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Phoenix Contact Deutschland GmbH


Für Jens Borkowski, Stadtwerke Lemgo, sind Funkanwendungen eine echte Alternative.

21.02.2012

Die Stadtwerke Lemgo überwachen ihr Trinkwassernetz mit einzelnen Unterstationen, die über ein Fernwirknetz an das Leitsystem angebunden sind. Zukunftsorientiert nutzt man dort nicht nur Feldbustechnik, sondern - zur Einbindung weit entfernter Hochbehälter - auch Funkverbindungen. Die Wahl fiel auf ein proprietäres System, das im 2,4-GHz-Band arbeitet.

Mit rund 42.000 Einwohnern ist Lemgo alles andere als groß. Doch seine Stadtwerke haben sich in der Vergangenheit häufig als Vorreiter und Impulsgeber profiliert: bei der Energieerzeugung mit Sonne, Wind, Wasser und Biomasse. Auch bei der Trinkwasserversorgung setzen die Stadtwerke Maßstäbe. 15 Brunnen liefern mehr als 2,5Mio. Kubikmeter hochwertiges Trinkwasser pro Jahr. Wegen der topologischen Lage Lemgos verfügen die Brunnen über tiefe Entnahmepunkte, so das gefördertes Wasser nicht weiter aufbereitet werden muss. Um die zuverlässige Versorgung der angeschlossenen Unternehmen und Haushalte sicherzustellen, nutzen die Stadtwerke Lemgo eine umfangreiche Leit- und Fernwirktechnik. Strom-, Gas-, Fernwärme- und Wasser-Unterstationen, die auch außerhalb der Stadtgrenze verteilt sind, werden über die zentrale Leittechnik elektrisch angesteuert. Das in der Zentrale installierte Leitsystem ist mit einer S7-Steuerung von Siemens verbunden, die via Profibus-Leitung mit den Profibus-Buskopplern von Phoenix Contact kommuniziert. An jeden Buskoppler sind RS485-Kommunikationsklemmen angereiht. Mit Hilfe der Klemmen wird eine sternförmige Zweidraht-Verbindung zu verschiedenen über die Stadt verstreuten Unterstationen aufgebaut. In den Unterstationen befinden sich Inline Controller ILC 200 IB von Phoenix Contact, die für den Datenaustausch mit den Profibus-Buskopplern in der Leitzentrale verantwortlich zeichnen. Die meisten Unterstationen sind in ein Fernmelde-Leitungsnetzwerk integriert. Eine Ausnahme bildet die Unterstation in der Birkenkampstraße. Da hier keine fest verlegte Leitung vorhanden ist, suchten die Verantwortlichen nach einer alternativen Lösung. 2007 wurde diese Unterstation per Funkverbindung an die Leitzentrale angekoppelt. Von der Leitzentrale der Stadtwerke Lemgo führt eine Fernmeldeleitung bis zu einer 2,4 Kilometer entfernten Straße. Hier haben die Mitarbeiter ein Funkmodul mit serieller RS485-Schnittstelle in einen kleinen Kunststoffverteiler eingebaut, der an einem Schornstein montiert ist. An das Funkmodul ist eine 8-dBi-Panel-Richtantenne via Antennenkabel angeschlossen. Über die Richtantenne lassen sich die Funkwellen gezielt in Richtung des Empfängers an der Birkenkampstraße leiten und verstärken. In der dortigen Unterverteilung befindet sich eine Steuerung ILC 200 IB, die via serielle Schnittstelle mit einem Funkmodul kommuniziert. Die Wireless-Komponente wird dann per Überspannungsschutz-Adapter mit einer zehn Meter langen Antennenleitung an eine 8-dBi-Panel-Richtantenne angekoppelt. Diese ist an der obersten Kante eines etwa sechs Meter hohen Masts angebracht und in Richtung des Senders ausgerichtet. „Wir haben seinerzeit nach einer robusten Funklösung geforscht, die die Distanz von 2,4 Kilometern zuverlässig überbrücken kann. Darüber hinaus sollten keine laufenden Kosten anfallen“, erläutert Jens Borkowski, Fachbereichsleiter für die Leittechnik bei den Stadtwerken Lemgo. Seine Wahl fiel auf das bidirektionale RAD-Line-Serial-Funksystem von Phoenix Contact, das im 2,4-GHz-Frequenzband mit der proprietären Funktechnologie Trusted Wireless arbeitet. Über die Funkstrecke werden die beiden Hochbehälter Wiembecker Berg und Biester Berg, die der Trinkwasserversorgung dienen, befüllt.

Parallelbetrieb mehrerer Funksysteme

Der Einsatz der RAD-Line-Serial-Funkmodule erlaubt auch bei verschiedenen Funksignalwegen einen störungsfreien Betrieb. Dazu leitet das Funksystem Signale auf über 80 zur Verfügung stehenden Kanälen weiter, die in einer Bandbreite von 1 MHz auf der Grundlage eines Frequenzsprung-Verfahrens pseudozufällig durchsprungen werden. Auf diese Weise wird ein hohes Maß an Störsicherheit und Robustheit erreicht. Dabei verhält sich die Trusted-Wireless-Funktechnik freundlich zu anderen im 2,4-GHz-Frequenzband funkenden Systemen. Dies resultiert zum einen aus der Verwendung schmalbandiger Sendefrequenzen, sodass andere Frequenzspringer wie Bluetooth problemlos parallel betrieben werden können. Auf der anderen Seite lassen sich Sendefrequenzen oder Frequenzbereiche von der Nutzung ausschließen, was den gleichzeitigen örtlichen und zeitlichen Einsatz von WLAN-Systemen ermöglicht. Die Verwendung des 2,4-GHz-Frequenzbands trägt zu einer hohen elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) bei. Das Störspektrum im industriellen Umfeld, das beispielsweise von Antrieben oder Frequenzumrichtern erzeugt wird, reicht nicht bis zu dieser Frequenz, weshalb von den Geräten keine Störeinflüsse ausgehen können. Die RAD-Line-Serial-Funkmodule müssen bei der Inbetriebnahme einmalig mit einer kostenfrei erhältlichen Software konfiguriert werden. Dabei führt ein Assistent den Anwender durch die Konfiguration. Der Anwender muss lediglich die Netzwerk- sowie die Schnittstellenparameter des genutzten RS485-Interfaces eingeben. Anschließend kann er die Qualität der Funkverbindung mit einem Spannungsmessgerät an der integrierten RSSI-Messbuchse (Received Signal Strength Indicator) ermitteln. Zur kontinuierlichen Überwachung der Funkverbindung lässt sich dieser Spannungsausgang zudem mit der Steuerung verbinden.

Diagnose auch per Software

Ansonsten wird die Zuverlässigkeit der drahtlosen Übertragung vor Ort über die am Funkmodul angebrachten Power- und Status-LEDs kontrolliert. Alternativ kann die Funkverbindung auch mit Hilfe der in der Konfigurations-Software enthaltenen Diagnosefunktionen geprüft werden. In diesem Fall zeigt die Software den Netzwerk-Strukturbaum der Funkmodule sowie die Signalstärken, Spannungsversorgungen der Teilnehmer und die Fehlerdatenrate in Grafiken oder Tabellenform an. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem RAD-Line-Serial-System erachtet Jens Borkowski die drahtlose Kommunikation als echte Alternative zu kabelgebundenen Lösungen. „So haben wir Zeit und Geld bei der Installation gespart. Außerdem zeigen unsere Erfahrungen der letzten Jahre, dass die Signale mit Trusted Wireless stets zuverlässig ausgetauscht werden“, schließt Borkowski.

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