Erfahrungen mit LoRa-Sensoren sammeln Das Testfeld für die Smart City

Im Smart City Lab wird LoRa-Sensorik auf die Probe gestellt.

Bild: iStock, hallojulie
31.01.2019

Das LoRaWAN als Betriebssystem für die Smart City: Diese Idee begeistert immer mehr Stadtwerke. Doch was auf den ersten Blick so einfach und flexibel wirkt, birgt im praktischen Einsatz unerwartete Fallstricke.

Eine aktuelle Studie sagt ein Umsatzvolumen für Energielösungen in smarten Städten von rund 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2020 voraus. Städte wie München gehen voran und schaffen die digitale Infrastruktur, um intelligente Dienste in der Stadt anbieten zu können. Mittlerweile hat sich hierfür der LoRa-Standard etabliert. So haben etwa die Stadtwerke München bis Ende des Jahres 2018 bereits zehn LoRa-Gateways in Betrieb genommen, die das gesamte Stadtgebiet abdecken sollen.

Bei der praktischen Umsetzung liegt der Teufel jedoch oft im Detail. „Wer im Internet googelt, findet eine Unzahl an Angeboten für LoRa-Sensoren. Doch nicht jeder Sensor eignet sich wirklich für den angegebenen Zweck“, sagt Daniel Paulmaier, bei der Wilken Software Group verantwortlich für die strategische Produktentwicklung und Geschäftsführer der Kommunalen IT-Kooperation Stadtwerke KIK-S. Laut ihm sei nicht jeder Anbieter „Stadtwerk-tauglich“. Damit ist gemeint, dass zwar die bestellte Hardware, darüber hinaus aber keine zusätzlichen Informationen zur schnellen Inbetriebnahme der Geräte geliefert werden. „Gerade das ist für Stadtwerke aber essenziell, vor allem wenn entsprechende Stückzahlen ausgerollt werden sollen“, so Paulmaier.

Während sich in der Schweiz oder Skandinavien bereits eine ganz Reihe von Herstellern von LoRa-Systemen etabliert haben, ist deren Anzahl in Deutschland noch übersichtlich. „Wenn man nur etwas mit dem Thema herumspielen möchte, ist das alles noch kein Problem“, erklärt Paulmaier. „Doch sobald man sich ernsthaft an den Aufbau einer stabilen und belastbaren LoRa-Infrastruktur macht, wird schnell klar, dass es LoRa noch längst nicht von der Stange gibt.“ Dies sei für Wilken der Auslöser für den Aufbau des Smart City Lab gewesen sein. „Uns war klar, dass wir Stadtwerken ein Versuchsfeld bieten müssen, um schnell und einfach Erfahrungen sammeln zu können“, erläutert Paulmaier.

Sensor ist nicht gleich Sensor

Das Smart City Lab startete zunächst ausgesprochen einfach: mit zwei Gateways auf dem Dach der Wilken-Zentrale in Ulm und sechs unterschiedlichen Sensoren für verschiedene Einsatzzwecke. Doch schon in dieser überschaubaren Testumgebung zeigte sich schnell, dass Sensor nicht gleich Sensor ist. Beispiel „Wasserstandsmessung“ in der firmeneigenen Zisterne: Um hier möglichst exakte Ergebnisse zu erhalten, wählte das Team einen Ultraschall-Sensor, wie er in der Industrie beispielsweise für die Überwachung von Füllständen von Bio-Reaktoren im Einsatz ist. Doch obwohl die Technik bewährt und die Messung absolut genau ist, kam es immer wieder zu unerklärlichen Abweichungen. „Wir hatten schlichtweg nicht berücksichtigt, dass eine Zisterne nicht mit einen Bioreaktor vergleichbar ist. Im Gegensatz zu einem Reinraum leben in einer Zisterne Spinnen, Laub wird hereingeweht und auch Temperatur und Feuchtigkeit schwanken sehr stark. All das, so vermuten wir, wirkt sich auf das Messergebnis aus. Ein Sensor mit Schwimmer wäre hier sicherlich die bessere Wahl gewesen“, berichtet Paulmaier.

In anderen Tests kam es gerade bei den günstigen Geräten teilweise zu extremen Messfehlern. Auch die Lebenszeit der eingesetzten Akkus für die Stromversorgung ist durchaus unterschiedlich. Diese sollte bei mindestens zehn Jahren liegen – ein Anspruch, den nicht jeder Sensor erfüllt. Um LoRa-Projekte in großem Maßstab wirtschaftlich umsetzen zu können, müssen die Sensoren darüber hinaus schnell und einfach in Betrieb genommen werden. Auch dies ist nicht bei allen Herstellern gewährleistet, wie die ersten Tests ergaben. All diese Dinge kann man aber erst herausfinden, wenn man die Geräte unter realen Bedingungen ausprobiert.

Eine weitere Herausforderung bringt die LoRa-Technologie selbst mit. Denn um die übermittelten Datenmengen schlank zu halten, liefern die Sensoren nur einen einfachen Binär-Code, der nicht ohne Weiteres in die weiterführenden Systeme übernommen werden kann. Manche Hersteller liefern hier Listen oder Beispielprogramme für die Datenübernahme, andere jedoch beschränken sich auf die Lieferung der Hardware und überlassen das Problem vollständig dem Kunden.

Hier baut Wilken auch die Leistungsfähigkeit der Software-Plattform kontinuierlich aus, da mit jedem Sensor im Smart City Lab auch ein weiteres Übersetzungsprogramm hinzukommt. „Ein weiterer Schwerpunkt des Smart City Lab ist deswegen die Prozessintegration: Wie mache ich die Daten tatsächlich nutzbar und vor allem: Wie kann ich daraus weiterführende Geschäftsmodelle generieren?“, erläutert Daniel Paulmaier. Denn letztlich handelt es sich nur um ein weiteres Netz, das vom Stadtwerk betrieben werden muss – und das will finanziert sein.

Parkhaus wird zum Testfeld

Ein erstes Ergebnis dieser Arbeit ist eine Visualisierungsplattform, die in Zusammenarbeit mit Regio.IT entstanden ist. Hier kann ein Stadtwerk als Betreiber einer LoRA-Infrastruktur die Daten nicht nur für eigene Zwecke abrufen, sondern auch Dritten zur Verfügung stellen – und dies in ganz unterschiedlicher Granularität. Werden beim Einsatz von Parksensoren die Daten in Echtzeit benötigt, reicht für den Abruf des Füllstands einer Mülltonne beispielsweise ein Wert pro Tag. Auf Basis dieser Daten können wiederum Apps entwickelt und der Bürger so direkt in die Digitalisierung integriert werden.

Gemeinsam mit KIK-S und Regio.IT wird Wilken das Smart City Lab ausbauen und auch neue Anwendungsfälle integrieren. So wird beispielsweise das geplante Parkhaus am Wilken-Sitz in Ulm gleichzeitig zum Testfeld für die digitale Parkraumbewirtschaftung. Die KIK-S wiederum positioniert sich als Dienstleister, der Stadtwerke beim Aufbau von LoRa-Infrastrukturen unterstützt. „Wir sind davon überzeugt, dass intelligente Sensornetzwerke künftig zur Daseinsvorsorge in Regionen und Städten zählen werden. Und wer, wenn nicht das Stadtwerk, kann dies künftig als digitaler Versorger leisten“, so Paulmaier. Ein Stadtwerk bringe dafür die besten Voraussetzungen mit. „Denn es ist vor Ort präsent, kennt die lokalen Strukturen und vor allem auch die Bedürfnisse der Bürger.“ Deswegen soll das Smart City Lab auch für weitere Stadtwerke geöffnet werden. Ein entsprechender Verein ist bereits in Gründung. Die künftigen Mitglieder sollen dann exklusiv auf die Arbeitsergebnisse des Labors zugreifen und es als eigenes Testfeld mitbenutzen können.

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