 40.000 m2 ist sie die weltweit größte Anlage ihrer Art.

Nach eineinhalb Jahren Bauzeit ist nun der Testbetrieb gestartet. Erster entwässerter Klärschlamm wurde in den Trocknungshallen eingebracht, wo er von sogenannten elektrischen Schweinen regelmäßig gewendet und somit getrocknet wird. Gleichzeitig gingen die ersten Abluftbehandlungsanlagen in Betrieb, um das Umfeld nicht zu beeinträchtigen.

In den kommenden Wochen und Monaten sollen dann Schritt für Schritt weitere Anlagenteile in Betrieb genommen werden. Bis Mitte 2021 plant die Emschergenossenschaft, die Anlage bis zur vollen Auslastung hochzufahren.

„Das gesamte Projektteam ist sehr froh und auch ein wenig stolz darauf, dass dieses Mammutprojekt in Rekordzeit realisiert werden konnte“, sagt Peter Reese, Projektleiter bei der Emschergenossenschaft.

Abwasserreinigung als entscheidender Teil der Energiewende

Die STT wurde der Öffentlichkeit Anfang Oktober im Rahmen eines Presserundgangs vorgestellt. Warum der nachhaltige Umgang mit Klärschlamm so wichtig ist, erklärt Dr. Emanuel Grün, Vorstand für Wassermanagement und Technik bei der Emschergenossenschaft: „Bislang müssen dem Klärschlamm, der vor Ort thermisch verwertet wird, jährlich 20.000 t Kohle zugesetzt werden, um einen ausreichenden Brennwert zu erreichen. Dieser Schritt entfällt in Zukunft, der Klärschlamm wird in den ,Gewächshäusern‘ mittels Sonnen- und Abwärmeenergie getrocknet.“

Moderne Abwasserreinigung ist zudem sehr stromintensiv: Nicht umsonst stellt die Wasserwirtschaft einen der größten kommunalen Energieverbraucher dar. Neue Verfahren, die die CO2-Bilanz senken, können bei Abwasserverbänden deshalb viel bewirken.

„Wasserwirtschaft ist mehr als nur Abwassereinigung“, sagt dazu Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. „Sie kann eine entscheidende Rolle beim Gelingen der Energiewende spielen.“

Gesamtpaket aus erneuerbaren Energieträgern

Den Stromverbrauch der Kläranlage Bottrop, der etwa dem einer 30.000-Einwohner-Stadt entspricht, kann der Standort mittlerweile komplett nachhaltig decken – denn die Kläranlage ist Deutschlands erste energieautarke Großkläranlage. Die solarthermische Klärschlammtrocknung ist dabei nur ein Teil des sogenannten Hybridkraftwerks Emscher, mit dem die Emschergenossenschaft die vor Ort benötigte Energie vollständig selbst erzeugt.

Zu diesem Gesamtpaket gehören vier weitere erneuerbare Energieträger, die zusammen mit der STT bis zu 70.000 t CO2 pro Jahr einsparen sollen:

  • eine Windenergieanlage mit 3,1 MW Leistung (im April 2016 eingeweiht, neue Rotorblätter seit Anfang Februar 2018)

  • vier neue Blockheizkraftwerk-Module mit jeweils etwa 1,2 MW Leistung (im Februar 2017 in Betrieb genommen)

  • eine Photovoltaikanlage auf einer Dachfläche von circa 500 m2 (ebenfalls im Februar 2017 in Betrieb genommen)

  • eine neue Dampfturbine mit mindestens 4 MW Leistung (im Dezember 2017 umgesetzt)

Bildergalerie

  • Die Anlage zur solarthermischen Klärschlammtrocknung befindet sich an der B224 im Grenzgebiet zwischen Essen und Bottrop.

    Die Anlage zur solarthermischen Klärschlammtrocknung befindet sich an der B224 im Grenzgebiet zwischen Essen und Bottrop.

    Bild: Team Vermessung; EGLV

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