Datenübertragung Das müssen Sie über Power over Ethernet wissen

Mouser Electronics

Power over Ethernet ist mittlerweile deutlich vielfältiger einsetzbar als noch bei der Einführung erwartbar war.

Bild: iStock, Tatiana185
26.08.2021

Power over Ethernet erobert immer neue Anwendungen und Märkte, die weit von seinen Ursprüngen in der IT entfernt sind. Dank Erweiterungen des Standards, wie etwa Time Sensitive Networking (TSN), wird Ethernet heute weitläufig in verschiedensten Anwendungsbereichen eingesetzt.

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In den vergangenen Jahren konzentrierten sich die Verbesserungen der Ethernet-Spezifikationen überwiegend auf die Erhöhung der Datenübertragungsraten. Mit der im Jahr 2003 ratifizierten Norm 802.3af wurde jedoch die Erweiterung Power over Ethernet (PoE) eingeführt. Diese Ergänzung beinhaltet die Möglichkeit, Strom über die Ethernet-Verkabelung zu übertragen.

Nachdem sich Ethernet als Netzwerkschnittstelle für eine Vielzahl neuer Anwendungen durchgesetzt hatte, wie zum Beispiel Voice-over-IP-Telefone (VoIP), Sicherheitskameras, Maschinensteuerung und Gebäudeautomationssysteme, wurde die kostengünstige Möglichkeit interessant, zusätzlich zu den Daten auch Strom über das selbe Kabel gleichzeitig zu übertragen.

Durch den Einsatz von PoE wird die physische Bereitstellung von Netzwerkinfrastrukturgeräten wie zum Beispiel Switches, Wireless Access Points oder Gateways nochmals deutlich vereinfacht. Die zeitraubende und kostspielige Installation von Wechselstromsteckdosen für jedes einzelne Netzwerkgerät - abhängig von der Leistungsaufnahme des Netzwerkgerätes - ist damit nicht mehr erforderlich. Zusätzlich kann PoE wichtige Infrastrukturgeräte auch bei einem Stromausfall mit Notstrom versorgen.

Der Einsatz von PoE-betriebenen Geräten nimmt im Einzelhandel, in der Fertigung, im Sicherheitsbereich und in der Zugangskontrolle immer mehr zu. Das hat wiederum den Druck auf die PoE-Standardisierungsorganisation deutlich erhöht, nach Möglichkeiten zu suchen, die Leistungsfähigkeit und Funktionalität der Stromversorgung weiter zu verbessern.

Entwicklung der PoE-Standards

Das Grundkonzept von PoE basiert auf der Verwendung von Stromversorgungen (Power Sourcing Equipment, PSE), um ein Gerät (Powered Device, PD) zu versorgen. Die meisten heute erhältlichen Netzwerkinfrastrukturgeräte sind PSE-fähig oder verfügen bei der Bestellung über diese Option. Ein Endspan-PD (auch Endpunkt genannt) ist mit Schaltungen ausgestattet, um den Betriebsstrom aus seinem Ethernet-Anschluss zu beziehen.

Bei vorhandenen und älteren Ethernet-Infrastrukturen, die nicht mit PoE-fähigen Switches ausgestattet sind, versorgen Midspan-PoE-Injektoren die jeweiligen Endpunkte mit Strom. Ebenso werden PoE-Splitter am PD verwendet, um die Strom- und Datensignale zu trennen und eine geregelte Gleichspannung für ein PD bereitzustellen, das nicht PoE-fähig ist.

Der ursprüngliche PoE-Standard 802.3af aus dem Jahr 2003 verwendet zwei der vier verdrillten Paare in einem Cat5-Ethernet-Kabel. Der PoE-Standard berücksichtigt Leitungsverluste und legt fest, dass die Spannung zwischen 37 und 57 V an der Last beträgt. Die Leistung liegt bei 12,95 W, ausgehend von einer maximalen Stromstärke von 350 mA bei 37 V.

Als die Nachfrage nach mehr Leistung zunahm, wurden weitere Standards herausgegeben, die die Leistungsfähigkeit mit einem Klasse-8-Gerät auf bis zu 90 W brachten. Bei Typ-3-Geräten der Klasse 5 und höher, die den 802.3bt-Standard (auch PoE+ genannt) verwenden, werden alle vier Kabelpaare zur Stromübertragung genutzt. Die vom PSE gelieferte Spannung variiert je nach Gerätetyp. Für ein Typ-4-Gerät liegt diese im Bereich von 52 bis 57 V mit einer maximalen Stromstärke von 960 mA.

Der Einsatz von PoE hat sich bei Überwachungskameras schon früh durchgesetzt. Die 13-Watt-PoE-Leistung war für die Versorgung der meisten einfachen Kameras ausreichend. Mit der Einführung der ferngesteuerten schwenk-, neig- und zoombaren IP-basierten Kamera wurde jedoch eine höhere Leistung benötigt.

Die Einführung von 802.3bt markierte den Wechsel von zwei Kabelpaarsätzen zu vier. Die zunehmende Leistungsfähigkeit von PoE eröffnete schnell die Möglichkeit für weitere Anwendungen. Dazu gehören Gebäudeautomationssysteme, mit denen Heizung, Lüftung, Beleuchtung und Zugangskontrollen in modernen Büros gesteuert werden. LED-Leuchtenbänder und die dazugehörigen Steuergeräte können nun über PoE verwaltet werden.

Mit der Einführung von Vier-Kabelpaar-Konfigurationen bot der 802.3bt-Standard einen Ansatz, um zwei separaten Stromschienen innerhalb eines einzigen PD bereitzustellen. Ein solcher Ansatz erlaubt unterschiedliche Spannungsschienen zum Beispiel 3,3 VDC und 5 VDC, oder eine ± 12-V-Versorgung.

POE-Zertifizierung

Da PoE in immer mehr vernetzten Geräten zum Einsatz kommt, insbesondere in Geräten für Verbraucher und kommerzielle Anwendungen, hat die Ethernet Alliance beschlossen, dass ein PoE-Zertifizierungsschema eine schnelle und einfache Möglichkeit bieten würde, um kompatible Produkte einfach zu kennzeichnen.

Die Zertifizierung von zweipaarigen Anwendungen bis einschließlich Klasse 4 ist im Gange (als EA1 bezeichnet), die Einführung von bis zu Klasse 8 (EA2) beginnt Ende 2020. Die Einhaltung eines formalen Zertifizierungsrahmens hat großen Einfluss auf die Kaufentscheidung einer Technologie, daher ist es wahrscheinlich, dass die Konformität mit dem PoE-Zertifizierungsprogramm ein wesentlicher Aspekt der Marketing-Spezifikation eines neuen Produkts wird.

Entwicklungsteams müssen sich mit den Zertifizierungsanforderungen und Testmethoden vertraut machen und genügend Zeit im Entwicklungszyklus einplanen, um sich vollständig auf die Tests vorzubereiten. Die University of New Hampshire ist die einzige von der Ethernet Alliance autorisierte Prüfstelle für die PoE-Zertifizierung.

Implementierung von PoE

Bei der Implementierung der PoE-Fähigkeit in ein Endknotengerät müssen die vom PSE empfangene Energie, die Ethernet-Steuerfunktionen und die Energieumwandlung getrennt werden. Viele Hersteller integrieren diese Funktionen in einen einzigen PoE-IC.

Der Si34071 von Silicon Labs ist eine platzsparende Lösung, die externe Komponenten auf ein Minimum reduziert. Der Si34071 entspricht vollständig dem 802.3bt-Standard der Klasse 8 und verfügt über einen hocheffizienten DC/DC-Wandler mit Spitzenstrommodus. Er bietet eine konfigurierbare Schaltfrequenz und ist in einem flachen 5 mm x 5 mm QFN-Gehäuse untergebracht. Für den Anschluss an die Host-MCU ist eine UART-Schnittstelle vorhanden. Die Lösung mit dem Baustein Si34071 ist prädestiniert, um in dem PoE-Evaluierungsboard Si34071AC5V8KIT eingesetzt zu werden.

Das Si34071AC5V8KIT-Evaluierungsboard bietet einen Single-Signatur-Ausgang mit 5 V / 14 A, wobei der DC/DC-Wandler mit isolierter Vorwärts-Topologie mit einem Wirkungsgrad von über 91 Prozent arbeitet. Das Design beinhaltet Auto-Class-Schaltung, Transienten- und Überspannungsschutz. Für die Entwicklung von PSE-seitigen Designs kann der Si3474 PSE IC von Silicon Labs vier 802.3bt-konforme PoE-Ports mit 90 W oder bis zu acht 802.3at/af-PoE-Ports mit 30 W bereitstellen.

Prototyping von PoE-Anwendungen

Microchip bietet ein umfassendes Sortiment an PSE- und PD-ICs und Development Kits für das Prototyping von PoE-Anwendungen. Der PD69208T4 zum Beispiel ist ein PoE-Power-Management-IC zur Verwendung mit einem PD69210-Controller.

Der PD69208T4 ist vollständig konform mit den Standards 802.3af, at und bt und unterstützt bis zu 8 Ports, entweder 2-paarig oder 4-paarig nach Typ 4 PD-Anforderungen mit einer maximalen Ausgangsleistung von 95 W. Diese PSE-ICs eignen sich für den Einsatz in PoE-Switches, Routern und Midspan-Einheiten. Sie sind auch für eine Vielzahl von industriellen Automatisierungssystemen, Gerätesteuerungen und LED-Beleuchtungssteuerungen geeignet.

Das Unternhemen bietet zudem komplette Midspan-PoE-Injektoreinheiten wie den PD9501GCO. Dieses Single-Port-Midspan-Gerät ist für den Außeneinsatz konzipiert und erfüllt die Anforderungen der Schutzart IP67. Es eignet sich ideal für Außenanwendungen wie Sicherheitskameras oder Wireless-LAN-Zugangspunkte und ist außerdem rückwärtskompatibel mit den bekannten Standards 802.3at und 802.3af.

STMicroelectronics bietet ebenfalls eine Reihe von PoE-PD-Geräten. Die PM8805 ist eine IEEE 802.3bt Single-Signature-konforme PoE-PD-Schnittstelle mit integrierten Dual-Active-Bridge-MOSFETS-Konfigurationen, die aufgrund ihrer sehr geringeren Durchlassspannungsverluste anstelle von herkömmlichen Dioden verwendet wird.

Fazit

PoE hat sich von relativ leistungsarmen Anfängen zur bevorzugten Art der Stromversorgung für verschiedene Anwendungen entwickelt, darunter Sicherheitskameras und Gebäudeautomatisierungssysteme. Durch die Weiterentwicklung zur Leistungsfähigkeit von 90 W wurden die Anwendungsbereiche von PoE nochmals erheblich erweitert. Dies wird dazu beitragen, den Einsatz von Ethernet-Infrastrukturen in noch mehr Marktsegmenten und neuen Lösungen deutlich zu beschleunigen.

Bildergalerie

  • Das Diagramm zeigt eine 802.3af-konforme PoE-Implementierung mit zwei verdrillten Paaren.

    Das Diagramm zeigt eine 802.3af-konforme PoE-Implementierung mit zwei verdrillten Paaren.

    Bild: Mouser

  • Die Tabelle zeigt aktuelle PoE-Standards mit Angabe von Typ und Klasse.

    Die Tabelle zeigt aktuelle PoE-Standards mit Angabe von Typ und Klasse.

    Bild: Mouser

  • Verwendung einer Single-Signatur- oder Dual-Signatur-PoE-Stromversorgungsarchitektur.

    Verwendung einer Single-Signatur- oder Dual-Signatur-PoE-Stromversorgungsarchitektur.

    Bild: Mouser

  • Funktionales Blockdiagramm des Silicon Labs Si34071 PoE-IC.

    Funktionales Blockdiagramm des Silicon Labs Si34071 PoE-IC.

    Bild: Mouser

  • Vereinfachtes Blockdiagramm eines Klasse-8-PD mit 71-Watt-Schnittstelle unter Verwendung des Silicon Labs Si34071AC5V8KIT Evaluation Boards.

    Vereinfachtes Blockdiagramm eines Klasse-8-PD mit 71-Watt-Schnittstelle unter Verwendung des Silicon Labs Si34071AC5V8KIT Evaluation Boards.

    Bild: Mouser

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