Berechnungen zum Stromverbrauch Erneuerbare-Energien-Anteil sinkt im ersten Halbjahr leicht

Einen leichten Zuwachs gegenüber dem Vorjahreszeitraum gab es bei der Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen, die Erzeugung aus Windenergie hingegen ging zurück.

Bild: zhaojiankang
28.06.2021

Im ersten Halbjahr 2021 haben erneuerbare Energien rund 43 Prozent des Bruttoinlandstromverbrauchs gedeckt. Das zeigen vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. Einen leichten Zuwachs von rund zwei Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gab es bei der Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen, die Erzeugung aus Windenergie hingegen ging um rund 20 Prozent zurück.

Im Vorjahreszeitraum lag der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch mit rund 50 Prozent etwas höher. Verantwortlich hierfür war vor allem das Wetter. Während im ersten Halbjahr 2020 Rekorde bei der Stromerzeugung aus Solarenergie und Windenergie an Land erreicht wurden, war in diesem Jahr insbesondere das erste Quartal ungewöhnlich windstill und arm an Sonnenstunden.

Im zweiten Quartal waren die Witterungsverhältnisse günstiger: Für die Monate April bis Juni lag der Anteil der erneuerbaren Energien bei 45 Prozent. Die Werte für das Jahr 2020 waren zudem vom deutlich niedrigeren Stromverbrauch im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 beeinflusst. Da die Erneuerbaren-Quote als Anteil am Stromverbrauch ausgewiesen wird, führt ein geringerer Verbrauch allein schon zu einem Anstieg des prozentualen Wertes. In diesem Jahr lag der Stromverbrauch wieder auf einem üblichen Niveau.

Die Erzeugungszahlen im Einzelnen

Im ersten Halbjahr 2021 lag die Bruttostromerzeugung bei 292 Milliarden Kilowattstunden (Millarden kWh) – ein Anstieg von fast fünf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2020: 279 Millarden kWh). Dem stand ein Stromverbrauch von rund 285 Millarden kWh gegenüber (1. Halbjahr 2020: 271 Millarden kWh).

Insgesamt wurden rund 122 Millarden kWh Strom aus Sonne, Wind und anderen regenerativen Quellen erzeugt (1. Halbjahr 2020: 137 Millarden kWh). Davon stammten gut 48 Millarden kWh aus Wind an Land, 28 Millarden kWh aus Photovoltaik, gut 22 Millarden kWh aus Biomasse, fast zwölf Millarden kWh aus Wind auf See und neun Millarden kWh aus Wasserkraft. Aus konventionellen Energieträgern wurden 170 Millarden kWh erzeugt. Im Vorjahreszeitraum waren es 142 Millarden kWh.

Ökostromanteil: Zwei Berechnungsmöglichkeiten

Der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch im ersten Halbjahr 2021 beträgt rund 43 Prozent. Den Ökostromanteil am Bruttostromverbrauch zu bemessen, ist die gängige Berechnungsgrundlage. Sie geht zurück auf europäische Vorgaben und steht im Einklang mit den Zieldefinitionen der Bundesregierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Der Bruttostromverbrauch bildet das gesamte Stromsystem eines Landes ab.

Eine andere Möglichkeit ist, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung zu messen. Sie umfasst die gesamte in Deutschland erzeugte Strommenge, also auch die exportierten Strommengen. Der Anteil Erneuerbarer Energien im ersten Halbjahr 2021 auf Basis der Bruttostromerzeugung beträgt rund 42 Prozent.

Kommentare von BDEW und ZSW

„Um die ambitionierten Klimaziele im Klimaschutzgesetz und European Green Deal zu erreichen, müssen wir das Ausbautempo deutlich anziehen. Für das höhere CO2-Einsparziel ist ein Anteil von mindestens 70 Prozent erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis 2030 erforderlich“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Neben einer Beschleunigung des Windenergie-Ausbaus an Land durch mehr Genehmigungen und Flächenausweisung brauchen wir auch einen echten PV-Boom mit einem Zubau von mindestens zehn Gigawatt pro Jahr. Gelingen kann das mit einem konsistenten Instrumentenmix aus finanziellen Anreizen für Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger, mehr Flexibilität bei der Wahl der Nutzung des erzeugten PV-Stroms und eine deutliche Entbürokratisierung rund um den Bau und die Nutzung von PV-Anlagen. Zudem müssen Bund und Länder mehr Flächen für Photovoltaik-Anlagen bereitstellen, zum Beispiel durch eine PV-Pflicht für öffentliche Neubauten oder innovative Konzepte wie Agri-PV oder schwimmende Solar-Anlagen.“

Professor Frithjof Staiß, geschäftsführender Vorstand des ZSW, fügt hinzu: „Der Beschluss des neuen Klimaschutzgesetzes ist von großer Bedeutung, aber auch von großer Tragweite. Die Weichen müssen jetzt zeitnah gestellt werden. Dies ist umso dringlicher, weil aus Sicht von Planungsprozessen und Investitionsentscheidungen 2030 schon morgen und 2045 praktisch übermorgen ist. Für die erneuerbaren Energien erscheinen die Beschlüsse viel zu vage. Denn unbeantwortet bleibt die Frage, durch welche Maßnahmen sichergestellt werden soll, wie der Photovoltaik-Zubau gegenüber 2020 verdoppelt und der Zubau bei der Windenergie an Land sogar verdreifacht werden soll – und zwar nicht am Ende der Dekade, sondern bereits ab dem kommenden Jahr über die ganze Dekade hinweg. Schon allein aufgrund der Flächenverfügbarkeit und der langen Vorlaufzeiten bei größeren Projekten muss hier schnell gehandelt werden. Zudem ist klar, dass eine deutliche Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien nicht konfliktfrei bleiben wird. Auch hier muss die Bundesregierung sehr viel mehr anbieten, als mit dem Sofortprogramm 2022 beschlossen wurde.“

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