Dichtungen in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie Die Herausforderung für Elastomere

Die Anforderungen in der Lebensmittel- und Pharmabranche sind hoch, für Elastomerdichtungen stellen diese häufig eine Herausforderung dar.

Bild: C. Otto Gehrckens
30.08.2018

In kaum einer anderen Branche sind die Anforderungen an moderne Hochleistungsdichtungen in den letzten Jahren so stark gestiegen wie in der Pharma- und Lebensmittelindustrie. Alle Materialien, die im Produktionsprozess mit dem zu produzierenden Lebensmittel in Kontakt kommen, müssen entsprechende Normen und Zulassungen erfüllen. Dass diese Zulassungen alleine nicht ausreichen, zeigt die Praxis.

Neben der generellen Medienbeständigkeit, wie beispielsweise den Einsatz in fetthaltigen Medien oder auch in für elastomere Dichtungswerkstoffe kritischen Aromastoffen und ätherischen Ölen, müssen die Dichtungen auch im heutzutage angewandten CIP- oder SIP-Verfahren (CIP = Cleaning in place; SIP = Sterilisation in place) einsetzbar sein. Die Wechselwirkungen zwischen den abzudichtenden Medien und den teilweise sehr aggressiven Desinfektions- und Reinigungsmitteln sowie dem im Sterilisationsprozess eingesetzten Heißwasserdampf mit einer Einsatztemperatur von bis zu 149 °C stellen eine enorme Materialbelastung dar. Deshalb versagen hier auf Dauer viele elastomere Dichtungen. Häufigere Wartungsintervalle, vermehrte Instandsetzungsarbeiten oder gar Produktionsstopps sind die kostspielige Folge.

Steigende Anforderungen in der Produktion

Die Anforderungen an Elastomerdichtungen in der Lebensmittel- und pharmazeutischen Industrie werden zunehmend komplexer. Durch die kontinuierliche Reduzierung oder gar den Wegfall von Konservierungsstoffen müssen die Reinigungsprozesse bei den während der Produktion auftretenden Verschmutzungen unter anderem in Rohrleitungen, Ventilen und Pumpen mit immer verbesserten Reinigungsmitteln im CIP-Verfahren beseitigt werden. Gleichzeitig ist festzustellen, dass die Produktionszyklen zugunsten einer erhöhten Produktivität verkürzt werden. Der Reinigungsprozess muss deshalb ebenfalls verkürzt werden, dies wird mittels noch aggressiverer CIP-Medien vorgenommen.

Für die Produktion eine gute Lösung, für Dichtungshersteller eine große Herausforderung. Diese Verfahren beanspruchen Elastomerwerkstoffe enorm und nur wenige sind dagegen im langfristigen Einsatz beständig und verfügen gleichzeitig über die notwendigen Zulassungen nach FDA und USP Class VI.

Die Anforderungen in der Pharmaindustrie und Biotechnologie sind sogar noch höher anzusetzen. Hier werden beispielsweise vollentsalztes Wasser (VE-Wasser) sowie Highly Purified Water oder gar WFI (Water-for-Injection) zunehmend zur Standardanforderung. Für die eingesetzten elastomeren Dichtungen in diesen Anlagen stellt der Kontakt mit Reinstwasser – und hier insbesondere mit der reinsten Form, dem WFI – eine Extremsituation dar.

Bei WFI handelt es sich um vollends entmineralisiertes Wasser. WFI beansprucht und beschädigt Materialien, indem es versucht, den Kontaktwerkstoffen die Mineralien zu entziehen und diese dadurch stark schädigt. Nur wenige Dichtungswerkstoffe sind im langfristigen Einsatz mit diesen Medien beständig und verfügen gleichzeitig über die in diesen Anlagen notwendigen Freigaben nach FDA und USP Class VI. Deshalb verlangen die Anwender oder Konstrukteure zunehmend Nachweise über die Eignung in den eingesetzten Anwendungen sowie Bescheinigungen oder konkrete Aussagen über bestimmte Beständigkeiten der von Ihnen eingesetzten Dichtungswerkstoffe.

Lösungen für ein weites Einsatzspektrum

In der Lebensmittelindustrie werden sehr häufig EPDM-Dichtungswerkstoffe eingesetzt, da diese gegenüber Anwendungen mit Heißwasser und Wasserdampf beständiger sind. Nachteil ist hier deren geringe Resistenz gegenüber Fetten. Bei höheren Fettgehalten werden deswegen FKM-Werkstoffe bevorzugt. Diese wiederum haben jedoch Schwächen beim Einsatz mit Heißwasser und Wasserdampf. Für die Konstrukteure und Anwender häufig ein schwieriger Balanceakt.

Für die anspruchsvollsten Anforderungen in diesen beiden Branchen hat der Hersteller von Elastomerdichtungen, C. Otto Gehrckens (kurz COG), die Produktlinie „HygienicSeal“ eingeführt. In dieser sind ausschließlich spezielle Hochleistungswerkstoffe für Anwendungen in komplexen und anspruchsvollen Anwendungen der Lebensmittel- und Pharmaindustrie zu finden. COG hat gleich drei neue HygienicSeal Compounds entwickelt. Hierbei handelt es sich um den EPDM-Werkstoff AP 306 sowie die FKM-Werkstoffe Vi 770 und Vi 780. Alle verfügen über die Freigaben nach FDA 21 CFR § 177.2600 und USP Class VI, Chapter 88. Beim USP-Test wurden die Werkstoffe zudem in der höchsten Klasse bis 121 °C erfolgreich getestet.

Darüber hinaus erfüllen die Werkstoffe auch die Kriterien nach 3-A Sanitary Standard Class II und der FKM Vi 780 sogar nach Class I. Alle drei Werkstoffe erfüllen die in der Branche immer häufiger gestellte Forderung nach garantiert ADI-freien Dichtungswerkstoffen (Animal Derived Ingredients free). Zudem sind alle Werkstoffe WFI-Wasser-geeignet und absolut verlässlich im Einsatz mit SIP- und CIP-Prozessen. Der AP 306 weist im
EPDM-Produktprogramm die niedrigsten Migrations- und geringe Quellwerte auf und hat den Test auf Zytotoxizität nach ISO 10993 Teil 5, welcher für die Pharmabranche wichtig ist, bestanden. Der Einsatztemperaturbereich liegt bei -40 °C bis 150 °C.

Beständigkeiten sind immer temperaturabhängig

Mit dieser Werkstoffkombination bietet COG eine Lösung an, die die meisten Anwendungen in diesen Branchen abdecken kann. Die EPDM-Compounds der HygienicSeal-Serie sind speziell für den Einsatz mit flüssigen oder schwach fetthaltigen Medien konzipiert. Der Einsatztemperaturbereich reicht von -45 °C bis 150 °C. Sollte der Fettanteil der eingesetzten Medien über 30 Prozent liegen, so empfiehlt sich der Einsatz eines FKM-Dichtungswerkstoffs dieser Serie. Diese weisen neben einer guten Beständigkeit gegenüber Aromastoffen und ätherischen Ölen auch eine, für FKM-Werkstoffe untypische, Heißwasserdampf- und Heißwasserbeständigkeit auf. Die Volumenquellung insbesondere des Vi 780 ist dabei so gering, dass dieser Compound in die engen Einbauräume der Sterilverschraubungen eingebaut werden kann, die dem Hygienic Design entsprechen.

Generell muss der Konstrukteur oder Anwender berücksichtigen, dass die Beständigkeiten der elastomeren Dichtungswerkstoffe von den tatsächlichen Einsatztemperaturen abhängig sind. Zum Beispiel kann eine positive Beständigkeit gegenüber einem abzudichtenden Medium in einem niedrigeren Temperaturbereich durchaus gegeben sein, bei deutlich höheren Temperaturen hingegen nicht. Eine vorbehaltlose pauschale Aussage über die Einsatzmöglichkeiten von Werkstoffen ist deshalb nicht immer möglich. Hier können vorab Tests für eine Grundsicherheit sorgen, sowie Anwendungstechniker beratend weiterhelfen, um eine für den Einsatzzweck optimale Dichtungslösung zu finden.

Bildergalerie

  • Dichtungen aus EPDM-Werkstoff sind bei Temperaturen von -40 bis 150 °C einsetzbar.

    Dichtungen aus EPDM-Werkstoff sind bei Temperaturen von -40 bis 150 °C einsetzbar.

    Bild: C. Otto Gehrckens

  • Die sterile Reinigung in der Pharmaindustrie stellen für Dichtungen eine enorme Materialbelastung dar.

    Die sterile Reinigung in der Pharmaindustrie stellen für Dichtungen eine enorme Materialbelastung dar.

    Bild: stock.adobe, Kadmy

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