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Interview über die Umsetzung von Condition Monitoring „Ganzheitlicher Blick entscheidend“

Holger Fritsch, Geschäftsführer von Bachmann Monitoring : „Ein wirklich gutes Condition Monitoring benötigt einen gesamtheitlichen Blick auf die Maschine – das darf keine Insellösung sein.“

Bild: Bachmann
03.03.2020

Plötzlich quittiert die Maschine ihren Dienst – der Gau in der Produktion. Doch plötzlich muss nicht plötzlich sein, denn über ein ganzheitliches Condition Monitoring lassen sich sehr frühzeitig Symptome erkennen und Gegenmaßnahmen einleiten. Worauf es dabei ankommt, erläutert Holger Fritsch, Geschäftsführer von Bachmann Monitoring im Gespräch mit A&D.

Condition Monitoring soll scheinbar plötzliche Maschinenausfälle verhindern. Von welchen Zeiträumen sprechen wir eigentlich – von ersten Anzeichen bis hin zum Ausfall?

Primär geht es beim Condition Monitoring um die Überwachung aller bewegten Komponenten in Antriebssträngen – egal ob Motor, Lager, Getriebe, Pumpen und vieles mehr. Denn überall, wo Bewegung stattfindet, kommt es früher oder später zu Verschleißerscheinungen. Mit unserer Schwingungsdiagnose und Analyse bekommen wir sich andeutende Probleme sehr gut und rechtzeitig in den Griff. Und bei rechtzeitig sprechen wir über Zeiträume von mehreren Wochen über Monate bis hin zu Jahren – von ersten Anzeichen bis hin zum Ausfall. Der Zeitraum hängt natürlich davon ab, wie viel Energie genau und konkret an welchen Stellen umgesetzt wird. Es ist sogar so, dass die Methoden der Schwingungsmessung so empfindlich sind, dass Maschinenbauer beispielsweise bei neuen Maschinen noch gar nicht wissen, wie reagiert sie bei bestimmten Belastungen und Anwendungen. Dann hat das noch nichts mit Verschleiß zu tun, aber die Justierung und Einstellung passt noch nicht. Werden diese Fehler nicht behoben, führen sie im Laufe der Zeit zu Schäden. Hier hilft unser Condition Monitoring also noch lange vor ersten Ausfallanzeichen.

Bachmann ist bekannt für seine hohe Expertise beim Condition Monitoring von Windkrafträdern. Wie sehr lassen sich diese Erfahrungswerte auf den Maschinenbau übertragen?

Im Grunde genommen kommt Bachmann mit der Gründung vor 50 Jahren vom Maschinenbau mit Extrudern – wir haben also schon lange Erfahrung in diesem Segment. Und am Ende geht es immer um Antriebsstränge und -konzepte und wie Energie übertragen wird. Die Technik macht nicht unbedingt den Unterschied, ob die jetzt in der Windbranche eingesetzt wird oder eben in der Fertigungsindustrie. Entscheidend ist die Expertise der Schwingungsanalyse und wie man die Daten richtig deutet. Natürlich setzen wir bei Windkraftanlagen und im Maschinenbau nicht eins zu eins die gleiche Lösung ein. Aber unsere modularen Lösungsbausteine lassen sich mit entsprechenden Anpassungen in beiden Segmenten uneingeschränkt benutzen. Durch die sehr preissensitive Windbranche haben wir auch viel Erfahrung in der effizienten und für den Kunden kostengünstigen Umsetzung von Condition Monitoring Projekten – davon profitieren Kunden aus dem Maschinenbauer definitiv.

Wie wichtig ist noch das Know-how um die Sensorik, denn die Analyse erfolgt doch in der Software?

Das ist eine spannende Frage. Ich glaube, dass unser Sensor-Know-how deswegen so wichtig ist, weil wir genau wissen, was sie bei diversen Anwendungsszenarien zu leisten vermag und wie Sensorik unter bestimmten äußeren Einflüssen reagiert. Haben sie dieses Wissen nicht, kann selbst die „klügste“ Software viel falsch deuten. Künftig wird auch mehr und mehr Intelligenz und Datenvorverarbeitung direkt in die Sensorik hineinwandern – das verbessert Echtzeitanalysen und reduziert den Datenverkehr. Andererseits müssen dann die verschiedenen Messpunkte an der Maschine oder von vielen verteilten Anlagen wieder zusammengefügt und mit Köpfchen ausgewertet werden. Wir können über unser Condition Monitoring beispielsweise das Verhalten von weltweit verteilten Windkraftanlagen oder Maschinen analysieren und clustern. Zeigen sich ähnliche Verhaltensmuster, gruppiert unsere Analyse-Software diese und ermöglicht so zu sehen, welche identischen Probleme sich andeuten. Ursachen können beispielsweise eine verbaute Serie von Motoren mit Qualitätsproblemen sein oder Vibrationen durch zu hohe Auslastung. Maschinenbauer oder Windkraftanlagenbetreiber können dann Ihre Servicemitarbeiter gezielt und kosteneffizient zu diesen „Problem-Clustern“ schicken. Was ich damit in Bezug auf die ursprüngliche Frage sagen will: Entscheidend ist die intelligente Verknüpfung von Sensor- und Software-Know-how.

Wenn man Ihre Condition Monitoring Lösungen anschaut, so wird neben der Modularität die Integration in die Automatisierungsplattform hervorgehoben. Was verstehen Sie darunter?

Modularität und Flexibilität sehen wir im Sinne des Kunden als entscheidend an. Denn egal ob ein autarkes Condition Monitoring System benötigt wird oder nur individuelle Sensor-Technologien, sie Retrofitting wollen oder eine neue Anlage überwachen – wir haben die passgenaue Lösung. Das heißt, wir ermöglichen einen SPS-unabhängigen Einbau in den Schaltschrank ebenso wie eine Stand-Alone-Lösung oder – wenn Sie schon Bachmann-Steuerungen verwenden – die Integration in die SPS. Letzteres sorgt für eine besonders kostengünstige Lösung mit minimalen Installationsanforderungen. Die SPS-integrierte Lösung hat noch weitere Vorteile: die komplette Durchgängigkeit aller Daten von den Sensoren über die Steuerung bis hoch in die IT-Ebene reduziert den Verkabelungs- und Geräteaufwand, minimiert Fehlerquellen, ermöglicht Datenanalyse in der SPS und direkt daraus abgeleitete Reaktionen. Zu guter Letzt bietet eine SPS-integrierte Lösung im Vergleich zu den üblichen Condition Monitoring Lösungen eine sehr hohe Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit.

Lässt sich die Bachmann-Lösungen auch verwenden, wenn andere oder eigene Analytics-Services und Dashboards verwendet werfen?

Selbstverständlich, denn wir garantieren dem Kunden den Zugriff auf mathematisch unveränderte Signale der Schwingungssensoren. Über unsere Daten-API lassen sich problemlos beliebige Analytics-Services oder Dashboards für die Visualisierung einbinden – wir zwingen den Kunden in keine proprietäre Lösung. Natürlich bieten wir durch unseren gesamtheitlichen Blick auf das Condition Monitoring auch eigene Dashboards und Analytics-Services an. Bei all der Lösungsvielfalt, die Bachmann bietet, darf man aber einen entscheidenden Faktor nie vergessen: den partnerschaftlichen Informationsaustausch mit dem Kunden. Denn nur er hat das tiefe Domänenwissen seiner Maschine, und diese Qualität wollen wir immer beim Condition Monitoring für noch exaktere Vorhersagen einfließen lassen.

Wenn Sie Partnerschaft mit Kunden erwähnen, bietet Bachmann auch Unterstützung in der Findung neuer Geschäftsmodelle auf Basis der Condition Monitoring Lösungen?

Neben den ganzen technischen Inhalten ist meiner Meinung nach genauso wichtig, dass man mit dem Kunden zusammen eben diese Geschäftsmodelle entwickelt. Diesen Fokus auf eine intensive Zusammenarbeit haben wir uns ebenso auf die Fahne geschrieben wie die noch 2020 stattfindende Eröffnung unseres Trainingszentrums im thüringischen Rudolstadt. Hier bieten wir Kunden dann Trainings für ein besseres Verständnis der Technik des Condition Monitorings an.

Warum sollen Kunden bei Condition Monitoring Bachmann als Partner wählen?

Weil wir einen ganzheitlichen Blick auf die Maschinen und Anlagen bieten und dabei die Vorteile der Automatisierungstechnik vollständig zu nutzen. Condition Monitoring ist für Bachmann keine Insellösung, sondern muss immer eingebettet im gesamten Umfeld betrachtet werden. Und genau hier spielen wir mit flexiblen Topologien, SPS-integrierten Lösungen und offenen Schnittstellen unsere Stärken aus. Wir verstehen uns als Dienstleister, um Kunden einen entsprechenden Wissensvorsprung zu ermöglichen, damit er wettbewerbsfähiger wird.

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