Kommentar Die Zukunft ist schwarz

Dr. Martin Klimach ist seit der Gründung 2016 geschäftsführender Gesellschafter von Carbon-Drive. Bereits seit 2009 forscht er zu ultraleichten Faserverbund-Antriebswellen für Elektromotoren. Ein Fokus liegt dabei auf dem Bereich der Motorspindeln für Werkzeugmaschinen.

Bild: Carbon-Drive
24.10.2019

Sie kennen Kohlenstofffaser-Kunststoff-Verbunde als CFK oder Carbon. Sie wissen, dass es aus der Luft- und Raumfahrt oder dem Renn- und Leistungssport nicht mehr wegzudenken ist. Es wird eben in diesen Hightech-Branchen eingesetzt, wo die klassischen Bauweisen an ihre Grenzen stoßen. Aber im Werkzeugmaschinenbau hat es nichts zu suchen! Oder doch?

Dr. Martin Klimach war mit diesem Beitrag im P&A-Kompendium 2019 als einer von 100 Machern der Prozessindustrie vertreten. Alle Beiträge des P&A-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen .

Werkzeugmaschinen arbeiten bereits heute an den Grenzen des Machbaren. Hauptzeiten lassen sich kaum noch reduzieren und Zusatzsysteme, um auch die letzten Nebenzeiten zu eliminieren, werden immer komplizierter und teurer. Die wenigsten erkennen dabei, dass die physikalischen Eigenschaften von Stahl diese Grenzen vorgeben.

Problem Nummer 1: Stahl hat einen Wärmegang. Jede Temperaturänderung führt zu einer Maßänderung. Für höchste Präzision sind neben ausgefeilten Kühl- und Kompensationssystemen lange Warmlaufzeiten und Roboterzyklen nötig. Das macht sowohl die Anschaffung als auch den Unterhalt von Präzisionsmaschinen kostspielig.

Problem Nummer 2: Stahl ist schwer. Das hat zwei Folgen. Zum einen werden leistungsstarke Antriebe mit entsprechend hohem Energiebedarf benötigt, um die geforderten Beschleunigungswerte zu erreichen. Das treibt Anschaffungs- und Betriebskosten weiter in die Höhe. Zum anderen führt die hohe Masse zu vergleichsweise niedrigen Eigenfrequenzen. Damit kommt es zu vorzeitigem Rattern, was die maximal erreichbare Produktivität maßgeblich einschränkt.

Einstiegspunkt für Carbon

Die Motorspindel als Hauptantrieb der Werkzeugmaschine stellt hier eine Schlüssel-Komponente dar. Auf der einen Seite bestimmt die Spindel maßgeblich die Präzision und Produktivität der Werkzeugmaschine. Auf der anderen Seite leiden Motorspindeln in besonderem Maße unter den physikalischen Eigenschaften von Stahl.

Genau hier sehen wir den idealen Einstiegspunkt für den zielführenden Einsatz von Carbon. Anstatt mit immer teureren Zusatzsystemen weitere marginale Verbesserungen zu erzielen, eröffnen die einstellbaren physikalischen Eigenschaften von CFK gleichzeitig Einspar- und Steigerungspotenziale.

Vorteile von Carbon

Eigenschaft Carbon Nummer 1: Wärmedehnung von 0. Der Zusammenhang zwischen Temperatur und Längenmaß der Spindel lässt sich aufheben. Daraus ergeben sich eine Reihe von Vorteilen. Teure Kompensationssysteme werden überflüssig. Warmlaufzeiten können deutlich reduziert in manchen Fällen sogar eliminiert werden. Die Präzision der Maschine steigt an. Die Ausschussrate sinkt. Nebenbei kann die Lagerung steifer ausgeführt werden, da die Welle keine thermischen Dehnungen mehr macht.

Eigenschaft Carbon Nummer 2: geringes Gewicht. Der Dichtevorteil von 1:5 gegenüber Stahl bedeutet deutlich geringere, beschleunigte Massen und erlaubt kleinere und günstigere elektrische Antriebe. Der Energie- und Zeitbedarf, um die Spindel im Bearbeitungsraum zu positionieren sinkt erheblich. Insgesamt werden sowohl die Anschaffungs- als auch die Betriebskosten reduziert. Gleichzeitig steigen die Eigenfrequenzen, womit sich auch die Bereiche des Ratterns nach oben verschieben. Eine höhere Produktivität ist die Folge.

Nach nun zehn Jahren Entwicklungsarbeit steht für uns unwiderlegbar fest, dass nicht nur die Zukunft der Spindeltechnik Kohlenstofffaser-schwarz ist. Wir freuen uns insbesondere auf die weitere Zusammenarbeit mit aktuellen Technologieführern wie Porsche und Schwäbische Werkzeugmaschinen, um unsere Vision in verschiedenen Branchen umzusetzen.

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