Abwasserbehandlung Gegen den Durst der Papierindustrie

FLOTTWEG SE

Dekanterzentrifugen sind geschlossene Systeme, daher sind Geruchsemissionen auf ein Minimum reduziert.

Bild: Flottweg
04.08.2017

Die Papierindustrie setzt große Mengen an Prozesswasser ein. Zudem sind die Anforderungen an die Abwasserbehandlung und an eine energiesparende Abwassertechnik hoch. Weil all dies kostspielig ist, engagieren sich Papierhersteller, ihren Wasserbedarf zu verringern.

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Papier ist bekanntlich geduldig. Jedoch wird zur Herstellung Unmengen an Wasser benötigt. Hier fallen sekündlich Entsorgungskosten an, die einen erheblichen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen. Steigen diese Kosten und die Mengen an Abfall dann massiv an, ist bei vielen Herstellern von Papier die Geduld schnell am Ende. Das russische Papierwerk Archangelsk Pulp and Paper Mill (APPM) stand vor einem solchen Problem und hat sich bei der Modernisierung seiner Anlage gegen den Einsatz von Bandpressen entschieden. Fortan vertraut das Werk auf Dekanterzentrifugen von Flottweg.

Die Herausforderung

Grundsätzlich setzen sich Abwässer von Papierfabriken aus Resten der Faserstoffe oder Substanzen wie De-Inking-Chemikalien, Bleichmittel, Prozesschemikalien und Additive zusammen. Sie besitzen einen hohen chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) und werden überwiegend in werkseigenen Kläranlagen zunächst mechanisch und anschließend vollbiologisch aufbereitet. Dabei gehen aktuelle Studien davon aus, dass 75 Prozent der Gesamtkosten bei der industriellen Abwasserreinigung, die Entsorgung ausmacht. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Faktor sind mit 21 Prozent die Kosten für den Einsatz von Polymer. Lediglich 4 Prozent machen die Energiekosten zum Betreiben solcher Entwässerungsanlagen aus. Diese Studien verdeutlichen, dass mit einer effizienten Entwässerung, deutlich Kosten gespart werden.

Vor eben dieser Herausforderung standen Ingenieure 2015 in dem russischen Papierwerk. Die Archangelsk P&P ist eines der führenden europäischen Unternehmen in der forstchemischen Industrie sowie der größte Hersteller von Kistenpappe (Wellpappe) und eines der führenden Unternehmen in der Zellstoffproduktion in Russland. Die Abteilung der Papierherstellung ist die älteste auf dem Kombinat und seit 1940 in Betrieb. Heute produziert Archangelsk P&P mehr als 350 Millionen Schulschreibhefte pro Jahr. Im Jahr 2015 wurde auch das neue Zellstoffwerk in Gang gesetzt, was in absehbarer Zukunft die Leistung der Produktion der hochwertigen Pappe auf 620 000 Tonnen pro Jahr erhöhen soll.

Schon 1996 hatte das Kombinat in sein erstes Ökologisierungsprojekt investiert, seitdem gehört die Umweltvorsorge zu den Schwerpunkten. In den vergangenen Jahren wurde eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt und dadurch die Abführung der Schadstoffe in die Umgebung reduziert. Eines der Projekte aus dieser Reihe war der Umbau der Kläranlage des Kombinats. Die dort bisher eingesetzten sechs Bandpressen hatten zwar noch Kapazitäten, erzielten jedoch nur noch mäßige Trennergebnisse von 18 bis 22 Prozent Trockensubstanz bei einem Zentrat von 200 mg/l.

Ein weiteres Problem war, dass die Menge an Abfall ein Maß erreichte, das die Deponien in der Umgebung vor große Herausforderungen stellte. Der Papierhersteller entschied sich daher aus ökologischen Gesichtspunkten dafür, den anfallenden Feststoff thermisch zu behandeln. Das neue Entwässerungssystem musste also in der Lage sein, sehr gute Trennergebnisse zu liefern, damit eine thermische Behandlung trotz alledem rentabel ist. Die Betreiber des Archangelsk P&P entschieden sich daher, die bisherigen Systeme durch modernere Anlagen zu ersetzen.

Der Vergleich

Vor der Erneuerung waren in Archangelsk sechs Bandpressen im Einsatz. Auch für die Erneuerung dachten die Ingenieure wieder über den Einsatz dieser Maschinen nach, da die Bandpresse, in Verbindung mit faserhaltigem Abwasser ein gutes Entwässerungsaggregat darstellt. Heutige Prozesse arbeiten jedoch effizienter und führen einen Großteil der Fasern bereits vor der eigentlichen Entwässerung aus dem Abwasser ab. Dies hat zur Folge, dass der Filterkuchen keine gute Pressbarkeit aufweist, da die Flüssigphase inkonstant ist. Um dem entgegenzusteuern, versuchen viele Betreiber, dem Filterkuchen zusätzlich Kalk beizumischen und mehr polymeres Flockungsmittel einzusetzen. Die Folge: Der Einsatz von Betriebsstoffen steigt.

Dagegen steht die Entwässerung mittels Zentrifuge. Dekanter sind sogenannte Vollmantelschneckenzentrifugen, die es ermöglichen, größere Feststofffrachten kontinuierlich zu entwässern. Im Vergleich zur Bandpresse vereint diese Maschine mehrere Vorteile in sich. Dekanter zeichnen sich durch die kompakte Bauweise aus und sind daher platzsparender – rund ¼ weniger Platzbedarf. Zudem ist eine Zentrifuge ein geschlossenes System. Das hat zur Folge, dass die Geruchsbelästigung abnimmt und somit auch keine zusätzlichen Entlüftungsanlagen installiert werden müssen. Weiter ist der Bedien- und Reinigungsaufwand geringer als bei vergleichbaren Systemen. Die beiden entscheidenden Punkte sind jedoch folgende: Ein Dekanter benötigt weniger Waschwasser, und die Dekanterzentrifuge erzielt in nahezu allen Bereichen bessere Trennergebnisse.

Mit diesen Argumenten im Hinterkopf luden die Betreiber der Archangelsk P&P das Unternehmen Flottweg zu Testläufen mit der Dekanterzentrifuge ein. Flottweg lieferte innerhalb weniger Wochen eine mobile Testanlage im Container in die Hafenstadt in Nordrussland. Die Resultate waren eindeutig: Die Bandpressen erreichten zirka 18 bis 22 Prozent Trockensubstanz bei einem Zentrat von 200 mg/l. Die Dekanterzentrifuge von Flottweg erzielte dagegen zirka 28 bis 29 Prozent Trockensubstanz bei einem Zentrat um die 80 mg/l. Versuche auf weiteren Anlagen bestätigen diese Ergebnisse. In der Regel werden mit modernen Dekantern etwa fünf Prozent höhere Trockenstoffwerte im Feststoff erzielt, bei gleichzeitig 50 Prozent geringerem Polymerbedarf. An dieser Stelle sei ausdrücklich erwähnt, dass bereits eins bis zwei Prozent Unterschied in der Trockensubstanz Auswirkungen auf das Volumen und die Masse des ausgebrachten Schlamms haben und damit einen Einfluss auf die Entsorgungs- und Transportkosten.

Das Ergebnis

Nach intensiven Vergleichen und Tests beider Systeme entschied sich die Archangelsk P&P schlussendlich dafür, fünf Dekanterzentrifugen gemeinsam mit Flottweg zu installieren. Dabei nahmen Monteure die Integration der neuen Maschinen in zwei Schritten vor. Sie brachten die Zentrifugen nach und nach in Betrieb und ersetzten so schrittweise die bisherigen Bandpressen. Zum aktuellen Zeitpunkt laufen drei Flottweg-Dekanter rund um die Uhr. Die zwei weiteren kann der Papierhersteller optional zuschalten, um Kapazitätsschwankungen im Betrieb aufzufangen.

Erste Auswertungen zeigen, wie reibungslos der Übergang von der Bandpresse zum Dekanter funktioniert hat. Ein Dekanter von Flottweg allein verarbeitet rund 50 m3 an Schlamm pro Stunde. Das ist ungefähr 1,5- bis 2-mal so viel wie eine Bandpresse zuvor. Dabei fahren die Dekanter nicht einmal auf voller Auslastung. In Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Schlamms, können die Maschinen bis zu 130 m3 pro Stunde verarbeiten.

Aufgrund einer guten Auftragslage und einer auf Hochtouren laufenden Produktion stiegen bis vor Kurzem die Entsorgungskosten der Archangelsk P&P stark an. Die bisherigen Entwässerungssysteme konnten die Massen an Schlamm nicht mehr effizient behandeln.

Sparen bei der Abwasseraufbereitung

Als Folge dessen fasste die Geschäftsleitung den Beschluss, die Abwasserbehandlung effizienter zu gestalten. Vergleichstests zwischen unterschiedlichen Systemen ergaben, dass die Dekanterzentrifuge das mit Abstand stimmigste Gesamtkonzept darstellt.

Ein Jahr nach Vergabe des Auftrages sind fünf große Dekanter von Flottweg in der Abwasseraufbereitung der Archangelsk P&P im Einsatz. Neben den gesunkenen Betriebskosten, dem geringeren Platzbedarf und den Vorteilen eines geschlossenen Systems, sorgen vor allem die bessere Entwässerungsleistung und die großen Verarbeitungskapazitäten für Begeisterung bei den Betreibern.

Dabei konnte noch ein weiteres, ursprüngliches Ziel erreicht werden: Der entwässerte Faulschlamm ist so trocken, dass er vollständig thermisch behandelt werden kann. Die Ausbringung auf Deponien konnte so komplett eingestellt werden und die gewonnene thermische Energie wird nun verwendet, um das Werk mit Strom zu versorgen.

Bildergalerie

  • Ein Blick in das Kontrollzentrum: Die Bedienung der Zentrifugen ist mit der automatischen Prozessüberwachung angenehm.

    Ein Blick in das Kontrollzentrum: Die Bedienung der Zentrifugen ist mit der automatischen Prozessüberwachung angenehm.

    Bild: Flottweg

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