Sensorring überwacht Spindellager Die Auslastung der Spindel genau kennen

Aufbau des Überwachungssystems SpindleSense: (1) Abstandssensoren, (2) Auswerteeinheit, (3) Anschlusskabel.

Bild: Schaeffler
24.07.2019

In der Hauptspindel versteckt sich die Leistungsfähigkeit der kompletten Werkzeugmaschine. Der größte Anteil an Maschinenausfällen ist deshalb auf defekte Spindeln zurückzuführen. Ein neuer Sensorring soll dem Einhalt gebieten und sowohl vor dauerhafter Überlast als auch damit verbundenen Ausfällen schützen.

Die Hauptspindel ist das Herzstück einer Werkzeugmaschine und bestimmt in hohem Maße die erreichbare Spanleistung, Oberflächenqualität und Präzision. Die Spindellagerung wiederum zählt zu den am höchsten belasteten Komponenten, da sie die Bearbeitungskräfte bei sehr hohen Drehzahlen über eine lange Zeit präzise übertragen muss und Kollisionen nach wie vor nicht ausgeschlossen werden können.

Es verwundert daher nicht, dass der größte Anteil an Werkzeugmaschinenausfällen auf defekte Spindeln zurückzuführen ist – insbesondere als Folge von Kollisionen und andauernder, aber unentdeckter Überlastung. Beispielsweise erzeugt im Fräsbetrieb die Kombination von hohen Radiallasten, lang auskragenden Werkzeugen und hohen Drehzahlen speziell am werkzeugnahen Spindellager große Belastungen und ungünstige kinematische Verhältnisse.

Diese ungünstigen und mitunter auch unzulässigen Belastungen treten auf, da dem Betreiber ein geeignetes Tool fehlt, mit dem grenzwertige Spindellagerbelastungen überwacht werden können. Mit seinem Überwachungssystem SpindleSense will Schaeffler das Problem nun lösen. Im Vergleich zu mechanischen, das heißt passiven Überlastsystemen, stellt die Lösung nicht nur einen Spindelschutz bei Kollision dar, sondern auch ein System zur sicheren Maximierung der Spindelauslastung.

Serienreif zur EMO 2019

Zur EMO 2019 sollen Kunden die ersten serienreifen Sensorringeinheiten SRS inklusive radialem und axialem Messring mit einem Innendurchmesser von 70 mm zur praktischen Erprobung bereitstehen. Weitere Baugrößen mit 80 und 100 mm Innendurchmesser werden laut dem Unternehmen zum Jahresende lieferbar sein. Die Breite beträgt einheitlich 16 mm. Zum Lieferumfang zählt auch ein Setup-Service-Tool SST, mit dem SpindleSense parametriert und in Betrieb genommen werden kann.

Die am Spindellager integrierte Sensorik misst mit einer sehr hohen Auflösung die Verlagerung der Spindelwelle unter Last in fünf Raumrichtungen – drei translatorisch und zwei rotatorisch. Übersteigen die ermittelten Einfederungen an den Wälzkörpern eine spezifische Schwelle, wird ein elektrisches Warnsignal an die Maschinensteuerung ausgegeben. Die Schwelle wird für jeden Spindel- und Maschinentyp individuell festgelegt. Sie basiert auf einer Bewertung der betriebsrelevanten Lagerkennwerte wie Pressung, Bohr-Roll-Verhältnis und Käfigtaschenspiel.

Ring enthält sämtliche Software

Die gesamte Software und alle erforderlichen Algorithmen sind in den 16 mm breiten Sensorring integriert; laut Schaeffler sind keine weiteren Komponenten notwendig. Das System ist lokal funktionsfähig und gibt ein individualisiertes Warnsignal an die Maschinensteuerung aus, das folgende Einsatzzwecke ermöglicht:

  • Detektion eines Crashs (Kollision): Die Sensorik soll in der Lage sein, innerhalb von 2 ms eine Überlastung an einem digitalen Ausgang anzuzeigen. Durch eine schnelle Abschaltung des Antriebes können so schwere Folgeschäden minimiert oder sogar verhindert werden.

  • Langzeitschutz für die Werkzeugmaschinenspindel: In der Praxis werden dauerhafte mechanische Überlastungen der Spindellager oft nicht erkannt. Im Gegensatz dazu löst SpindleSense bei entsprechender Parametrierung der Überlast sofort ein Warnsignal aus. Der Betreiber kann sein Bearbeitungsprogramm schon nach dem ersten Teil modifizieren, die Spindelbelastung durch ein neues Werkzeug, veränderte Schnittwerte oder durch einen besser geeigneten Werkzeugtyp reduzieren. Er kann damit geringere Spitzenlasten erreichen sowie deren Anzahl reduzieren. Das führt zu einer längeren Gebrauchsdauer der Spindel mit geringeren Ausfallzeiten der Werkzeugmaschine.

Für die Ausgabe der Messwerte stehen zwei Optionen zur Auswahl. Variante C-A0 gibt Alarmmeldungen aus, sobald die individuell festgelegten Grenzwerte für die Lagerbelastung und die Kinematik erreicht werden. Variante C-A1 gibt die gemessenen radialen und axialen Verlagerungen inklusive der Verkippungen über den CAN-Bus aus.

Mit diesen Verlagerungswerten können Werkzeugmaschinen- und Spindelhersteller Analyse-Tools zur Optimierung der Spindelauslastung entwickeln, indem beispielsweise das vom Sensorring gemessene Einfederungskollektiv als Lastkollektiv visualisiert wird. Erstmals soll der Maschinenbetreiber dann genau wissen, mit wie viel Prozent er seine Spindel bei der Bearbeitung mechanisch auslastet. Er kann nun noch gezielter den Bearbeitungsprozess der Maschine hinsichtlich Auslastung und Gebrauchsdauer verändern.

Qualität steigern

Trotz maximaler Spindelbelastung werden schädliche Überlasten vermieden. Der Betreiber soll durch den sichereren Betrieb im Grenzbereich nicht nur seine Produktivität erhöhen können, sondern gleichzeitig von einer längeren Gebrauchsdauer der Spindel und weniger Maschinenausfällen profitieren.

Eine weitere Anwendung der gemessenen Verlagerungen über CAN-Bus besteht darin, diese zur Nullpunktkompensation zu verwenden. Damit wird es möglich, mit größeren Schnittwerten die gleiche Qualität oder mit unveränderten Schnittwerten eine höhere Qualität zu produzieren. Ebenso kann die Überwachung einer maximalen Verlagerung zur Qualitätssicherung eingesetzt werden.

Bildergalerie

  • Schnitt durch eine Werkzeugspindel: (1) Welle, (2) Gehäuse, (3) Gehäusedeckel, (4) SpindleSense, (5) radialer Messring, (6) axialer Messring, (7) Spindellager.

    Schnitt durch eine Werkzeugspindel: (1) Welle, (2) Gehäuse, (3) Gehäusedeckel, (4) SpindleSense, (5) radialer Messring, (6) axialer Messring, (7) Spindellager.

    Bild: Schaeffler

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