Transformation Ein entscheidendes Kriterium sichert das Überleben

Dr. Gunther Kegel ist neben seiner Rolle als Vorstandsvorsitzender bei Pepperl+Fuchs auch Präsident des VDE. Seine Laufbahn bei Pepperl+Fuchs begann er schon im Jahr 1990. Bis er 2001 zum Vorsitzenden der Geschäftsführung berufen wurde, hatte er zahlreiche leitende Positionen innerhalb des Unternehmens inne. Des Weiteren ist Kegel äußerst aktiv im Zentralverband der Elektroindustrie Deutschland (ZVEI). Von 2007 bis 2019 war er dort Vorsitzender des Fachverbandes Automation und seit 2020 ist er Präsident-elect des Verbandes.

Bild: Pepperl+Fuchs
01.10.2020

Die Digitalisierung stellt die gesamte Industrie vor gewaltige Herausforderungen. Doch Vorsicht, man darf nicht blind jedem Trend hinterherlaufen, warnt Dr. Gunther Kegel, Vorstandsvorsitzender von Pepperl+Fuchs. Wie brandgefährlich eine überstürzte Plattformentscheidung für Mittelständler sein kann, was überlebenswichtig für Automatisierer ist und wie disruptives Denken gehandhabt werden muss, erklärt Dr. Kegel ebenfalls im Gespräch mit A&D.

Dr. Gunther Kegel ist mit diesem Beitrag im A&D-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Automation vertreten. Alle Beiträge des A&D-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen .

Fangen wir mit einer Zeitfrage an. Wie schaffen Sie es neben Ihrer Rolle als Vorstandsvorsitzender von Pepperl+Fuchs auch noch als Präsident beim VDE und Präsident-elect beim ZVEI aktiv zu sein?

Man hat ja am Tag 24 Stunden Zeit, wenn das nicht reicht, nimmt man die Nacht noch dazu (lacht). Nein, wir haben in unserem Unternehmen Pepperl+Fuchs ein sehr funktionsfähiges Team aufgebaut, woraus eine gewisse Entlastung für die Verbandsarbeit resultiert. Und von der Arbeit im ZVEI und beim VDE profitieren wir natürlich auch als Pepperl+Fuchs. Durch das Engagement bei den Verbänden bekommen wir sehr tiefe und frühzeitige Einblicke in wirtschaftliche, technologische und auch politische Trends, die man gewinnbringend in die eigene Unternehmensstrategie einfließen lassen kann. Schon aus diesem Grund können wir Unternehmen aus unserer Industrie nur dazu animieren, sich aktiv bei den Verbänden einzubringen. Sie bekommen hier eine direkte Rückkopplung, es werden Meinungsbilder zusammengetragen und alleine dabei sieht man schon, ob in bestimmten Märkten ein allgemeines oder ein eigenes, hausgemachtes Problem besteht. Auch wenn es um aktuelle Megatrends wie die Digitalisierung geht, sind wir in den Verbänden am Puls der Zeit und forcieren und etablieren Standards, damit unser Industriestandort maßgeblich davon profitiert.

Heute redet alles von Digitalisierung. Wenn Sie zurückblicken, wann haben Sie begonnen, die Prozesse innerhalb Ihres Unternehmens zu digitalisieren?

Als wir Ende der 90er Jahre unser erstes großes, geschlossenes Warenwirtschaftssystem eingeführt haben und wirklich flächendeckend alle Unternehmensprozesse aus einem einzigen Datenbanksystem heraus bedient haben. Es gibt hierfür ein schönes Beispiel aus den 90ern, als ich bei Pepperl+Fuchs angefangen habe: Wenn ein Kunde angerufen hat, dann ist er über die Zentrale an den technischen Innendienst vermittelt worden – und mit etwas Glück ging auch jemand ans Telefon. Benötigte der Kunde ein Datenblatt, so ist der Kollege aufgestanden, ins Archiv gegangen, hat das Datenblatt geholt, kopiert, zurückgebracht und die Kopie gefaxt und in ein Kuvert gepackt und verschickt. Heute müssten wir dafür bei rund 100.000 Datenblatt-Downloads pro Tag 1.500 Mitarbeiter alleine dafür einstellen. Aktuell ist bei uns aber jedes Produkt vollständig digitalisiert, inklusive der zugehörigen Dokumentation, Datenblätter, Sicherheitswarnhinweise und Zertifikate. Dieses digitale Abbild ist in unserer zentralen Datenbank und kann in unterschiedlichen Formaten bereitgestellt werden – für die interne Verwendung oder für den Kunden – wenn er beispielsweise den digitalen Zwilling eines Sensors in seine Engineering-Umgebung einlesen will.

Schreitet die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen für Sie schnell genug voran?

Wenn man weiß, welche enormen Effizienzpotenziale durch die Digitalisierung noch möglich sind, dann schreitet sie natürlich nie schnell genug voran. Aber wir müssen immer auch unsere Mitarbeiter auf diese Reise mitnehmen. Es macht ja keinen Sinn, dass wir nachher sagen, wir haben jetzt einen digitalen Prozess eingeführt und beschäftigen weiterhin noch siebzig Mitarbeiter, die in der alten, „analogen“ Welt zurückgeblieben sind. Durch die Digitalisierung wird es viele neue und sich ändernde Tätigkeiten in unserem Unternehmen geben, für die wir unsere Mitarbeiter begeistern können. Anstatt mit der Brechstange zu agieren, müssen wir die Mitarbeiter dazu auffordern, die Digitalisierung mit uns zu gestalten. Und Mitarbeiter, die heute tatsächlich noch Daten von A nach B „händisch“ übertragen, weil unsere Systeme noch nicht überall durchgängig sind, die werden künftig beispielsweise unsere zentrale Datenbank pflegen, damit unsere Stammdaten aller Produkte immer aktuell und zu 100 Prozent korrekt sind. Dafür brauchen wir Mitarbeiter, die sich mit Produkten auskennen, sie schon mal in der Hand hatten und merken, wenn etwas nicht stimmt. Das kann längst noch keine Künstliche Intelligenz oder ein Datenanalyst.

Es ändern sich durch die Digitalisierung und Industrie 4.0 aber nicht nur interne Prozesse, auch Ihre Produkte wie Sensoren verkaufen sich doch nicht mehr so wie noch vor einigen Jahren, oder?

Das stimmt, statt Komponenten werden zunehmend Lösungen verkauft, die eine Aufgabenstellung des Kunden lösen oder ihm anderweitige Vorteile bringen. Doch auch hier dürfen wir nichts überstürzen, denn im Moment leben wir noch mehrheitlich vom Verkauf der Automatisierungsprodukte und Systeme – und wir haben Vertriebsspezialisten, die das leidenschaftlich gerne und gut machen. Aber der Wandel hin zum stärker lösungsorientierten Vertrieb ist nicht aufzuhalten. Das heißt, wir reden mit dem Kunden nicht mehr über die Vorteile unseres Sensors, sondern über die Lösung eines Problems oder einer Aufgabenstellung, die durch unseren Sensor herbeigeführt wird. Und das ist leichter gesagt als getan, für den Kunden einen Mehrwert zu generieren, damit er unseren Sensor kauft…

... denn hier ist fundiertes Applikationswissen notwendig!

Ja, Applikationswissen! Aber vor allem zunächst mal die Überzeugung, dass der Kunde nichts kauft, was für ihn keinen Mehrwert generiert. Wir müssen also einzigartig sein, um uns von der Konkurrenz zu unterscheiden. Die Lösung muss aber auch wertschöpfend sein, damit der Kunde einen Gewinn für sich sieht. Denn nur einzigartig zu sein, aber keinen Nutzen zu stiften, macht wenig Sinn. Auf der anderen Seite viel Nutzen zu stiften, aber nicht einzigartig zu sein, macht das Produkt zur Commodity, das heißt, man wird zu stark vergleichbar. Beides braucht man also! Genau das sind die künftigen Herausforderungen für den Vertrieb und das Produktmanagement. Was macht unser Produkt einzigartig? Und welchen Nutzen stiftet es? Wie kann man es berechnen? Kann man dem Kunden sagen, wenn er unser Produkt einsetzt, spart er bei dieser Applikation fünftausend Euro im Jahr – also ist es überhaupt kein Problem, tausend Euro für die Komponente auszugeben. Hier stehen wir und die ganze Industrie noch ziemlich am Anfang. Allerdings haben wir in einigen Bereichen – wie unserem Unternehmen VMT für Bildverarbeitungslösungen – auch schon sehr viel erreicht. Da geht es nur um Lösungen und wir stellen fest, wir sind immer dann wirklich gut, wenn diese Lösungen rund um ein Pepperl+Fuchs Produkt gebaut werden, das eine bestimmte Alleinstellung hat.

Wenn Sie gerade die Bildverarbeitung erwähnen, hier avanciert zum entscheidenden Alleinstellungsmerkmal die Leistungsfähigkeit der Software. Haben Sie da als klassischer Hersteller von Komponenten nicht die Sorge, dass Ihre Hardware wie Sensoren immer austauschbarer wird?

Das sehen wir überhaupt nicht so! Für Automatisierer wie uns wird die Kombination aus Hardware und Software das entscheidende Kriterium, um im Markt überleben zu können. Diejenigen, die sich von der Hardware verabschieden und nur noch Software machen, werden sich umschauen, wie schnell auch das zur Commodity wird und wie schwer man sich gegen billige Programmierressourcen durchsetzen kann. Und diejenigen, die nur auf Hardware setzen, die haben in der Tat das Problem, dass sie gegebenenfalls abgehängt werden, weil zum Schluss der Kunde sagt: „Das Programm gefällt mir gut, es ist einfach zu bedienen, ob der eine oder der andere Sensor dort integriert ist, ist nicht entscheidend.“ Also die Kombination aus beidem ist unserer Meinung nach ganz wichtig und deswegen haben wir in den vergangenen Jahren sehr viel in diese Richtung investiert. Die Hälfte unserer Entwicklungsingenieure beschäftigt sich inzwischen immer auch mit Softwarethemen – egal ob es sich um Tools, Applikationen oder die Firmware zum Beispiel im Sensor handelt.

Wenn wir im Zeitalter der Digitalisierung und Industrie 4.0 von Software sprechen, dann geht es schnell um Cloud-Lösungen, Data Analytics und Künstliche Intelligenz. Wie kann sich hier ein Mittelständler noch über die Software differenzieren?

Er muss die Daten in seinen Komponenten schon passend vorverarbeiten, filtern und nur die wichtigen Informationen auf intelligente Art und Weise weitergeben. Er muss Tools für die Parametrierung und das Monitoring der Daten mit hohem Nutzen anbieten, er braucht Softwaremodule, die sich einfach in Automatisierungslösungen einbinden lassen. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie sich Anbieter von Automatisierungskomponenten durch Software differenzieren können. Die von Ihnen angesprochenen Themenkomplexe bleiben vermutlich den Software-Giganten vorbehalten. Hierzu nur ein Zahlenbeispiel: Amazon hat im letzten Jahr über zwanzig Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert – das ist so viel wie die gesamte elektrotechnische Industrie in Deutschland. Und da kann man nicht erwarten, dass ein einzelner Mittelständler auch nur eine ansatzweise vergleichbar gute Lösung entwickelt. Hier sollten Industrieunternehmen lernen, diese Technologien sinnvoll in Kombination mit den eigenen Lösungen zu nutzen. Wir haben durch unseren innovativen, industriellen Kern die Chance, als erstes diese Technologien in die industrielle Anwendung zu bringen. Dabei müssen wir Mittelständler höllisch aufpassen, nicht Opfer dieser Plattformökonomien zu werden, indem wir dann nur einmal das System für wenig Geld verkaufen und die Plattformanbieter zehn Jahre Gewinn aus der Nutzung der Daten abschöpfen. Hier muss vorher das Geschäftsmodell aller Beteiligten klar beziffert und geregelt werden.

Haben sich Ihre Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung schon geändert? Verkaufen Sie künftig keinen Sensor mehr, sondern bekommen Geld für Signale oder nutzbare Daten?

Diese Diskussion begann, als mal ein großes Beratungsunternehmen sagte, wenn ein Mensch zum Baumarkt geht und eine Bohrmaschine kaufen will, dann will er eigentlich keine Bohrmaschine, sondern ein Loch kaufen. Meiner Meinung nach stimmt das nicht. Löcher gibt es genug und man möchte die Bohrmaschine als sein Eigentum besitzen und Löcher bohren, wann immer man will – und nicht nur innerhalb eines Leasingzeitraums. Wird die Bohrmaschine zum Eigentum, dann wird das Gerät auch sorgfältiger und besser als ein Leasingmodell behandelt. Würden wir als Pepperl+Fuchs Sensoren nicht mehr verkaufen, sondern nur deren Funktion gegen Gebühr zur Verfügung stellen, so müssten wir die Pflege und den Abnutzungsgrad in die Kosten dieses Dienstes mit einkalkulieren – und schlagartig wäre es für den Kunden finanziell viel weniger interessant. Je größer und komplexer die Geräte allerdings werden, desto eher rechnen sich Pay-per-Use-Ansätze, wo wirklich nur noch die Leistungen der Maschine verkauft werden. Teilweise fahren wir diesen Ansatz schon, wie bei den Schäumungsanlagen unserer Tochterfirma Polyplan. Dennoch gehen wir davon aus, dass in unserer Industrie in absehbarer Zeit der Pay-per-Use-Ansatz künftig maximal zirka 10 bis 15 Prozent ausmachen wird und nicht alles auf den Kopf stellt.

Jetzt kommt Pepperl+Fuchs vom klassischen Komponentengeschäft mit Sensorik. Erwarten Kunden von Ihnen aber zunehmend die komplette Wertschöpfungskette vom Sensor bis in die Cloud?

Ja, Kunden wollen Lösungen, die bis in die Cloud „connected“ sind. Das heißt nicht, dass wir den Cloud-Service immer mitliefern, aber wir müssen die Fähigkeit haben, unsere Produkte an alle möglichen Cloud-Services per Plug&Play anzubinden. Wir sehen gerade im Maschinenbau viele Kunden, die die Connectivity aus einer Hand geliefert haben wollen: „Der gewählte Sensorhersteller, der soll bitteschön auch die Connectivity so bedienen, wie der Kunde das haben will.“ Und deswegen haben wir schon seit Jahren den Bereich der industriellen Kommunikationslösungen stark ausgebaut – beispielsweise auch durch die Übernahme des amerikanischen Unternehmens Comtrol. Wir können dem Maschinenbauer hier alles realisieren, von IO-Link über AS-Interface über die verbreitetsten Industrial-Ethernet-Lösungen und Gateways bis zu Cloud-Anwendungen.

Sind viele Maschinenbauer dennoch ganz am Anfang, was den Digitalisierungsgrad ihrer Maschinen betrifft?

Es reicht ja auch nicht aus, wenn der Sensor bis in die Cloud verbunden ist, es darüber aber keine Applikation gibt, mit der sich auf Basis der Daten neue Geschäftsmodelle gewinnbringend realisieren lassen. Wir sind aber insgesamt mit der Veränderungsgeschwindigkeit bei uns und auch bei unseren Kunden eher zufrieden – weil im Moment echt viel passiert. Ja, wir sind von dem Idealbild Industrie 4.0, wo alles sich per Plug&Play über Firmengrenzen hinweg horizontal und vertikal über den gesamten Lebenszyklus perfekt vernetzt, noch weit entfernt, aber wir bewegen uns schrittweise immer entlang des Nutzens für den Kunden hin zu diesem Idealbild – selbst wenn es noch zehn oder mehr Jahre dauert.

Weil Sie gerade neue Geschäftsmodelle erwähnt haben: Haben Sie das für IoT-Services zuständige Neoception gegründet, weil es in den eigenen Firmenstrukturen zu viel Widerstand für das New Business gegeben hätte?

Genauso war es! Wir haben ein Start-up gegründet, weil wir Mitarbeitern erlauben wollen, komplett außerhalb der „Box“ Pepperl+Fuchs zu denken und zu agieren – innerhalb der Firmenstrukturen funktioniert das nicht. Unser Management ist darauf getrimmt, das, was wir gestern getan haben, morgen ein bisschen besser zu machen. Wir bewegen uns also in einem klassischen nicht-disruptiven, kontinuierlichen Businessprozess, wir verdienen Geld mit der permanenten Verbesserung unserer Produkte und das können unsere Leute auch ausgesprochen gut. Wir können unseren Managern jetzt nicht sagen, sie sollen die Effizienz steigern und sich gleichzeitig Gedanken machen, ob diese Lösungen überhaupt noch gebraucht werden. Natürlich sind unsere Leute alle in der Lage, disruptiv zu denken. Wir bezahlen sie aber dafür, unser Kerngeschäft kontinuierlich zu verbessern. Und das blockiert Handeln und Denken für ganz neue disruptive Ansätze. In einem Start-up dagegen gibt es täglich einen Überlebenskampf, der setzt unglaubliche Energien und Kreativität frei. Unsere Kolleginnen und Kollegen von Neoception müssen natürlich nicht ums Überleben kämpfen, das sind Top-Leute, die wir mit Kusshand zurücknehmen, würde es schiefgehen. Trotzdem handeln und agieren alle mit dieser unglaublichen Energie und Kreativität. Neoception ist für uns ein Naturschutzgebiet, wo die Regeln und Zwänge innerhalb eines Konzerns wie Pepperl+Fuchs nur teilweise gelten.

Ist es dennoch gewollt, dass Ihre „nicht-disruptiven“ Abteilungen auf die Dienste von Neoception zurückgreifen?

Ja, das machen die sogar! Es ist gewollt, dass die internen Abteilungen die IoT-Services von Neoception mit in ihre Lösungen einbinden und anbieten. Benötigt ein Kunde von Pepperl+Fuchs eine Cloud-Anbindung, eine komplette Cloud-Lösung oder einen speziellen IoT-Service, so kann unser Vertrieb, der Sensoren und Connectivity-Lösungen im Gepäck hat, die Wertschöpfungskette um die Lösungen von Neoception erweitern – und alles aus einer Hand. Genau das wollten wir mit Neoception erreichen, zusätzliche – auch disruptive – Geschäftsmodelle generieren, die jeder von Pepperl+Fuchs in sein Lösungsportfolio mit integrieren kann. Entscheidend ist nur, unsere Stammabteilungen sollen es eben nicht selber machen und das Rad nochmal erfinden.

Wie gehen Sie als Pepperl+Fuchs generell mit Partnerschaften und Kooperationen um – denn auch Pepperl+Fuchs kann nicht alles selber machen?

Wir haben noch nie eine Scheu davor gehabt, in Kooperationen und Partnerschaften zu arbeiten. Und wie heißt es etwas martialisch: „Eine Hand, die man nicht abschlagen kann, muss man schütteln.“ Diese Aussage bezieht sich vor allem auf die großen vorherrschenden Plattformökonomien. Wir Industrieunternehmen müssen wie schon erwähnt nur höllisch aufpassen, dass es auch eine Win-Win-Situation für alle bleibt. Wir haben auch jede Menge Brand-Label-Geschäfte, wo wir unsere Produkte in anderen Farben an die Wettbewerber liefern. Wenn also auf Dauer für beide Seiten Vorteile entstehen, dann machen wir Partnerschaften sogar sehr gerne. Berührungsängste gibt es hier absolut nicht, das wäre ja auch fatal in Zeiten von Industrie 4.0. Mehr Sorge bereitet uns, dass das Thema Digitalisierung gefühlt an wahrscheinlich 200 verschiedenen Stellen irgendwie genormt und standardisiert wird. Und das schaffen wir als Mittelständler nicht mehr, in allen Normgremien aktiv zu sein. Hier kommt wieder unser Plädoyer für die Wichtigkeit der Verbände, denn sie setzen sich aktiv für die Belange unserer Industrie ein. Aktivität in Verbänden ist für uns eine sehr wichtige Partnerschaft.

Welche persönlichen Ziele haben Sie für die nächsten Jahre als Vorstandsvorsitzender bei 
Pepperl+Fuchs?

Unser ganz klares Ziel ist eine Milliarde Euro Umsatz bis 2025 mit der Pepperl+Fuchs Gruppe zu erreichen. Und das wollen wir durch einen gesunden Mix aus organischem Wachstum und sinnvollen Akquisitionen schaffen. Natürlich ist das ein Ziel und keine Garantie. Wenn uns hier eine eventuell bevorstehende Wirtschaftskrise aufgrund der Pandemie mit COVID-19 im organischen Wachstum einbremsen sollte, dann werden wir trotzdem nicht mit Gewalt Firmen aufkaufen, nur, um den Umsatz darzustellen. Sollte es wider Erwarten also etwas langsamer gehen, dann warte ich mit dem Ruhestand notfalls bis ich 90 bin und die Milliarde endlich geschafft ist – das habe ich allen bereits angedroht (lacht).

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