Nah-Infrarot-Spektrometrie Ab zum Recyclen

Bild: iStock, Paperkites
04.09.2017

Beim Sortieren der Flaschen nach Kunststoffen hilft die Nah-Infrarot-Spektroskopie. Sie ermöglicht in vielen Branchen direkt in der Fertigungslinie zerstörungsfreie Messungen von Inhaltsstoffen. Die Spektroskopie-Systeme sind modular aufgebaut und haben verschiedenste Messköpfe.

Die Ansprüche, die Verbraucher heute an Produkte stellen, steigen kontinuierlich. Betroffen davon sind ganz unterschiedliche Branchen. So gilt es bei Saatgut und Düngemittel ebenso hohe Qualitätsstandards einzuhalten wie in der Lebensmittelproduktion, zum Beispiel bei Teigwaren, Kartoffel- oder Getreideprodukten, und auch von Waschpulver erwartet der Verbraucher eine bestimmte Konsistenz. Hinzu kommt, dass bei der Produktion unnötige Folgeschritte vermieden werden müssen. Nachträgliches Trocknen oder Befeuchten beispielsweise kann Zusatzkosten verursachen. Die Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIR-Spektroskopie) ermöglicht in diesen und ähnlichen Anwendungen zuverlässige und zerstörungsfreie Messungen ganz unterschiedlicher Inhaltsstoffe direkt in der Fertigungslinie und ohne besondere Probenaufbereitung. Produkte und Prozesse lassen sich damit gleichzeitig optimieren. Die Qualität steigt, die Produktionskosten sinken und Fehlchargen werden vermieden.

Die NIR-Spektroskopie arbeitet mit Licht zwischen zirka 800 und 2.500 nm Wellenlänge. Bei der Absorption der Strahlung werden Moleküle zu Schwingungen angeregt. Aus den reflektierten Spektren können Informationen über die molekulare Zusammensetzung abgelesen werden. Diese lassen sich dann sowohl zur Identifizierung, den sogenannten Fingerprint, als auch zur Quantifizierung von Substanzen nutzen. Ein Hauptvorteil der NIR-Spektroskopie ist dabei die Handhabung, denn Licht lässt sich durch Luft oder Glasfasern fast überall hin transportieren. Außerdem können Spektrometer-Systeme entsprechend den jeweils gegebenen Produkt- beziehungsweise Prozesseigenschaften individuell angepasst werden. Dadurch eignen sie sich für Granulate und Flüssigkeiten ebenso wie für Gase und selbst Messungen durch durchsichtige Verpackungen hindurch sind möglich. Wichtige Kenngrößen wie Wassergehalt, Zusammensetzung und so weiter lassen sich aus dem NIR-Spektrum in Echtzeit ermitteln. Die zahlreichen Anwendungsgebiete dieser Spektroskopie reichen deshalb von Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung über Chemie- und Pharmaindustrie, Biotechnologie, Polymerherstellung, Petrochemie und so weiter bis hin zur Kunststoffsortierung im Recycling.

Anwendungen der NIR-Spektroskopie

Typische Anwendungen für NIR-Spektroskopie sind: den Wassergehalt landwirtschaftlicher Produkte wie zum Beispiel Getreide und Milch bestimmen, den Trocknungsgrad beim Herstellen von Teigwaren überwachen oder den Alkoholgehalt von Getränken überprüfen. Weiterhin lassen sich organische Produkte auf den Protein- (NH-Bindungen) oder Fettgehalt (CH-Bindungen) untersuchen. In der Lebensmittelproduktion sind diese Werte kosten- und qualitätsbestimmend. Anhand der direkt in der Produktion gemessenen Parameter können dann die Produktions- und Verarbeitungsschritte optimiert werden. Anders als bei Stichprobenkontrollen im Labor lassen sich so Fehlchargen und damit unnötige Kosten vermeiden. Eingesetzt zur Kontrolle des Trocknungsgrads beziehungsweise der Restfeuchte, hilft die NIR-Spektroskopie, die Trocknungszeit zu optimieren und damit sowohl Energie zu sparen als auch die Verpackungsgewichte konstant zu halten.

Eine andere Anwendung ergibt sich beim Herstellen und Recyclen von Kunststoffen. Hier können mit Hilfe der NIR-Spektroskopie verschiedene Kunststoffe unterschieden werden wie Polyethylen (PE), Polyethylenterephthalat (PET), Polypropylen (PP), Poly-
styrol (PS) sowie zahlreiche Weitere. Die hohe Messgeschwindigkeit sowie die Erkennungssicherheit sind Grundlage für den industriellen Einsatz in Sortier- und Recyclinganlagen. Bei der Produktion neuer Kunststoffe lässt sich deren Qualität mit NIR-Spektroskopie überprüfen, zum Beispiel den Wassergehalt von Polymergranulaten oder der Homogenität von Gemischen. Aus Interferenzmustern dünner Filme lassen sich zudem auch berührungsfrei Schichtdicken im Bereich von <1 µm bis zu
>100 µm ermitteln. Damit ist es möglich, die Oberflächenbeschaffenheit von Objekten zu prüfen. Eine typische Anwendung dafür ist die Beschichtung von Folien.

Flexibilität ist Trumpf

Weil die Anwendungen sehr breit gefächert sind, hat das Unternehmen Polytec seine NIR-Spektrometer-Systeme modular aufgebaut. So können diese flexibel und individuell an gegebene Produkt- beziehungsweise Prozesseigenschaften angepasst werden. Kombinationen aus Spektrometer, unterschiedlichen Messköpfen und verschiedenen Softwarepaketen ermöglichen es, eine optimierte Lösung für eine qualitative oder quantitative Online-Analyse zusammenzustellen, die zuverlässige Messergebnisse in Echtzeit liefert.

Das Herzstück bilden dabei immer die Spektrometereinheiten, die sogenannten PSS-Polychromatoren, die mit Diodenzeilen-Technik ausgestattet sind. Besonders wichtig für den Einsatz in einem industriellen Umfeld mit teilweise schwierigen Umgebungsbedingungen sind die kompakte Bauform und die robuste Konstruktion, die durch den Verzicht auf bewegliche Teile erreicht werden. Die Trennung von Spektrometer und Messkopf, beides wird über beliebig lange Lichtwellenleiter verbunden, ermöglicht zudem die Montage des Spektrometers in einem weniger problematischen Umfeld.

Da Messgüter und Installationssituationen unterschiedlich sind, gibt es eine Auswahl an spezialisierten Messköpfen. Für Stück- und Schüttgüter oder Bahnware eignet sich zum Beispiel der Distanz-Messkopf; für Flüssigkeiten, Dispersionen oder Pasten sowie für Gase, Aerosole, Rauch oder Messungen in direktem Kontakt, wird der Kontaktmesskopf oder eine Tauchsonde eingesetzt. Ein ökonomischer Aufbau ist mit Hilfe optischer Multiplexer möglich, die mehrere unterschiedliche Messköpfe mit dem gleichen Spektrometer verbinden. Dadurch ist der Anwender in der Lage, eine anwendungsspezifische Konfiguration mit ganz unterschiedlichen analytischen Fragestellungen einfach zu realisieren.

Produkte und Prozesse zugleich optimieren

Zudem unterstützen bedienerfreundliche Softwarelösungen diverse Applikationen in Labor und Industrie. Somit bietet die NIR-Spektrometrie anwendungsspezifische, leicht zu integrierende Prozesslösungen, die auf einer bewährten technischen Plattform basieren. Mit ihrer Hilfe lassen sich – mit Amortisationszeiten von in der Regel zwei Jahren – Produkte und Prozesse gleichzeitig optimieren. Ein Beispiel dafür ist die Restfeuchteermittlung, die unnötige Trocknungs- oder Befeuchtungsprozesse oder gar Fehlchargen vermeiden hilft.

Bildergalerie

  • Messköpfe für Distanz- oder Kontaktmessungen gibt es je nach den Eigenschaften der Probe und der Installationssituation in verschiedenen Ausführungen.

    Messköpfe für Distanz- oder Kontaktmessungen gibt es je nach den Eigenschaften der Probe und der Installationssituation in verschiedenen Ausführungen.

    Bild: Polytec

  • Mit einem optischen Multiplexer kann eine anwendungsspezifische Konfiguration mit verschiedenen analytischen Fragestellungen realisiert werden.

    Mit einem optischen Multiplexer kann eine anwendungsspezifische Konfiguration mit verschiedenen analytischen Fragestellungen realisiert werden.

    Bild: Polytec

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel