Roland Chochoiek, Heitec 5G – der Schlüssel zum IoT?

Heitec AG

Roland Chochoiek ist Leiter des Geschäftsgebiets Elektronik der HEITEC AG. Nach diversen Führungspositionen im Bereich Embedded Computing bei Force Computers, der EMS-Branche bei Solectron/Flextronics und der Gehäusetechnik als Geschäftsführer bei Rittal bietet er heute all diese Bereiche mit der Business Unit Electronics bei HEITEC aus einer Hand.

Bild: Heitec
15.11.2021

Aktuell ist 5G in aller Munde. Zum Teil wird sogar schon über 6G philosophiert. 5G, die Telekommunikationstechnologie der 5. Generation wird oft als DER Schlüssel zum Internet der Dinge und auch ihrer industriellen Variante IIoT genannt. Ist dem auch wirklich so? Gibt es andere, vielleicht viel besser passende Alternativen?

Einerseits lesen und hören wir über die beeindruckenden, technischen Leistungswerte der nächsten Generation des Mobilfunkstandards 5G: Signifikant höhere Datenübertragungsraten bis hin zu 10Gbit/sec. Sehr kurze Latenzzeiten bis hinunter zu 1msec. Ganz Mutige leiten daraus sogar Echtzeitfähigkeiten ab, obwohl Geschwindigkeit und Latenz nur zum Teil zu echtem, nämlich deterministischem Antwortverhalten beitragen. Andererseits haben wir den immer noch schleppend vorankommenden Ausbau der „echten“ 5G-Netze – trotz vollmundiger Äußerungen fast aller an der Wertschöpfungskette der Telekommunikationsindustrie Beteiligten. Der „Schlüssel zum IoT“ ist also bei weitem noch nicht da, wo er hin gepriesen wird.

Aber ist 5G wirklich der „Schlüssel“ zum IoT oder Industrial IoT (IIoT)? Welche Rolle spielt eine moderne Mobilfunkanbindung im Allgemeinen oder eine 5G-Anbindung im Besonderen für IoT-Anwendungen? Nun, sie ermöglicht eine drahtlose Kommunikation mit anderen und dem Internet und damit eine drahtlose Anbindung von „Things“ ans Internet. Bei industriellen Applikationen geht es aber typischerweise nicht darum, Unmengen von Daten in Echtzeit in die „Cloud“ und zurück zu transportieren. Unseren Kunden aus industriellen Bereichen geht es vielmehr darum, bereits vor Ort vorverarbeitete Daten sicher und zumeist asynchron zu übertragen. Ein wesentlicher Teil der Verarbeitung der Daten, insbesondere die Akquisition der Sensordaten, die Echtzeitdatenverarbeitung und die Steuerung der Aktoren erfolgen vor Ort. Für eine Übertragung über ein Mobilfunknetz wäre selbst 5G zu langsam und zu wenig „echt echtzeitfähig“. Und in vielen Fällen sind die vorhandenen 4G/LTE-Netze für eine asynchrone Übertragung weniger Daten schon vollkommen ausreichend.

In sehr vielen IIoT-Applikationen werden aber auch drahtlose Anbindungen von Sensorik und/oder Aktorik benötigt. Auch hierfür hört man Stimmen, die behaupten, 5G wäre hier die Ideallösung. Aus meiner Sicht gibt es aber eine Vielzahl von bereits etablierten und auch neuen Funkstandards, die für derartige Anwendungsfälle weit besser geeignet und zudem auch meist deutlich günstiger in Investition und Betrieb sind. Im Nahbereich seien hier beispielhaft Bluetooth/BLE, Zigbee oder WiFi bis hin zu WiFi 6 genannt. Für größere Reichweiten gibt es eine Reihe von LPWANs (Low Power Wide Area Networks), die sich hinsichtlich Lizenzierung, Netzaufbau (durch Netzbetreiber oder Anwender), Reichweiten, Datenraten, Störfestigkeit und Energiebedarf (wichtig bei batteriebetriebenen Anwendungen) unterscheiden. Typische Vertreter solcher LPWANs sind LoRa, Sigfox, NB-IoT oder MIOTY. Genauso wenig wie 5G ist keine dieser Technologien ideal für alle Anwendungsfälle drahtloser Datenübertragung geeignet. In realen Applikationen bedarf es einer intelligenten Kombination der am besten zu den Anforderungen passenden Technologien.

Ein Riesenvorteil ist, dass alle genannten Technologien heute auf standardisierten Modulen zur Verfügung stehen. Dies war für uns der Anlass, unsere HeiSys-Systemplattform zu entwickeln, die in einem Produkt unterschiedliche Modulsteckplätze zur Verfügung stellt und so, neben einer zur Anwendung passenden Skalierung der Rechenleistung auch eine optimierte Kombination der verschiedenen Funkschnittstellen und -technologien ermöglicht. Damit kann eine Anbindung an LTE- oder 5G-Netze genauso realisiert werden wie die Nutzung der jeweils besser passenden oder auch ausreichenden oder wirtschaftlicheren Technologien. Mit HeiSys muss 5G also nicht zwingend zur „eierlegenden Wollmilchsau“ missbraucht werden.

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