Industrie 4.0 im Mittelstand Zwischen Mensch und Maschine

 

27.05.2015

Industrie 4.0 macht auch vor kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht Halt. Doch sind es gerade diese Unternehmen, die sich bei der Umstellung auf automatisierte Prozesse schwertun. Je nach Einsatzgebiet müssen unterschiedliche Herausforderungen bei der Integration neuer Geräte bewältigt werden. Für die Maschinenhersteller bedeutet das, hoch individualisierte Produkte und Serviceleistungen zu liefern.

Der Begriff Industrie 4.0 beschreibt ein Konzept, das auf autonome, selbststeuernde, wissensbasierte und sensorgestützte Produktionssysteme setzt. Vielversprechend klingen die Möglichkeiten: Individualisierte Produkte und eine flexibilisierte Serienproduktion sollen sich künftig realisieren lassen, ebenso wie automatisch synchronisierte Datenbestände. Fakt ist jedoch: Für viele Produzenten liegen das digitale Zeitalter bei der Prozessautomatisierung und die selbstständig arbeitende Fabrik noch in weiter Ferne. In die Jahre gekommene Maschinen, die den neuen Anforderungen nicht mehr entsprechen und hohe Kosten für die Aufrüstung oder Neuanschaffung: Das ist oft der Alltag in mittelständischen Unternehmen bei der Umstellung auf einen höheren Automatisierungsgrad. Hier kommt es drauf an, einen Produzenten zu wählen, der hoch individualisierte Produkte und einen Service vertreibt, der auch Maschinen anderer Anbieter wartet. So muss ein Unternehmen unter Umständen nicht die ganze Produktionslinie, sondern nur einzelne Maschinen austauschen, um seine Prozesse zu automatisieren.

Die richtige Sprache sprechen

„Probleme bei der Umrüstung von einzelnen Komponenten auf neuere Geräte treten besonders dann auf, wenn unterschiedliche Teile der Maschine verschiedene Sprachen sprechen,“ erklärt Robert Keller, Vice President Service Global bei Bizerba. Beispielsweise haben Befehlszeichen je nach System eine andere Bedeutung oder sie sind auf neueren Geräten erst gar nicht angelegt. Damit es an diesen Schnittstellen zu keinen Missverständnissen kommt, gilt es, entsprechende Befehle anzupassen und danach auf Wartezeiten und Antworten des EDV-Systems zu prüfen. „Ein Großteil der individualisierten Lösungen spielt sich genau in der EDV ab. Da es hier viele unterschiedliche Anbieter und selbstverständlich auch firmeneigene Software gibt, müssen die Schnittstellen entsprechend aufeinander abgestimmt werden“, erklärt Keller. Beim Implementieren der Hardware, also der Maschine selbst, können nur Abmessungen wie Größe oder Höhe ein Problem darstellen. Diese mechanischen Anpassungen lassen sich jedoch in der Regel schnell und bereits im Vorfeld vornehmen, sodass das Gerät nur noch in Betrieb genommen werden muss.

Zwar sind bis zu diesem Stadium schon einige Etappen in der Produktion durchlaufen, dem Bereich der an- und abschließenden Kontrolle durch Maschine und Mensch kommt jedoch eine zentrale Rolle zu. „Damit wir bestmögliche Prozesssicherheit garantieren können, muss besonders diese Schnittstelle reibungslos funktionieren“, erklärt Richard Schick, Industry Sales Director, Market Organization Germany bei Bizerba.

Ausfallsicherheit erhöhen

Um diesen wichtigen Kontrollaspekt so einfach und effizient wie möglich zu gestalten, braucht ein Unternehmen übersichtliche Terminals, die sich idealerweise auch in explosionsgefährdeten Bereichen einsetzen lassen. Wenn das Terminal dabei an mehrere Lastaufnehmer angeschlossen werden kann, erhöht der Betrieb damit seine Ausfallsicherheit. Sollte eine Wiegeeinheit nicht funktionieren, kann die Produktion auf den anderen ausweichen. Moderne Industrieterminals enthalten neben den wägetechnischen Funktionen zudem Programme für die Bereiche Zählen, Dosieren und Toleranzkontrolle. Weicht der Istwert vom Sollwert ab, dosiert das Terminal automatisch nach. Verfügen Terminals zusätzlich über einen selbstständigen Lernmodus, kennen sie nach einer kurzen Trainingsphase beispielsweise das Fließverhalten eines Produktes und können so eigenständig Ventile öffnen und schließen.

Damit an diesem Punkt die Schnittstelle zum Menschen funktioniert, ist es unabdingbar, ein übersichtliches Display zu haben. Es sollte relevante Informationen so detailliert darstellen, dass der Bediener schnell die wichtigsten Informationen überblicken kann. Vereinfachte Toleranzkontrolle durch farbige Darstellung und exaktes Anzeigen von Messwerten sind Punkte, die ein modernes Terminal erfüllen sollte. Lässt sich dieses zusätzlich problemlos in bestehende Fertigungsreihen integrieren, können auch kleinere Unternehmen sich für Maschinen entscheiden, die für die eigenen Ansprüche am besten geeignet sind.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist neben der Kontrolle des Inhalts die Überwachung des Gewichts. Mithilfe von automatischen Kontrollwaagen kann der Hersteller sicherstellen, dass keine fehlgewichtigen Produkte in den Umlauf geraten. Sie steuern gleichzeitig den Packungsfluss, indem sie Waren nach frei definierten oder gesetzlich vorgegebenen Gewichtsklassen kategorisieren und sortieren. Hat ein Checkweigher zusätzlich noch einen integrierten Metalldetektor, kann dieser den Kontrollprozess optimieren. Mit Fremdkörpern verunreinigte Verpackungen sortiert beispielsweise ein Pusher aus der Produktion aus. „Diese integrierten Prozesse führen dazu, dass ein Unternehmen nachhaltig Kosten einsparen kann. Wir statten es speziell nach den individuellen Bedürfnissen aus“, ergänzt Schick.

Kein Stillstand

Wie in jeder anderen Branche ist eine schnelle Reaktion auf Störfälle unabdingbar. Doch auftretende Probleme können bei jedem Unternehmen anders aussehen. Ein Totalausfall verlangt einen anderen Einsatz als ein blinkendes Licht in einer Kontrollwaage. Im Notfall sollte deswegen ein Bereitschaftsdienst zur Verfügung stehen, der das Problem vor Ort zu jeder Zeit lösen kann. Zukünftige Modelle werden jedoch in die Richtung von e-Serviceverträge gehen, die es dem Techniker ermöglichen, aus der Leitzentrale auf das Gerät zuzugreifen, die Störung zu analysieren und sie gegebenenfalls remote zu beheben. So muss nicht erst ein Mitarbeiter zum Kunden fahren, um herauszufinden, wo das Problem liegt. Im Zweifel hat er bereits alle Materialien zur Hand, die er zur spezifischen Reparatur benötigt. Diese Kommunikation von Maschine zu Maschine – kurz M2M – wird in der Zukunft Serviceprozesse erheblich vereinfachen und optimieren. Keller ergänzt: „Im Grunde ‚stricken’ wir für jeden Kunden das passende und benötigte Servicepaket aus unseren einzelnen Servicemodulen.“

Auch wenn die Industrie 4.0 einen zunehmenden Automatisierungsgrad mit sich bringt, lässt sich dieser nur dann erreichen, wenn parallel dazu an individualisierten Lösungen gearbeitet wird. Besonders in der Metall-, Elektro- und Chemie-Industrie ist dies unausweichlich, da bei einem so breiten Abnehmerumfeld Generallösungen nur kurzfristig einen Mehrwert bieten.

Bildergalerie

  • Das Industrie Terminal iS 30 kann zählen, wiegen, kontrollieren und auch dosieren.

    Das Industrie Terminal iS 30 kann zählen, wiegen, kontrollieren und auch dosieren.

    Bild: Bizerba

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