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Pumpen für Abwasserbehandlung Gerüstet gegen Mikroschadstoffe

Die Frequenzumrichter steuern die Motoren der Schneckenpumpanlagen, Rührwerke sowie der Gebläse.

Bild: Danfoss
12.09.2016

Wie das Beispiel einer Kläranlage zeigt, kann mit der Wahl der richtigen Pumpe die Prozessqualität deutlich verbessert und Energie gespart werden. Die spezielle Drehzahlregelung eines Frequenzumrichters spielte dabei eine große Rolle. Nach rund einem halben Jahr waren die Investitionskosten bereits wieder eingespielt.

Konventionelle Kläranlagen entfernen leicht abbaubare organische Substanzen sowie Phosphor und Stickstoff sehr effizient. Allerdings bleiben viele gelöste Mikroschadstoffe wie Medikamente und Pflanzenschutzmittel im Wasser und belasten es. Sie können Schädigungen bei Organismen hervorrufen. Der Zweckverband Klärwerk Steinhäule als Betreiber der Kläranlage Ulm/Neu-Ulm entschloss sich daher, neue Adsorptions-Reinigungsbecken zu bauen. In dieser Reinigungsstufe werden alle bislang nicht ausgefilterten Anteile wie Medikamentenreste durch Aktivkohle gebunden. Nach Trocknung der Kohle werden sie praktisch rückstandslos verbrannt, und die Asche kann bedenkenlos als Dünger für die Landwirtschaft eingesetzt werden. In der Anlage kommen fünf VLT AquaDrive FC 202 mit 110 kW sowie fünf Antriebe mit 160 kW von Danfoss zum Einsatz. Die Frequenzumrichter steuern die Motoren der Schneckenpumpanlagen, Rührwerke und der Gebläse. Sie verbessern die Prozessqualität der Anwendung und sparen durch die bedarfsgerechte Leistungsbereitstellung Energie ein.

Für die Adsorption wird in einem zusätzlichen Arbeitsschritt in einem Klärbecken Aktivkohlepulver beigemischt. Das bindet Schadstoffe, Mikroverunreinigungen und inerte organische Restverschmutzungen wie Arzneimittelrückstände, Röntgenkontrastmittel und Hormone. Diese lagern sich an die Oberfläche der Kohle an – ein Gramm Aktivkohle hat etwa die Oberfläche eines Fußballfeldes. In Steinhäule wird sehr fein gemahlene Aktivkohle im Einrührverfahren eingesetzt: Dies erfordert eine spezielle Dosieranlage in Verbindung mit einer ständigen Durchmischung des Abwassers. Zugesetzt wird nach einer SAK- beziehungsweise TOC-Analyse (SAK, Summenparameter für Spurenstoffe; TOC, Total Organic Carbon) die fein dosierte AK mit rund 5 bis 10 mg/l Abwasser nach den bisher gesammelten Erfahrungswerten.

Kurze Amortisationsdauer

Nach einer Stunde hat die Aktivkohle im Kontaktreaktorbecken mit Rührwerk ihre Aufgabe erledigt, und das Wasser wird als gereinigt in die Donau eingeleitet. Im Becken wird zwölf Tage Kohle umgewälzt und dann über eine Filteranlage zum Ausfiltern der Kohleanteile entfernt. Zur Förderung in die höher gelegenen Filter werden Schneckenhebeanlagen mit 160 kW-Antriebsleistung eingesetzt, die mit geringen Drehzahlen von elf bis 19 Umdrehungen pro Minute laufen. Würde man vor Entfernen der Kohle andere Pumptechnik wie Kreiselpumpen einsetzen, wäre durch die Aktivkohle der Verschleiß an den Laufrädern bei gefahrenen Geschwindigkeiten von teils 2000 U/min sehr groß, egal wie die Schaufeln verstärkt sind.

Auch die Schnecken sind von Frequenzumrichtern gesteuert, um Energie zu sparen. „Wir haben festgestellt, dass die Schneckenförderer bei einer bestimmten Höhe des Pumpensumpfes den optimalen Wirkungsgrad haben“, so Ersin Tasli, Leiter Instandhaltung und Unterhalt EMSR-Technik der Kläranlage Steinhäule. Um dieses Optimum zu halten, muss die Drehzahl genau angefahren und auch bei schwankenden Wassermengen, etwa durch Starkregen, das Niveau präzise gehalten werden. Zudem müssen in der Filteranlage die 160-kW-Gebläse geregelt werden. Die geleistete Luftmenge variiert stark je nach Erfordernissen für den gewünschten Aktivierungseffekt. Die Antriebe fahren dabei viele möglichst kurze Spülzyklen. Auch dabei müssen bestimmte Werte eingehalten werden: Bei zu viel Spülleistung würden die Feststoffe oder Filtrate der Reinigungsstufe wie etwa Sand sonst weggespült, was nicht sein darf. Der Energieverbrauch konnte bis zu acht Prozent bei den Schneckenhebeanlagen der Filterbecken verglichen mit Softstartern gesenkt werden. Daraus errechnete sich eine Amortisationsdauer der Frequenzumrichter von nicht einmal einem Jahr.

Am Ende des Adsorptionszyklus wird die Aktivkohle in Sedimentationsbecken teils ausgefiltert und teils nochmal eingesetzt, bis sie beladen und völlig gesättigt ist. Die Adsorptionskapazität der Aktivkohle muss stets optimal sein durch neue Zugabe von Aktivkohle, Flockungsmittel sowie Fällmittel. Diese fördern eine bessere Absetzbarkeit in den Sedimentationsbecken. Nach einem Kohlealter von 14 bis 15 Tagen wird die Aktivkohle aus dem Kreislauf genommen, getrocknet und verbrannt. Allerdings gibt es bislang am Markt kein Messgerät für die Sättigung der Kohle mit Schadstoffen, weshalb man mit Erfahrungswerten arbeiten muss.

Erhalt der Netzqualität

Der Zweckverband Steinhäule setzte bei dem Umbau auf Danfoss. „Die einfache Bedienbarkeit und die serienmäßig eingebauten EMV-Filter sehen wir als Vorteil. Wir brauchen nicht einmal zusätzlich Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte bei den Oberschwingungen“, sagt Tasli. Bestätigt wurde der Erhalt der Netzqualität durch eine Analyse des Danfoss Antriebstechnik-Teams. Eine zusätzliche Glättung der Sinusform war nicht nötig bei Einsatz der DF-Umrichter, da die Messprotokolle Ergebnisse belegen, die unterhalb der geforderten Grenzwerte sind. Wichtig bei der Netzanalyse: Treten Oberschwingungen oder Netzrückwirkungen auf, leiden am Netz angeschlossene Geräte und es kann zu Ausfällen kommen. Eine Kläranlage muss kontinuierliche laufen: Bei Stillständen von mehr als zwölf bis 24 Stunden können die Bakterien absterben. Passiert dies, steht die Anlage still, bis die Bakterien regeneriert sind, was mehrere Tage bis Wochen dauern kann.

Der Antrieb VLT Aqua Drive ist breit einsetzbar. Die neue Generation wird standardmäßig ab 110 kW mit 3C3-Beschichtung der Platine geliefert. Sie stellt eine lange Lebensdauer auch in widrigen Umgebungen sicher. Zudem kann jeder Danfoss-Umrichter jeden Motortyp steuern. Damit können auch hocheffiziente PM- oder Synchronreluktanz-Motoren nachgerüstet werden. So kann man zwischen den Motorenherstellern frei wählen. Eine der neuesten Entwicklungen ist auf schnelldrehende PM Motoren ausgelegt. Die Danfoss VVC+ -Regeltechnologie eignet sich für schnelldrehende Turbogebläse mit PM-Motoren. Sie ermöglichen im Vergleich zu herkömmlichen Frequenzumrichtern zusätzliche Energieeinsparungen von 0,5 bis drei Prozent. Dazu kommen eine Reihe motorschonender Startfunktionen wie Vorschmierung, Rückspülmodus oder Durchflussüberwachung. Dasselbe gilt für die Stoppfunktionen wie Rückschlagventil-Rampe, Nachschmierung und fahrbarer Rückspülmodus.

Deutliche Einsparungen

In einem System mit Kreisel- oder rotodynamischen Pumpen oder Radialge­bläsen, die Reibungsverlusten unterliegen, kann mit VLT Aqua Drive Energie gespart werden. Eine Reduzierung der Pumpendrehzahl beziehungsweise der Pum­pendurchflussrate um 20 Prozent kann bis zu 50 Prozent Einsparung bewirken. Gebläse oder Oberflächenbelüfter verbrau­chen üblicherweise 40 bis 70 Prozent der Gesamtenergie in Kläranlagen. Die Regelung des Belüfters mit den VLT Aqua Drives kann zwischen 30 und 50 Prozent sparen. Dank einer Kaskadenregelung steuert das Gerät bis zu drei Pumpen, mit Erweiterungsoption auch sechs oder acht in verschiedenen Modi. Im Master/Follower-Modus werden alle Pumpen mit optimaler Drehzahl geregelt. Er gewährleistet eine energieeffiziente Lösung und hohe Leistung bei minimalen Druckstößen.

Bildergalerie

  • In einem System mit Kreisel- oder rotodynamischen Pumpen kann ein Umrichter viel erreichen: Reduziert sich die Pumpendrehzahl beziehungsweise -durchflussrate um 20 Prozent, spart das bis zu 50 Prozent Energie.

    In einem System mit Kreisel- oder rotodynamischen Pumpen kann ein Umrichter viel erreichen: Reduziert sich die Pumpendrehzahl beziehungsweise -durchflussrate um 20 Prozent, spart das bis zu 50 Prozent Energie.

    Bild: Lutz Jaeckels

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