Desinfektion in Lackieranlagen Bakterien mit Elektroimpulsen abtöten

Die Elektroimpulsbehandlung setzt Zellen einem elektrischen Feld aus. Da das Verfahren rein physikalisch wirkt, entwickeln die Bakterien keine Resistenzen dagegen – im Gegensatz zu Bioziden.

Bild: Eisenmann
09.05.2017

Gegen dieses Mittel ist keine Bakterie resistent: Das KIT hat ein ressourcenschonendes Verfahren entwickelt, um Industriewässer und Lacke mit Elektroimpulsen zu säubern. Denn: Auf Wasser basierende Lacke sind anfällig für die Ausbreitung von Mikroorganismen - vor allem in großen Lackieranlagen ein ein Problem.

Die meisten Lacke, sei es im Haushalt oder in der Industrie, nutzen heute Wasser als Grundlage und sind umweltfreundlicher als solche mit Lösemitteln. Sie haben jedoch einen Nachteil: Mikroorganismen wie Bakterien können sich darin ausbreiten. Das betrifft auch Lackieranlagen in der Automobilbranche und anderen Industriezweigen.

Die industrielle Wässer und Lacke künftig nachhaltig entkeimen zu können, ist das Ziel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekts „Dekontamination von industriellen Wässern und Lacken“ (DiWaL). Gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie haben die Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) nun eine neue Elektroimpuls-Technik entwickelt.

Kratzer im Lack durch Bakterien

Bevor ein Auto eine Decklackschicht erhält, muss die Karosserie zunächst gereinigt und vorbehandelt werden. Zudem erhält sie eine Schicht, die vor Korrosion schützt. Das geschieht in der Oberflächenvorbehandlung und in der elektrophoretischen Tauchlackierung. Letzteres ist ein elektrochemisches Verfahren, das über ein Gleichspannungsfeld im Tauchbad einen gleichmäßigen Lackfilm ermöglicht.

„In den verwendeten Wässern und Lacken können sich Bakterien so vermehren, dass sie die Oberflächenbeschichtung beeinträchtigen. Um sie zu bekämpfen, hat man bislang meist Biozide eingesetzt. Mit der Elektroimpulstechnologie entwickeln wir nun ein Verfahren, das ohne chemische Zusätze arbeitet. Es schont damit die Wasserressourcen und leistet darüber hinaus einen Beitrag zum Gewässerschutz“, erklärt Dr. Wolfgang Frey vom Institut für Hochleistungsimpuls- und Mikrowellentechnologie (IHM) des KIT und Koordinator des DiWaL.

Keine Bakterienresistenz gegen das Verfahren

Die Elektroimpulsbehandlung setzt Zellen, wie beispielsweise Mikroorganismen, einem elektrischen Feld aus. Dieses polarisiert die Zellmembran. Dadurch öffnen sich wässrige Poren, die letztendlich zum Absterben der Mikroorganismen führen. Dieses Phänomen wird großtechnisch zur effektiven Gewinnung von Zellinhaltsstoffen und zur Abtötung von Mikroorganismen genutzt („kalte Pasteurisation“).

Da die Elektroimpulse rein physikalisch wirken, können Bakterien keine Resistenz gegen dieses Verfahren entwickeln - anders als bei gängigen Bioziden.

Sparsamer Wasserkreislauf

In der Automobilherstellung ist die Lackierung der Karosserie der Bereich mit dem höchsten Wasserverbrauch (bis zu 600 Liter pro Karosserie). Deshalb steht auch die Integration der Elektroimpulstechnologie in ein neues, automatisiertes und ressourceneffizientes Wassermanagement- und Anlagenkonzept für Vorbehandlung und Tauchlackierung im Fokus des DiWaL. Ein solches befindet sich derzeit ebenfalls in Entwicklung.

Das Konzept soll ermöglichen, Wasser in der Fabrik besser im Kreislauf zu führen und weniger Frischwasser zu verbrauchen. Im Mittelpunkt der anlagentechnischen Umsetzung stehen dabei die Aspekte Qualität, Kosten und Umwelt. Wesentlich hierfür ist auch die Anwenderperspektive. Die Forscher analysieren daher die Anforderungen der Nutzer ebenso wie mögliche Hemmnisse. Die Ergebnisse fließen dann in Konzeption und technische Entwicklung ein.

Partner aus der (Automobil-)Industrie

Das Projekt bündelt Kompetenzen aus Forschung – das KIT und die Hochschule Pforzheim – und Industrie. Partner des DiWaL sind der Anlagenbauer Eisenmann SE, die beiden Lackhersteller Emil Frei und PPG sowie der Automobilhersteller BMW.

Der Fokus des Verbundprojekts liegt sowohl auf der Oberflächenbehandlung für die Automobilindustrie, etwa der kathodischen Tauchlackierung (KTL), als auch auf Anwendungen für die allgemeine Industrie, beispielsweise für die Lackierung von Industriegütern mit anodischer Tauchlackierung (ATL). Hierbei betrachten die Forscher neben der technischen auch die wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen und Anforderungen.

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