Rubriken Sonstigens Die Energiewirtschaft kommt im digitalen Zeitalter an

Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

Bild: BDEW
17.08.2015

Wenn aktuell über die Zukunft der Energiebranche gesprochen wird, fallen sehr zuverlässig die Schlagwörter Digitalisierung, Big Data und Smart Business. Zu diesen Themen laufen die Debatten mit hoher Intensität. Die Diskussion um die Geschäftswelt von morgen hat somit längst begonnen.

Zentrale Fragen lauten: Wie sieht das Energieinformationsnetz der Zukunft aus? Wie gehen wir mit den Daten der Verbraucher um, wie lassen sie sich nutzen – aber auch schützen? Was ist die Balance zwischen Beherrschbarkeit von Energiedatenströmen auf der einen Seite und effizienter Vernetzung und neuen Businessmodellen auf der anderen?

Das Leben und Wohnen der Menschen wird sich in Zukunft erheblich verändern. Schon bald wird die große Mehrheit der Menschen in Städten wohnen. Erdgas- und Elektrofahrzeuge fahren selbstverständlich auf den Straßen. Künftig können moderne Häuser als Mikrokraftwerke dienen. Insgesamt wird der Kunde dann stärker in die Energieproduktion eingebunden sein.

Ein weiteres Beispiel: Smart-Home-Lösungen werden neue Wege eröffnen, um komfortabler und energieeffizienter zu leben. Wenn die Entwicklungen in diesem Bereich erfolgreich weiter geführt werden, könnte die Steuerung von Häusern und Wohnungen zukünftig über eine Software geleistet werden, die Wohn- und Lebensgewohnheiten der Menschen berücksichtigt und den Energieverbrauch anpasst. Intelligentes Wohnen bedeutet dann, dass sämtliche Geräte – zum Beispiel Heizung, Beleuchtung, Haushaltsgeräte, Belüftung und Sicherheitstechnik – vernetzt sind und miteinander kommunizieren. Dadurch können Systeme entstehen, die sehr ökonomisch arbeiten und den individuellen Bedürfnissen der Menschen entgegenkommen.

Vor diesem Hintergrund bietet die zunehmende Digitalisierung gerade Energieversorgern zahlreiche Möglichkeiten, ihr Geschäft auszuweiten. Dabei ist die digitale Transformation kein Selbstzweck, sondern wichtige Grundlage für den Geschäftserfolg. Das zeigt unter andere eine Studie des Massachusetts Institute of Technology. Danach erzielen Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad neun Prozent mehr Umsatz und sind bis zu 26 Prozent profitabler. Klar ist aber auch: Ein Masterplan für die Digitalisierung der Energiebranche existiert nicht. Jedes Unternehmen muss seine eigene Strategie finden, um individuelle, erfolgversprechende Geschäftsmodelle und Angebote zu entwickeln. Dazu müssen die Unternehmen die eigene Produktpalette regelmäßig hinterfragen und mit den aktuellen Entwicklungen abgleichen.

Für die Energieversorger bedeutet das zum Beispiel – noch stärker als bisher – ein umfassendes Datenmanagement zu etablieren. Dabei ist schon jetzt absehbar, dass veränderte Ansprüche an das flexible Organisieren von Energiemengen neue Akteure hervorbringen werden. Vor allem der IT-Bereich muss dann eine stärkere Rolle einnehmen. Es wird außerdem wichtig sein, dass Innovationen und neue Technologien gefördert werden. Insgesamt muss das komplexe System der Energieversorgung schon heute weitergedacht werden.

Vor diesem Hintergrund führt der BDEW derzeit mit verschiedenen Partnern eine breit angelegte Zukunftsstudie durch. Dazu sammeln und bewerten wir kreative, auch internationale Ansätze, die ein Bild der Energiewelt im Jahr 2040 zeichnen. Wir sprechen weltweit mit Städtebauern, Architekten, Philosophen und vielen mehr. Denn ich bin überzeugt, dass wir sämtliche Lebens- und Wirtschaftsbereiche stärker miteinander vernetzen und gemeinsam die Phantasie beflügeln müssen, um einen neuen Zugang zu den Herausforderungen der Energiewende zu gewinnen. Mit den Ergebnissen der Studie wird der BDEW Herausforderungen konkret benennen und konstruktive Ideen einbringen können. Auch im Energy 2.0-Kompendium fließen fundierte Einschätzungen zu unterschiedlichen Sparten und zu aktuellen Trends zusammen. Für diese wichtige journalistische Begleitung der Energiewende wünsche ich Ihnen auch in Zukunft gutes Gelingen.

Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

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