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Interview über Gigabit-Ethernet in der Produktion „Fit für die Zukunft“

Manfred Wolf ist Marketing Manager Industrial Ethernet Switches bei Siemens.

Bild: Siemens
29.10.2018

Mit dem Schritt zu Gigabit-Ethernet wird eine zukunftsfähige Grundlage für die Digitalisierung und Vernetzung der Produktion geschaffen. Doch mit ein paar Switches alleine ist es nicht getan, Kunden benötigen eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Infrastruktur. Hier ist die Expertise für ganzheitliche Automatisierungslösungen und die Beratungsleistung von entscheidender Bedeutung, wie Manfred Wolf, Marketing Manager Industrial Ethernet Switches bei Siemens, im Gespräch mit A&D hervorhebt.

Die digitale Transformation lässt in Produktionsnetzwerken die Datenmengen rapide steigen. Wo sehen Sie die größten „Bandbreitenfresser“?

Betrachtet man nur die einzelnen Komponenten, so benötigen diese nicht viel Bandbreite. Selbst industrielle Kameras, die eine Vielzahl von Bildern übertragen, zwingen Netzwerke mit 10 oder 100 Mbit/s nicht so schnell in die Knie. Aber die Kombination aller Sensoren, Komponenten und Maschinen in einer vernetzten Produktion erfordert soviel Bandbreite, dass ein Gigabit-Ethernet-Netzwerk Pflicht wird. Und wir reden hier nicht mehr nur vom Datenaustausch einer Steuerung mit dem Aktor oder der MES-Ebene, sondern auch von horizontaler Kommunikation zwischen Maschinen und Komponenten sowie dem vertikalen Weg Richtung ERP und vor allem in die Cloud. Ein wichtiger Aspekt ist zudem das Abfangen von Spitzenlasten im Netzwerk, wenn bei bestimmten Konstellationen viele Netzwerkteilnehmer zur gleichen Zeit ihre Daten „loswerden“ wollen. Und das sind die größten Bandbreitenfresser!

Spitzenlasten abfangen heißt aber auch, Echtzeitkommunikation aufrechterhalten und Latenzzeiten gering halten…

… ja, die Latenzzeiten spielen unten im Feld eine extrem wichtige Rolle. Hier darf keine Verzögerung durch Bandbreitenengpässe entstehen – und mit Gigabit-Ethernet lässt sich das vermeiden. Sprechen wir von den höheren industriellen Netzwerkschichten, wo Topologien und Hallenvernetzungen zusammenlaufen und die Kommunikation mit der IT- und Cloud-Ebene erfolgt, bewegen wir uns schnell in Richtung 10 Gigabit. Da geht es weniger um Latenzzeiten, sondern die Masse an Daten „ohne Stau“ transferieren zu können.

Jetzt spricht Siemens von kosteneffizienter Netzwerktechnik im Feld mit Gigabit-Ethernet. Die Hardwarekosten werden aber erstmal steigen, denn klassische Feldbusse punkten mit niedrigen Kosten!

Eines müssen wir deutlich klarstellen: Weder der Profibus noch andere Feldbusse sind tot oder werden durch Industrial Ethernet komplett abgelöst. Gekapselte Applikationen, die auch künftig keine Kommunikation zum Ethernet oder hoch in die Cloud benötigen, können durchaus weiterhin mit Feldbussen realisiert werden. Wir bei Siemens bieten deshalb natürlich auch zukünftig beispielsweise Profibus-Geräte an. Gerade aber mit Hinblick auf die Digitalisierung mit Transparenz in der Produktion oder neuen Services basierend auf Maschinendaten wird die Realisierung mit klassischen Feldbussen sehr umständlich. Und hier empfehlen wir ganz klar Gigabit-Ethernet, das ist die Zukunft, außerdem steigen sofort die Performance und die Ausfallsicherheit in der Produktion. Siemens begleitet und berät seine Kunden auch dabei, ein TCO-Konzept zu erstellen oder den ROI zu berechnen. Natürlich muss man in jede neue Technologie zuerst ein bisschen mehr investieren, aber die Vorteile machen sich sehr schnell bezahlt. Für einen sanften Umstieg bieten wir auch die Migration von bestehenden Feldbussen in Ethernet-Netzwerke an.

Wie stehen Sie Kunden bei dieser Entscheidung unterstützend zur Seite?

Wichtig bei immer komplexer werdenden Netzwerken ist die Expertise und Beratungsleistung. Es genügt nicht, nur die Produkte zu liefern, sondern man muss sich auch mit Netzwerktopologien und den Einsatzszenarien auskennen. Ich muss die Schmerzpunkte und Wünsche des Kunden verstehen und ihm Empfehlungen aussprechen. Und hier sind wir mit unseren Professional Services sehr gut aufgestellt und helfen Kunden, die Kosten zu berechnen und sein industrielles Netzwerk so zu designen, dass es fit für seine künftigen Anforderungen ist. Wir liefern eben nicht nur einfach ein paar Switches, sondern realisieren die komplette Infrastruktur, vom flachen Layer-2-Netzwerk, verschieden Segmentierungen über Hallen hinweg, Anlagenvernetzung bis hin zu Industrial Backbones und Anbindung an die IT. Und vergessen Sie nicht das ganze Thema Security; hier bieten wir ebenfalls umfangreiches Know-how und Lösungen an.

Zentrale Komponenten Ihrer Gigabit-­Ethernet-Lösungen sind aber die von Ihnen erwähnten Industrial Switches. Was zeichnet denn die Siemens 
Scalance X gegenüber Switches für IT-Umgebungen aus?

Industrielle Switches werden in ganz anderen Umgebungen eingesetzt. Es herrschen oft Vibrationen, es gibt elektromagnetische Störungen von Frequenz­umrichtern, Motoren und Maschinen, dann müssen die Geräte mit Schmutz und hohen Temperaturen zurechtkommen. Unsere Scalance X werden von vornherein so entwickelt, dass sie in diesem Umfeld zuverlässig funktionieren. Beispielsweise muss die Verkabelungstechnik entsprechend robust sein, damit sich alle Steckverbindungen auch bei starken Vibrationen nicht lockern. Dann geht es je nach Applikation um die Kompaktheit und Modularität der Switches. Die IT arbeitet auch sehr viel mit Programmiersprachen wie C# oder Java Script, die bei Industriemechanikern nicht so geläufig sind. Deshalb verwenden wir bei unseren Switches zusätzlich ein Web-basierendes Management mit grafischen und selbsterklärenden User-Interface für eine möglichst einfache Bedienung. All das unterscheidet die Scalance X Industrial Ethernet Switches von IT-Modellen.

Unterstützen Ihre Scalance X Switches auch Standards wie OPC UA und künftig TSN, womit Profinet in das Gigabit-Zeitalter gehievt wird?

Offene Standards, die das Potenzial haben, das Industrial Ethernet weiter voran zu bringen, unterstützen wir natürlich. Denn von OPC UA und künftig TSN werden nicht nur unsere Kunden Mehrwerte haben, sondern auch wir selbst. Denn auf Standard-Chipsätze und -komponenten zu setzen ist immer besser für alle Beteiligten. Das reduziert für alle die Kosten und ermöglicht eine herstellerunabhängige Kommunikation von Automatisierungslösungen.

Warum sollten Kunden sich für Lösungen von Siemens entscheiden, wenn es um Gigabit-Ethernet geht?

Wir von Siemens bieten nicht nur Switches oder eine industrielle Netzwerk­Infrastruktur an, sondern auch die komplette Automatisierungstechnik sowie Industrial Security. Das heißt, wir können Kunden neben der Netzwerkplanung bei Bedarf auch immer eine Gesamtlösung anbieten. Außerdem wissen wir durch unsere Automatisierungsexpertise, worauf es bei Industrial Ethernet in Produktionsumgebungen ankommt – beispielsweise, wenn es um Echtzeitkommunikation von Steuerungen geht, Maschinensicherheit oder der Integration von industriellem WLAN. Wir können also die komplette Wertschöpfungskette auf industrieller Ebene und rund um Gigabit-Ethernet anbieten.

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