Kommunikation in der modernen Produktion Fehler bei 5G im IIoT vermeiden

CoMP nutzt räumliche Dimensionen, um viele Datenströme zu bündeln und kann so die Funkschatten überwinden, die in schwierigen Umgebungen wie einer modernen Fabrikhalle auftreten.

Bild: iStock, Ilyast
13.05.2019

5G soll eine der Grundlagen für das Industrial IoT werden. Sein Einsatz in Industrieanlagen ist allerdings schwieriger, als es zunächst wirkt. Reflexionen und Blockaden können die Verbindungen stören. Um dem vorzubeugen, bietet sich der Einsatz des CoMP-Verfahrens an.

Laut der Studie The 5G Economy, die das Beratungsunternehmen IHS Markit Anfang 2017 erstellt hat, soll 5G bis 2035 einen erheblichen Beitrag zum globalen Wirtschaftswachstum leisten. Zahlreiche Branchen könnten dann auf Basis der Mobilfunktechnologie für die Produktion von Waren und Dienstleistungen im Wert von bis zu 12 Billionen US-Dollar verantwortlich sein.

Egal, ob es um verstärkte Breitbandverbindungen mit glasfaserähnlichen Geschwindigkeiten, geschäftskritische Konnektivität mit Latenzen von unter 1 ms oder die Vernetzung unzähliger verschiedener Geräte im Rahmen des IoT geht: 5G ist in der Lage, eine Vielzahl von Diensten über eine breite Palette von Frequenzbändern von unter 1 GHz bis zu mmWave zu verarbeiten und eine Reihe von Einsatzmodellen von Makro- über Indoor- bis hin zu privaten Netzwerken zu unterstützen. Als vereinheitlichende Konnektivitätsstruktur für Innovationen erfüllt 5G nicht nur die Anforderungen von heute, sondern ist auch zukunftsfähig und flexibel, um sich mit noch nicht ausgearbeiteten Diensten zu befassen.

Die Fabrik der Zukunft ist eine drahtlose Umgebung, in der alles überwacht und optimiert wird. 5G ermöglicht eine sehr leistungsfähige drahtlose Kommunikation und bietet damit ein erhebliches Potenzial für Anwendungsfälle wie die Automatisierung von Montagelinien, die Steuerung fahrerloser Transportsysteme (FTS) und die Erfassung von Sensordaten für maschinelles Lernen sowie AR- und VR-Anwendungen. Obwohl jeder dieser Anwendungsfälle unterschiedliche Anforderungen in Bezug auf Geschwindigkeit, Latenz oder Bandbreite hat, ist 5G sogar in der Lage, sie im Rahmen lediglich eines einzelnen Netzwerks zu bewältigen.

99,9999-prozentige Zuverlässigkeit

Je nach Anforderung können einige Anwendungsfälle anspruchsvoller und aufwendiger sein als andere. Bewegungssteuerungssysteme, die beispielsweise für die Steuerung der exakt definierten Bewegungen von Maschinen zuständig sind, stellen sehr hohe Anforderungen an Latenz, Zuverlässigkeit und Determinismus.

Die konstante Datenübertragung innerhalb des IIoT erfordert hingegen hohe Kapazität, und die Übertragung von hochauflösenden Videoströmen zu und von AR-Geräten ist stark von hohen Datenraten abhängig. Die Anforderungen der Prozessautomatisierung hingegen, die mittels einer Vielzahl unterschiedlicher Sensoren und Aktoren Prozesse innerhalb einer Anlage überwacht und steuert, liegen irgendwo dazwischen.

Diese Anwendungsfälle benötigen Ultra-Reliable Low-Latency Communication (URLLC), ein Schlüsselelement des drahtlosen 5G-Standards. Es ist in der Lage, 99,9999 Prozent Zuverlässigkeit mit einer Latenzzeit von weniger als 1 ms zu liefern und alle Anforderungen in einem einzigen Netzwerk zu erfüllen.

Eine Fabrikhalle kann jedoch eine schwierige Umgebung für die drahtlose Kommunikation sein. Blockaden und Reflexionen durch sich schnell bewegende Metallobjekte wie Kräne und Förderbänder können zu einem plötzlichen Abfall der HF-Signalstärke und zu schnell variierenden und zeitabhängigen Störungen durch die kleinen Zellen führen, die in der gesamten Anlage eingesetzt werden.

Um diese Einschränkungen zu überwinden und die geforderte hohe Zuverlässigkeit zu gewährleisten, ist räumliche Diversität gefragt. Nur so lassen sich Ausfälle vermeiden und Signalblockaden überwinden.

Fehler in schwierigen Umgebungen reduzieren

CoMP (Coordinated Multi-Point) koordiniert und kombiniert Signale von mehreren Antennen an verschiedenen Orten. Bei dichtem Einsatz von kleinen Zellen mit hohem Bandbreiten-Backhaul kann es die geforderte räumliche Diversität und hohe Kapazität bereitstellen, um die hohe Zuverlässigkeit von URLLC zu gewährleisten.

Das CoMP-Verfahren nutzt räumliche Dimensionen, um viele Datenströme zu bündeln. Auf diese Weise sind gleichzeitig mehrere Übertragungen an mehrere Standorte möglich, ohne sich gegenseitig zu stören. Das erhöht die Kapazität eines 5G-Netzes, außerdem können angrenzende Netzwerke Frequenzen effektiver gemeinsam nutzen.

Nicht zuletzt kann die räumliche Diversität die Funkschatten überwinden, die in schwierigen Umgebungen wie einer modernen Fabrikhalle auftreten. Das trägt dazu bei, Fehlerraten deutlich zu reduzieren und die von IIoT-Anwendungen geforderte URLLC-Zuverlässigkeit zu liefern.

CoMP für URLLC

Für das CoMP-Verfahren muss jedoch eine Reihe von verschiedenen Sende- und Empfangspunkten (TRPs) koordiniert werden. Das erfordert eine zentrale Einheit, die Funktionen wie Planung und Ressourcenmanagement übernimmt. Kompromisse sind allerdings durchaus möglich. Die Funktionen der physikalischen Schicht könnten beispielsweise komplett auf eine Zentraleinheit verlagert werden, die für eine größere Kapazität ein kohärentes CoMP-Verfahren unterstützt, aber ein leistungsfähiges Backhaul wie Glasfaser erfordert.

Alternativ würde die Aufteilung der physikalischen Schicht zwischen einer zentralisierten und einer verteilten Einheit ein nicht kohärentes CoMP-Verfahren mit weniger strengen Backhaul-Anforderungen wie GbE (Gigabit-Ethernet) unterstützen. Letztendlich hängt die Ausgestaltung der CoMP-Netzwerkarchitektur einer Fabrik in erster Linie von Faktoren wie der bestehenden Netzwerkinfrastruktur, den Kosten und dem Kapazitätsbedarf ab.

Unterstützung von TSN

Gegenwärtig ist bei der Übertragung von Daten über kabelgebundene industrielle Ethernet-Netzwerke der Trend zum Time-Sensitive Networking (TSN) zu beobachten. Es umfasst eine Reihe von Erweiterungen des IEEE-802.1Q-Standards. TSN ermöglicht den Einsatz von Ethernet für zeitkritische Anwendungen, die sowohl Latenz als auch Bandbreite erfordern. Bisher wurden diese von vielen verschiedenen offenen oder proprietären Implementierungen über Ethernet oder Feldbus wie Profinet oder Ethernet/IP unterstützt. Tatsächlich bietet die TSN-Unterstützung seit ihrer Einführung eine sehr große Chance, 5G in allen zukünftigen industriellen Ethernet-Implementierungen zu nutzen.

Das deterministische Verhalten von TSN beruht auf dem Prinzip der Zeitsynchronisation. Jeder Knoten in einem Netzwerk hat dabei den gleichen Zeitbegriff. Das ermöglicht vorab zugeordnete Zeitfenster für verschiedene Abläufe und gewährleistet eine pünktliche End-to-End-Bereitstellung. Ähnlich wie der QoS-Mechanismus in der drahtlosen Kommunikation ermöglicht diese „zeitgesteuerte Planung“ die Koexistenz von „Best Effort Traffic“ und „High Priority Traffic“, obwohl die Zuweisung von Slots auf absoluten Zeitzyklen und nicht nur auf relativer Priorität basiert.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die drahtlose 5G-Kommunikation mit der Zeit Ethernet-Switches und -Verkabelungen ersetzen wird. Um als TSN-Switch zu arbeiten, muss 5G jedoch drei Hauptaspekte berücksichtigen: Zusätzlich zum Transport von Ethernet-Frames muss es eine „zeitgesteuerte Planung“ auf der Basis einer synchronen Zeit im gesamten Werk unterstützen, wobei das Verständnis der TSN-End-to-End-Konfiguration eine korrekte Ressourcenzuweisung ermöglicht, um geforderte Latenzzeiten zu gewährleisten. Und schließlich muss die 5G-Infrastruktur in der Lage sein, die Werkszeit nicht nur an die UEs (User Equipment), sondern auch an die Maschinen zu übermitteln, die mit ihnen verbunden sind.

5G bietet breites Frequenzspektrum

Einer der vielen Vorteile von 5G ist das breitere Frequenzspektrum – sowohl lizenzierte, als auch nicht lizenzierte. Das bietet Unternehmen die Möglichkeit, private Netzwerke aufzubauen, die für spezifische industrielle Anwendungen optimiert sind und unabhängig voneinander verwaltet werden. Betreiber oder regionale Regulierungsbehörden können einen Teil des lizenzierten Frequenzspektrums bestimmten geografischen Gebieten, wie beispielsweise einer Industrieanlage, zuweisen.

Nicht lizenzierte Frequenzen können sich dann gleichzeitig wie zugehörige Frequenzen verhalten, wenn sie vom Eigentümer in dieser engen Umgebung kontrolliert werden. Der nicht lizenzierte Frequenzbereich steht dann bereit, um die Anforderungen des IIoT zu erfüllen. Ohne Beeinträchtigung durch andere Netzwerke kann eine kontrollierte private Umgebung zum Beispiel die Latenzzeit gewährleisten, während die Verwendung eines breit gefächerten Frequenzbereichs die Zuverlässigkeit erhöht.

Diese verschiedenen Frequenzoptionen sowie Funktionen wie CoMP für URLLC oder Unterstützung für TSN sind nur einige Beispiele dafür, wie die nächste Version von 5G (3GPP Release 16) die Anforderungen des IIoT und die damit verbundenen Herausforderungen der modernen Fabrikhalle unterstützen kann. Mit erhöhter Kapazität, extrem niedriger Latenzzeit, hoher Zuverlässigkeit und superschnellen Geschwindigkeiten – um nur einige seiner vielen Fähigkeiten zu nennen – wird die Einführung von 5G zeigen, was die drahtlose Technologie leisten kann. Damit wird sie dazu beitragen, das Potenzial des IIoT auszuschöpfen und die nächste Ära der industriellen Produktion einen entscheidenden Schritt voranzubringen.

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  • Ultra-Reliable Low-Latency Communication (URLLC) ist ein Schlüsselelement von 5G für industrielle Netzwerke. Es liefert eine fast 100-prozentige Zuverlässigkeit bei einer Latenzzeit von unter 1 ms.

    Ultra-Reliable Low-Latency Communication (URLLC) ist ein Schlüsselelement von 5G für industrielle Netzwerke. Es liefert eine fast 100-prozentige Zuverlässigkeit bei einer Latenzzeit von unter 1 ms.

    Bild: iStock, Metamorworks

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