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Enzymatisch-mechanisches Verfahren Erbsenschalen endlich industriell verwerten

Viele wissen den Geschmack von Erbsen zu schätzen. Aus ihren Schalen lassen sich bislang aber kaum Mehrwerte generieren.

Bild: iStock, sbayram
15.04.2021

Bislang erzielen Nebenprodukte der Erbsenverarbeitung keine große Wertschöpfung. Sie landen meistens in Tierfutter. Nun ist einem Forscherteam der Universitäten Berlin und Hamburg ein Durchbruch bei der Verwertung der nährstoffreichen Schalen gelungen.

In Deutschland werden jährlich mehr als 150.000 t Erbsen verarbeitet. Die Schale macht dabei rund zwölf Prozent der Gesamtmasse einer Erbse aus und fällt als Nebenprodukt bei der Stärke- und Proteingewinnung an. Sie enthält mehr als 80 Gewichtsprozente Ballaststoffe und ist reich an bioaktiven sekundären Pflanzenstoffen.

Allerdings besitzen Erbsenschalen nur geringe technofunktionelle Eigenschaften. Das liegt an der kompakten Struktur ihrer Zellwandpolysaccharide. Es lohnt sich daher nicht, sie wieder der Lebensmittelproduktion zuzuführen.

Das soll sich in Zukunft ändern: Lebensmitteltechnologen haben es geschafft, die Eigenschaften und Nährwerte mittels eines neuen Verfahrens zu verbessern.

Erbsenfasern gezielt verändert

Entwickelt wurde das enzymatisch-mechanische Verfahren von Forschern der TU Berlin und der Universität Hamburg. Sie fanden heraus, dass sich die Wasserbindungseigenschaften von Erbsenschalen verbessert, wenn sie mittels Hochdruckhomogenisierung oder Mikrofluidisierung nassmechanisch behandelt werden. Außerdem setzt der Prozess die beiden Sekundärmetabolite Saponin und Flavonoid frei.

Der Effekt ist umso ausgeprägter, je geringer die erzielte Partikelgröße ausfällt. Hatten über 90 Prozent der Partikel einen Durchmesser von unter 80 μm, entstanden stabile viskoelastische Suspensionen.

Durch eine zusätzliche enzymatische Vorbehandlung konnten die Lebensmitteltechnologen zudem die technofunktionellen Eigenschaften von Erbsenfasern gezielt beeinflussen und zugleich deren Gehalt an Saponinen senken. Dabei führte der Einsatz von Zellulase zu Suspensionen mit einer moderaten Viskosität, die Kombination von Zellulase mit Hemizellulase zu Fasern mit einer hohen Wasserbindung (circa 35 g Wasser pro Gramm unlöslicher Faser) und zur Ausbildung stabilerer Gele.

Getestet wurden darüber hinaus verschiedene Trocknungsverfahren. Dabei schnitten die im Vakuum getrockneten Faserprodukte in puncto Wasserbindekapazität ebenso gut ab wie manche kommerziell angebotenen Ballaststoffe. Nach Einschätzung des Forscherteams spricht zudem vieles dafür, dass eine kommerzielle Nutzung der Fasern zur Gewinnung von Saponinen und Flavonoiden möglich ist. Das soll jedoch nur bei einzelnen Sorten mit außergewöhnlich hohen Gehalten dieser Sekundärmetabolite sinnvoll sein.

Verfahren in der Praxis umsetzbar

Die Ergebnisse sind grundsätzlich für alle Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette von Lebensmitteln interessant, bei denen zellulosereiche Fasermaterialien als Nebenprodukt anfallen. Aus diesen lassen sich dann funktionelle Lebensmittelzutaten erzeugen, die sich wiederum für Anwendungen eignen, in denen eine gute Wasserbindung notwendig ist.

Aufgrund der Eigenfarbe und des Eigengeschmacks von Erbsenfasern ist ein Einsatz allerdings bisher auf Produkte begrenzt, deren Qualität dadurch nicht beeinträchtigt wird. Denkbar sind hier etwa Fleischersatzprodukte, Backwaren, Snackartikel und Convenience-Food.

In der Lebensmittelindustrie ist die eingesetzte Technik noch nicht sehr weit verbreitet; es bedarf entsprechender Investitionen. Die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln und speziell Pflanzenproteinen dürfte das Verfahren nach Ansicht der Forscher allerdings wirtschaftlich interessant machen.

Details zum Projekt

Hintergrund

Das BMEL förderte das dreijährige Forschungsprojekt mit 280.000 Euro in seiner Eiweißpflanzenstrategie. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) betreute dabei die Arbeiten des Forschungsteams als Projektträger. Der offizielle Titel des Forschungsprojektes lautet „Erbsenfaser 2.0 – Neue Konzepte zur Erhöhung der Wertschöpfung und zur Optimierung der organofunktionellen sowie nutritiven Eigenschaften der bei der Erbsenverarbeitung anfallenden faserreichen Nebenprodukte“.

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