Datenverkehr per Lichtwellenleiter Expanded Beam Optical: Eine Technologie für die Industrie?

Das komplexe Handling von Lichtwellenleiter-Technologie schreckt viele Anwender ab. Ein neuartiges Steckprinzip soll dem ein Ende setzen.

Bild: iStock, Veni
21.06.2021

Cloud Computing, Big Data und IoT tragen dazu bei, dass immer mehr Daten übertragen werden müssen. Höhere Bandbreiten lassen sich mit Lichtwellenleitern einfach erreichen, jedoch zögern viele User aufgrund des komplizierten Handlings. Ein neuartiges Steckprinzip senkt nun diese Einstiegshürde.

Die Digitalisierung aller Lebensbereiche schreitet voran. Künstliche Intelligenz und Machine Learning auf Basis großer Datenmengen sind nur ein Aspekt dieses Trends. Anwendungen aus der Cloud sind inzwischen alltäglich, Homeschooling, Homeoffice und Videokonferenzen statt Schule, Büro und Dienstreisen sind ein weiterer Aspekt, der gerade im vergangenen Jahr an Bedeutung gewonnen hat.

Eine der Konsequenzen der allgegenwärtigen Digitalisierung ist aber immer gleich: Die Datenmengen in allen Bereichen wachsen unaufhaltsam und damit auch die Anforderungen an Bandbreite in den verschiedenen Datennetzen.

So stößt das Kupferkabel langsam an seine Grenzen. Das gilt nicht nur beim heimischen DSL-Anschluss: Inzwischen rückt auch die Deutsche Telekom hier vom Kupfer ab und will demnächst nur noch Glasfaser verbauen. In Rechenzentren findet der Lichtwellenleiter (LWL) bereits verbreitet Anwendung. Gebäudeverkabelung, Vernetzungen in Krankenhäusern und Arztpraxen, die Infrastruktur von Forschungseinrichtungen wird ebenfalls zunehmend mittels Glasfaser realisiert. Mit der populären 5G-Technologie hält der LWL sogar am Antennenmast und im Backbone der industriellen Produktion Einzug.

Bandbreite versus Durchmesser

An vielen Arbeitsplätzen steht noch die Aufrüstung auf schnelles Gigabit Ethernet mit bis zu 10 GB/s an. Diese können zwar noch mit hochwertigen Kupferkabeln realisiert werden. Doch spätestens auf der nächsten Netzwerkebene, wenn die Daten von zahlreichen Nutzern zusammenkommen, wird es eng.

Einfach die Zahl der Kupferkabel zu erhöhen, ist nur bedingt möglich. Zum einen sind Kabelführungen nur begrenzt aufnahmefähig, zum anderen können elektromagnetische Wechselwirkungen zwischen den Kupferkabeln die Datenübertragung stören, wenn zu viele Kabelleitungen zu eng beieinanderliegen. Diese Effekte können sogar genutzt werden, um die oft sensible Datenübertragung auf dem Kupferkabel unbemerkt abzuhören.

Die dünnen Glasfasern bieten ein Vielfaches der Bandbreite von Kupferkabeln bei wesentlich geringeren Kabelquerschnitten. So sind übliche Übertragungsraten von 40 bis 100 GB/s kein Problem. Gleichzeitig können wesentlich längere Strecken ohne Zwischenverstärker überbrückt werden. Und die Datensicherheit ist ebenfalls besser, da es keine Abstrahleffekte gibt.

Bei manchen Anwendungen im sensiblen industriellen Umfeld spielen auch das geringere Gewicht oder die Möglichkeit zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen eine äußerst wichtige Rolle, da Glasfaserkabel keine elektrische Energie transportieren, und damit weder Funkenflug noch Erdungsprobleme ins Gewicht fallen. Diese Sicherheitsaspekte werden bei vielen Anwendungen und nicht nur im Industrieeinsatz immer wichtiger.

Komplexe Steckvorgänge

Angesichts dieser unbestreitbaren Vorteile der Glasfaser wäre ein Einsatz auf breiter Front zu erwarten. Doch das Handling der LWL bremste bislang die Verbreitung dieser leistungsfähigen Netzwerktechnik aus. Nicht nur bei der Installation sind Know-how und Präzision gefordert. Auch jeder einzelne Steckvorgang ist bislang begleitet von einer zeitaufwendigen Inspektion und Reinigung.

Werden die entsprechenden Vorgaben nicht vom Anwender beachtet, können gravierende Übertragungsprobleme, Instabilitäten oder gar eine Beschädigung des Verbindungssystems auftreten. Somit drohen eine zeitaufwendige und damit kostspielige Fehlersuche sowie Instandsetzung.

Die Ursache liegt in der empfindlichen Technik begründet. Schon kleinste Partikel, wie Staubkörnchen oder Pollen, die in den Steckverbinder eindringen, können den Lichtstrahl soweit hemmen, dass die Datenübertragung leidet oder unmöglich wird. Eine fehlerfreie, zuverlässige Installation ist deshalb nur mit ausgebildetem Fachpersonal möglich. Angesichts der steigenden Anforderungen an Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit des Netzzugangs stellte dies einen ernstzunehmenden Nachteil dar.

Einfaches Handling

Von 3MTM kommt nun das EBO-Steckkonzept (Expanded Beam Optical Interconnect), das einen entscheidenden Fortschritt bietet. Die Expanded Beam Connection (EBC) weitet beim Übergang von einer Faser auf die andere den Lichtstrahl zunächst auf und fokussiert ihn dann wieder. Die Störung durch Partikel wird minimiert, da Pollen oder ein eingedrungenes Schmutzkorn nur einen kleinen Teil der vergrößerten Lichtfläche blockieren. Der Lichtstrahl wird so nicht mehr vollständig blockiert, sondern lediglich geringfügig schwächer. Damit bleibt die Fähigkeit zur Datenübertragung vollständig erhalten.

Bei den entscheidenden Qualitätsanforderungen und -kriterien eines LWL-Stecksystems zeigt das neue Konzept ebenfalls seine Stärken. Auf der einen Seite verursacht es eine signifikant niedrigere Einfügedämpfung IL (Insertion Loss), auf der anderen Seite zeigt es eine hohe Rückflussdämpfung RL (Return Loss).

Flexible Stecktechnik

Die neugestaltete Optik ermöglicht es, das Steckkonzept sowohl für Singlemode- wie für Multimode-LWL einzusetzen. Bei Singlemode-Anwendungen beträgt die Einfügedämpfung weniger als 0,7 dB, die Rückflussdämpfung liegt bei über 55 dB. Diese Werte bleiben auch über mehrere hundert Steckzyklen erhalten.

In der Standardausführung nimmt die Ferrule zwölf Singlemode- oder Multimode-Fasern auf. Jedoch ist das System skalierbar und ermöglicht, bis zu 192 Fasern zu verbinden.

Rosenberger OSI ist bereits frühzeitig eine enge Kooperation mit 3MTM bezüglich dieser neuen Technologie eingegangen und führt die entsprechenden Basis-Steckverbinder des Herstellers, entwickelt aber auch eigene Stecksysteme in Zusammenarbeit mit seinen Kunden. Es gibt noch viele Anwendungen mit unterschiedlichen Anforderungen, die mit diesem Steckkonzept realisiert werden können, ist man sich bei Rosenberger OSI sicher.

Effizienz in Produktion und Einsatz

Das Steckkonzept zielt darauf ab, dass das Handling einfacher wird und trotzdem höchste Zuverlässigkeit der Netzverbindungen gewährleistet ist. Schon beim Steckverbinder zeigt sich, dass Effizienz im Fokus der Entwicklung stand. Statt Keramik kommt eine Ferrule aus hochpräzisem Kunststoff-Spritzguss mit Nuten zum Einsatz, Bohrungen entfallen. Innerhalb des Spritzgussteils findet sich die Spiegelreflex-Kollimationslinse, die den Strahl aufweitet und auch wieder fokussiert.

Die Fasern können in die Spritzguss-Ferrule automatisiert positioniert und eingeklebt werden. Auch ohne den Einsatz von Führungsstiften sind diese so fixiert, dass eine Abweichung der Faserausrichtung praktisch nicht stattfinden kann. Es entfällt zudem das aufwendige und kostspielige Polieren der Faserenden, und auch eine Beschädigung der Fasern durch gegenseitige Berührung ist somit ausgeschlossen.

Zugleich reduziert sich mit diesem Steckkonzept der Aufwand, der bislang bei jedem Steckvorgang entstanden ist. Und nicht zuletzt werden dadurch auch die Anforderungen an das Fachpersonal reduziert, das die Verkabelung am Einsatzort vornimmt – ohne dass dadurch die geforderte Betriebssicherheit der LWL-Vernetzung Schaden nimmt.

Für zahlreiche Anwendungen geeignet

Derzeit sind etwa aufwendige Backplane-Verkabelungen im Fokus der Applikationen. Aber auch die Zunahme von IoT-Anwendungen mit entsprechend leistungsfähigen Netzwerken, beispielsweise bei der Gebäudeverkabelung, ist ein Treiber für den Einsatz der EBO-Technik. Weitere Anwendungen zeichnen sich bereits ab, denn gerade in rauen Umgebungen zeigt die neue Technologie ihre Stärken.

Gegenüber anderen Steckverbinder-Konzepten ist sie unempfindlicher gegen Staub und auch gegenüber Erschütterungen. So eignet sie sich beispielsweise besonders für den Einsatz von 5G und Edge Computing in der industriellen Produktion. Nur mittels Glasfaser sind die hohen Bandbreiten und niedrigen Latenzen im Backbone zu realisieren, die für Industrie 4.0 auf Dauer benötigt werden.

Die wachsenden 5G-Netze selbst sind ebenfalls zu nennen, hier wird FTTA (Fiber to the Antenna) ebenfalls benötigt. Unempfindliche Netze mit immer höheren Bandbreiten sind darüber hinaus im mobilen Einsatz gefragt, etwa bei Bahnen und Flugzeugen, wo im Betrieb erhebliche Belastungen etwa durch Erschütterungen auftreten. Geeignete Stecksysteme für solche Applikationen entwickelt Rosenberger OSI gemeinsam mit den Kunden nach deren individuellen Anforderungen.

Fazit

Zusammen mit der fortschreitenden Digitalisierung aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche wird der Einsatz von Glasfaser schon allein aufgrund der höheren realisierbaren Bandbreiten weiter an Bedeutung zunehmen. Den Vorteilen, neben der Bandbreite beispielsweise der geringere Durchmesser und die Überbrückung größerer Distanzen, stand bislang das komplizierte Handling bei Steckprozessen entgegen.

Nicht nur das aufwendige Handling, das viel Zeit in Anspruch nimmt, wirkte hier als Bremser, sondern auch das dafür benötigte Know-how. Es schränkte den Kreis des Fachpersonals ein, das mit solchen Aufgaben betraut werden kann.

Genau hier setzt die einfacher zu verwendende Expanded-Beam-Optical-Interconnect-Technik direkt an. Sie eröffnet der bandbreitenstarken Glasfasertechnik viele neue Anwendungsbereiche in allen Technologieumfeldern. Schnellere Steckvorgänge und weniger Einschränkungen bei der Auswahl des geeigneten Personals schlagen sich in geringeren Kosten und kürzeren Projektlaufzeiten nieder. Damit steht dem Vormarsch dieser innovativen Technologie nichts mehr im Weg.

Bildergalerie

  • Der Expanded-Beam-Optical-Interconnect-Stecker garantiert eine störungsfreie Konnektivität in Glasfasernetzwerken.

    Der Expanded-Beam-Optical-Interconnect-Stecker garantiert eine störungsfreie Konnektivität in Glasfasernetzwerken.

    Bild: Rosenberger OSI

  • Das EBO-Interconnect-Steckkonzept sorgt für sichere Verbindungen von multiplen Glasfasern.

    Das EBO-Interconnect-Steckkonzept sorgt für sichere Verbindungen von multiplen Glasfasern.

    Bild: Rosenberger OSI

  • Die EBO-Technologie offenbart ihre Stärken besonders im Industrieumfeld mit enormen Datenaufkommen.

    Die EBO-Technologie offenbart ihre Stärken besonders im Industrieumfeld mit enormen Datenaufkommen.

    Bild: Rosenberger OSI

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