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Branchenreport Convenience Food Anuga 2017: Fertigprodukte im Trend

FLOTTWEG SE

Bild: Koelnmesse; Gea; Nestle; Sandvik
25.08.2017

„Taste the future“ lautet das Motto der Anuga 2017. Die weltgrößte Messe der Ernährungswirtschaft wird am 7. Oktober in Köln eröffnet. Convenience Food wird eines der zentralen Themen sein – denn der Markt für Fertig- und Halbfertigprodukte wächst stetig.

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Kochen ist ein komplexer Herstellungsprozess. Der Koch oder die Köchin muss eine Vielzahl von Zutaten in der geeigneten Qualität, Reife und Frische beschaffen sowie jeweils die unterschiedliche Haltbarkeit und die optimalen Lagerbedingungen für die unterschiedlichen Zutaten berücksichtigen. Beim Verarbeiten gilt es, die richtige Methode, Temperatur und Reihenfolge zu wählen. Dann misst er oder sie die Dosierung, mischt, trennt, rührt, filtert, erhitzt – und kämpft dabei mit den Tücken klebriger, klumpender oder flüchtiger Rohstoffe. Kurz: Kochen erfordert Zeit und eine Menge Know-how.

Keine Zeit, keine Lust, keine Ahnung

Kochshows sind der Hit im TV – doch nach einer aktuellen Umfrage im Auftrag des Ernährungsministeriums kochen nur noch 39 Prozent der Deutschen täglich selbst (Vorjahr 41 Prozent), 11 Prozent der Befragten überhaupt nicht. Wenigstens zwei- bis dreimal pro Woche stellen sich 33 Prozent an den Herd. 2015 waren es noch 37 Prozent. Die Zahl der Verbraucher, die sich eine schnelle, einfache Zubereitung wünschen, stieg dagegen um 10 Prozent auf 55 Prozent. Bei den 19- bis 29-Jährigen sind es sogar 72 Prozent.

Kochen erfordert Geduld für lästige Routinearbeiten. Doch unser Leben hat sich beschleunigt, wir sind mobiler, flexibler, die Freizeit wird immer dichter gefüllt. Der Konsument bummelt nicht mehr durch Geschäfte, er lässt liefern; und in Familien arbeiten oft beide Eltern. Auch wächst die Zahl der Haushalte mit ein oder zwei Personen – für viele lohnt da der Aufwand nicht. Die Folge: Lieferdienste wie Lieferando und Foodora boomen. Wer sich am Herd und beim Einkauf unsicher fühlt, kann sich an das Prinzip „Malen nach Zahlen“ halten: Bei Anbietern wie Kochhaus und Hello Fresh bekommt der Kunde Pakete mit Zutaten nach Maß samt Rezept. Doch auch das ist nicht billig, und er muss immer noch schnippeln und braten. Fertiggerichte oder Halbfertigprodukte sind deshalb für viele die Lösung.

Von der Kantine bis zum Krankenhaus

Im professionellen Einsatz sieht es nicht anders aus. Nicht nur IT oder Kundensupport werden immer häufiger outgesourct – auch das Essen in der Kantine stammt zunehmend von spezialisierten Herstellern. Sie liefern definierte Qualität zum vereinbarten Preis, das Unternehmen spart sich Personal, Ausrüstung und Vorratshaltung.

Convenience-Produzenten können günstiger einkaufen und effizienter produzieren – das gilt besonders, wenn es unterschiedliche Bedürfnisse zu erfüllen gilt. Krankenhäuser und Altenheime erhalten im Optimalfall eine Auswahl von Diätmenüs (Diabetes, Schluckbeschwerden, Aufbau- und Schonkost…). Und im Kindergarten bekommt Klein-Leon seine laktosefreie Extrawurst. Convenience-Produkte sollen „Gelingsicherheit“ bieten, so René Noel-Schiemer, Culinary Fachberater bei Unilever Food Solutions, kostengünstig und multifunktionell einsetzbar sein – und alle Inhaltsstoffe sollen deklariert sein.

Convenience im Restaurant

Auch in der Gastronomie werden immer mehr Convenience-
Produkte eingesetzt. Den Anfang machten unter anderem Würzmischungen und vorgeschälte Kartoffeln. Inzwischen haben etwa Nestle und Oetker eigene Profi-Produktlinien. Viele spezialisierte Unternehmen liefern Teil- oder Fertigprodukte auch in gehobener Qualität. Deshalb setzen nicht mehr nur einfache Lokale auf Convenience – Werbung: „Unsere küchenfertigen TK-Schnitzel sind in 30 Sekunden servierfertig“. Auch in anspruchsvollen Restaurants lässt sich das Küchenpersonal einen Teil der Arbeit abnehmen. Die Gründe: Es mangelt an Fachkräften und es spart Zeit und Kosten. Darüber hinaus lässt sich auch bei einer umfangreicheren Speisekarte der Wareneinsatz viel besser planen: Bestellen nur wenige die Spinatbeilage oder die Mousse au Chocolat, wandert am Schluss vieles in den Müll. Gut lagerfähige Einzelportionen bewahren länger die ursprüngliche Qualität, die Portionen lassen sich rasch erwärmen und je nach Anspruch individuell aufpeppen. Und der eilige Gast hat rasch etwas auf dem Teller.

Verpflegungsspezialist Apetito verweist im jüngsten Geschäftsbericht auf Chancen bei Jung und Alt: Durch den demografischen Wandel steigt die Zahl der Senioren. Damit wächst der Bedarf an auf diese Gruppe speziell zugeschnittenen Mahlzeiten – etwa im Heim oder als Essen auf Rädern. Zudem müssen immer mehr Kinder und Jugendliche in Ganztagsschulen und Tagesstätten verpflegt werden. Laut der erwähnten Studie nehmen übrigens bisher noch 57 Prozent der Berufstätigen ihr Essen von zuhause mit – auch das bedeutet Wachstumspotenzial.

Vielseitige Hochtechnologie

In der modernen Lebensmittelproduktion kommen Technologien zum Einsatz, die bereits in anderen Industrien erprobt wurden. Dabei sind die speziellen Anforderungen für Lebensmittel zu beachten: Die Geräte müssen einfach und gründlich zu reinigen sein, es dürfen keine Reste zurückbleiben, die Nährboden für Keime bilden können – es darf keine rauen Stellen, keine verborgenen Ecken geben. Die verwendeten Materialien und Schmiermittel müssen lebensmittelecht sein.

Die Maschinen werden deshalb sorgfältig angepasst. Mit Sandviks Rotoform-Verfahren lassen sich nun etwa nicht nur Granulate für chemische und pharmazeutische Anwendungen herstellen, sondern auch Karamell oder Schokolade für die Weiterverarbeitung pastellieren. Die Durchflussmessgeräte von Krohne arbeiten in der Ölindustrie und in Kernkraftwerken – und sie wiegen Spinat direkt in der Leitung.

Der Vorteil: Es gibt keine Unterbrechungen im Prozess fürs Wiegen. „Gehacktes Fleisch roh oder mit Soße, Hefe/Wassermischungen, Pastateig oder Brot-Vorteige, bei denen die Hefe schon angesetzt hat, haben wir mit unseren Optimass-Geräten bereits erfolgreich inline gewogen“, so Ryan Kromhout, Leiter Global Industry Division Food bei Krohne. Und die Zentrifugen von Flottweg trennen und entwässern alle möglichen Arten von Gemischen. In der Lebensmittelindustrie dienen sie etwa zur Produktion von Weizenstärke, Sojamilch oder Sojaproteinen und der Gewinnung von Laktose und Kasein. „Auch innovative Produkte lassen sich mit ihrer Hilfe herstellen“, erklärt Sven Bedö, Leiter Marketing bei Flottweg: etwa Pflanzenproteine als Alternative zu tierischen Lebensmitteln oder Obst- und Gemüsekonzentrate, zum Beispiel für Smoothies.

Ausgefeilte Technik erlaubt es auch, Rohstoffe effizienter einzusetzen – etwa in zirkulierenden Produktionsprozessen. Harrie van Beers, Product Expert Preparation bei Gea, einem der größten Systemanbieter für die nahrungsmittelverarbeitende Indus-
trie, nennt ein Beispiel: „Anstatt aus den Fisch-Nebenprodukten Fischmehl für die Tierfutterproduktion herzustellen“, werden daraus „Proteine extrahiert, die dem Hauptprozess der Fischburgerproduktion als natürlicher Zusatzstoff und Proteinquelle wieder zugeführt werden.“

Die Ansprüche steigen

Lange Listen von E-Nummern und unverständliche Zutatenbezeichnungen schrecken immer mehr Kunden ab. Viele wünschen sich weniger Salz, Fett und Zucker. Geschmacksverstärker, Laktose oder Gluten sind oft verpönt, andere wollen es vegetarisch oder vegan. Essen ist nicht mehr einfach nur Essen. Wir sehen „jetzt zwei klar polarisierte Verbrauchergruppen“ sagt Horst Waldner, Head of Food Processing and Packaging Sales bei Gea: „Die eine ist vom niedrigen Preis getrieben, und die zweite ist auf der Suche nach qualitativ hochwertigen, natürlichen und gesunden Produkten, wofür sie bereit ist, einen höheren Preis zu zahlen.“

Die neuen Trends bedeuten deshalb Marktchancen für Nahrungsmittelhersteller und Zulieferunternehmen. „Frei von …“ gibt dem Konsumenten ein gutes Gefühl. „Produkte, die diesem ‚Ohne‘-Trend entsprechen, haben eine hohe Durchsetzungskraft auf dem Markt. Nischen wie Halal, Laktose- und Gluten-frei bieten die Möglichkeit, sich zu spezialisieren und so (…) erfolgreich zu positionieren“, sagt Matthias Weger, Marketingleiter der Wolf-Firmengruppe.

Kritische Kunden wollen genau erfahren, was drin ist. Dazu müssen die Hersteller die Zutaten, Allergie- und Nährwerte angeben und „während des gesamten Prozesses eine Track&Trace-Codierung anwenden,“ erklärt Waldner. Bei den Etikettierungslösungen und der End-of-Line-Ausrüstung von Gea werden diese Anforderungen deshalb berücksichtigt.

Die neuen Trends machen aber auch die Herstellung im industriellen Maßstab komplizierter. Eine bestimmte Konsistenz, Bindung, Kruste, der gewünschte Geschmack lassen sich nicht mehr auf dem bislang gewohnten Weg erzielen. „Die Balance zwischen den Hauptbestandteilen, den Zusatzstoffen und dem Produktionsprozess muss neu definiert und genauer abgestimmt werden“, sagt van Beers von Gea. Bei der Prozesssteuerung werden laut van Beers „Automatisierungs- und Überwachungsfunktionen sowie Software-Schnittstellen zwischen den Geräten in der gesamten Linie immer wichtiger, um bei der Herstellung von natürlichen Produkten eine optimale Ausbeute und das erwartete Aussehen zu erzielen.“ Auf der Fachmesse Anuga wird sich die iFood Conference unter anderem mit der fortschreitenden Digitalisierung und ihren Auswirkungen auf die Lebensmittelwertschöpfungsketten befassen.

Trend für Effizienz-Extremisten

Effizienz statt Genuss schließlich bedeutet ein Trend, den – natürlich – ein Software-Entwickler in Gang gesetzt hat: Shakes und fertige Drinks wie Soylent sollen alle Mahlzeiten ersetzen können. Inzwischen gibt es etliche Konkurrenten, etwa Joylent, Huel und Compleat. Wie viele Anhänger diese Radikallösung langfristig finden wird, wird sich zeigen.

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