Prozessautomation & Messtechnik Die Kunst der Klappe

GEMÜ Gebr. Müller Apparatebau GmbH & Co. KG



03.05.2012

Vielleicht kam sie den Produktstrategen von Gemü lange Zeit zu einfach vor: die Klappe. Komplexe Membranventiltechnik bildete lange Zeit den Kern des Portfolios, da wollte man Technologieführer sein und bleiben. Doch inzwischen hat Gemü die Klappe als weiteren wesentlichen Bestandteil im Produktprogramm entdeckt - und auch, was ein Anbieter aus ihr für den Kunden herausholen kann, der eine hohe Service- und Beratungskompetenz schätzt.

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Beinahe liebevoll hält Claudio Darpin das Klappenmodell in der Hand. Dem Fachbereichsleiter Industrie bei Gemü liegt das Klappengeschäft seit vielen Jahren am Herzen. Seit 2009 hat der Klappenmarkt deutlich an Fahrt aufgenommen. Der Absatz der bis dato von einem Partner zugekauften Komponenten wuchs überproportional. Und es wurde mehr und mehr in den Wasser-/Abwasser-Sektor investiert - nicht zuletzt auch in Asien, wo Gemü ohnehin immer stärker wird und auch bereits eine eigene Fertigung betreibt. „Das bestärkte uns, Investitionen in diesem Bereich zu tätigen“, erläutert Patrick Zurbuchen, der bei Gemü den Vertrieb gruppenweit verantwortet. Investiert wird selbstverständlich in die Produktentwicklung und die Fertigung, aber auch in Kompetenz, Marktnähe und Applikationsverständnis. Irgendwie scheint Darpin das alles in Personalunion darzustellen, stellvertretend für die Manpower, die Gemü hinter das zu erobernde neue Marktfeld stellt. „Die Produktentwicklung unseres Klappenprogramms - und der weitere Aufbau - ist natürlich essentiell“, so Darpin. „Im Markt erlebe ich allerdings oft, dass es auf den richtigen Produktemix ankommt - und auf den Service.“ Der Dialog mit dem Kunden, die gemeinsame Suche nach der optimalen Lösung, nach einem maßgeschneiderten Paket und dann die zielsichere Lösungserbringung, das alles sei oft entscheidend. „Das unterscheidet Systemanbieter wie Gemü von anderen, die einfach nur eine Klappe verkaufen.“ Es ist eben Projektgeschäft - und in dem hat Gemü jahrzehntelang Erfahrungen bei der Ausrüstung großer Pharmaanlagen gesammelt. Internationale Projekte, bei denen Partner und Stakeholder aus vier, fünf Ländern involviert sind. „Um die gesamte Abwicklung bis hin zur Koordination der Belieferung der Ventilkombinationen für die Endanlage, kümmert sich eine spezielle Projektgruppe. Denn es ist eine Kunst, dies alles zeitgerecht mit der geforderten Dokumentation beziehungsweise Validierung abzuwickeln“, betont Zurbuchen.

Pharma-Projekterfahrung in den Umweltsektor transferieren

Im Wasser-/Abwassergeschäft - zumal in großen Anlagen in der Industrie oder in kommunalen Großprojekten - soll diese Kunst nun ebenfalls das Geschäft mittragen. Gemü spekuliert da weniger auf riesige Stückzahlen. Das bestehende Klappenprogramm für kleinere und mittlere Nennweiten ist nahezu vollständig, sowohl in Metall- als auch Kunststoffausführung. Doch bei derartigen Projekten sind die großen Nennweiten gefragt: 700- bis 1.400-mm-Klappen, ausgerüstet mit der entsprechenden Antriebstechnik. Das im Entstehen begriffene Portfolio hat da noch Nachholbedarf. Mit Hochdruck wird daran gearbeitet, im Gemü-Dome, dem Thinktank des Unternehmens. Denn Zurbuchen sieht Gemü „in fünf Jahren als einen der wichtigen Player im Wasseraufbereitungsmarkt. Außerdem wollen wir bis dahin führender Komponentenlieferant für die Umwelttechnik und im High-Purity-Sektor sein.“ Auch dafür seien neue Produkte in der Entwicklung. Immer sei der Gedanke der Systemlösung tragend, so Zurbuchen. „Wir haben den Anspruch, dem Markt technologisch immer einen Schritt voraus zu sein und ganzheitliche Prozesslösungen anzubieten - also Ventil zusammen mit Antrieb und Sensorik.“ Systemangebot und Beratungskompetenz: bei Klappen für den Wassersektor kommt das besonders zum Tragen, wenn hohe Sicherheitsanforderungen bestehen - etwa in den Kühlwasserkreisläufen von Kraftwerken. Da seien zahlreiche Zertifikate und Tests gefordert und ein gut abgestimmtes Produktpaket, so Darpins Erfahrung. Und natürlich die Qualität und Zuverlässigkeit, für die Gemü mit seiner Erfahrung in Hightech-Industrien steht. Denn was eine gute Klappe von einer Standardklappe unterscheidet, das sind Details - und die sind entscheidend. Die Absperrdichtung aus verschiedensten Elastomeren - und die Kompetenz, zu beurteilen, welches das jeweils geeignetste ist. Die Präzision der Ausführung, die Güte des verwendeten Werkstoffs. Und die Möglichkeit, dort, wo es angemessen ist, auch eine qualitativ hochwertige Kunststoffklappe anzubieten. All das kann Gemü schon heute erfüllen. Darpin: „Bei Kunststoffklappen betrachten wir uns bereits als einen der Marktführer.“ In vielen Projekten hat Gemü hier seine Kompetenz unter Beweis gestellt: In Meerwasserentsalzungsanlagen etwa, wo sich angesichts aggressiver Umgebung mehr und mehr Kunststofftechnik etabliert. Auch in diversen Kraftwerken, beispielsweise in der Rauchgasreinigung. Kunststoffklappen oder solche aus Metall, das ist im Einzelfall abzuwägen. Leistung und Preis müssen im Gleichgewicht sein, so der Leiter des Industriesektors. Sicher: Der Einsatz von Kunststoff ist auf moderate Drücke und Temperaturen beschränkt - beziehungsweise wird ab einer bestimmten Grenze schlichtweg zu teuer. Metallklappen allerdings müssen regelmäßig gewartet und ausgetauscht werden. Dort, wo Korrosion ein Thema und hohe Verfügbarkeit der Anlage entscheidend für den Markterfolg des Kunden oder die Sicherheit des Prozesses sind, mag das sogar einen höheren Preis der alternativen Kunststoffklappen rechtfertigen. „Eine Klappe, die defekt ist, kann einen ganzen Prozess zum Erliegen bringen“, warnt Darpin. Sicherheit und Zuverlässigkeit sei zudem auch eine Sache der Antriebstechnik inklusive Steuerungs- und Regelungsmodulen und Sensorik. Und genau wie bei den Klappen selbst hat Gemü auch hierfür die Kompetenz im Haus. Für das i-Tüpfelchen an Sicherheit tut Gemü nahezu alles, was der Kunde wünscht: Röntgenbilder, Nachweise über die Lebensmitteltauglichkeit, Tests mit einer ganz speziellen Wasserqualität. Darpin: „Für all das braucht es gut ausgebildete Leute, eine entsprechende Organisation und große Nähe zum Kunden.“ Der erkenne mehr und mehr, was Qualität wert sei. Total Cost of Ownership ist ein stichhaltiges Argument: etwa bei dem Anlagenbauer, der die Anlage anschließend auch betreibt und durch seinen BOT-Vertrag (Build, Operate, Transfer) langfristig gebunden ist. Wer in einem solchen Modell Trinkwasser durch Meerwasserentsalzung gewinnt, weiß: Er muss seine Kosten langfristig im Griff haben, um über die gesamte Vertragslaufzeit nicht draufzuzahlen. Für die Rückgewinnung der Energie sei man in derartigen Anlagen bereit, tief in die Tasche zu greifen. Denn solche Investitionen zahlen sich schnell aus, wenn die Produktivität dadurch deutlich steigt.

Offensichtlicher Nutzen für OEM und Betreiber

Die bestmögliche Lösung ist gesucht - und der Klappenhersteller Gemü kann sie leichter finden und unterstützen, als es früher der reine Klappenverkäufer Gemü konnte. Denn nun hat er Einfluss auf die Produktion und kann Anpassungen vornehmen. Etwa durch eine völlig neue Art der Stahlscheibenkonstruktion, die für große Dimensionen eine leichtere Bauweise ermöglichen werde, freut sich Darpin. Und doch: Sein Favorit ist die Kunststoffausführung. Der Chemiker hat sich intensiv mit den Prozessen in der Metallgewinnung auseinander gesetzt: „Für die dort verwendeten Lösemittel und Säuren wären Kunststoffklappen ideal.“ Natürlich könne man PTFE/PFA-ausgekleidete Metallklappen einsetzen, doch „wir suchen mit dem Kunden zusammen die Lösung, die vom Kosten-Nutzen-Effekt die beste ist.“

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