Treibhausgasemissionen sinken Das ist die Deutsche Klimabilanz 2020

Der größte Emissionsrückgang war im Sektor Energiewirtschaft.

Bild: iStock, aapsky
18.03.2021

In Deutschland wurden im Jahr 2020 weniger Treibhausgase freigesetzt als 2019. Die Minderung ist der größte jährliche Rückgang seit dem Jahr der deutschen Einheit 1990. Allerdings ist wohl ein hoher Anteil davon, auf die Folgen der Bekämpfung der Corona-Pandemie zurückzuführen.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Mit der Klimabilanz 2020 macht Deutschland schon im dritten Jahr in Folge Fortschritte beim ⁠Klimaschutz⁠. Natürlich machen sich in diesem besonderen Jahr auch Pandemie-Effekte bemerkbar, besonders im Verkehrssektor. Aber mir ist wichtig, dass sich auch strukturelle Veränderungen zeigen beim Umbau unserer Volkswirtschaft in Richtung Klimaneutralität. Wie Klimapolitik wirkt, sieht man vor allem im Energiesektor, wo der Kohleausstieg gut vorankommt. Das macht Mut für andere Bereiche, in denen es noch viel zu tun gibt. Dass Deutschland sein Klimaziel für 2020 jetzt doch geschafft hat, ist für mich kein Grund zum Ausruhen. Das höhere EU-Klimaziel wird auch Deutschland mehr abverlangen. Darum sollte die Bundesregierung jetzt schon das geplante Ausbautempo für Wind- und Sonnenstrom in diesem Jahrzehnt verdoppeln. Auch im Gebäudesektor werden rasch weitere Maßnahmen zu prüfen sein. Dafür sorgt das neue Klimaschutzgesetz mit seinen verbindlichen Zielen für jeden einzelnen Sektor, die jetzt zum ersten Mal Wirkung entfalten.“

⁠UBA⁠-Präsident Dirk Messner: „Wir sehen, klimapolitische Instrumente beginnen zu wirken, insbesondere der Ausbau erneuerbarer Energien und die CO2-Bepreisung. Doch ohne die Corona-Lockdowns mit den Einschränkungen bei Produktion und Mobilität hätte Deutschland sein Klimaziel für 2020 verfehlt. Das bedeutet, dass die Emissionen wieder steigen werden, wenn die Wirtschaft anspringt. Das gilt besonders für den Verkehrssektor, der sich nicht auf den vergleichsweise guten Zahlen ausruhen kann. Deshalb ist klar, dass nur ambitionierter Klimaschutz und auf beschleunigte Dekarbonisierung orientierter Strukturwandel in den zentralen Wirtschaftssektoren dazu führen kann, die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. So müssen zukünftig deutlich mehr Windenergieanlagen installiert und die Zahl der Verbrennerautos massiv reduziert werden. Das Klimaschutzgesetz schafft hierfür einen neuen und innovativen Rahmen, weil die Bundesregierung zukünftig neue Maßnahmen umsetzen muss, wenn die jährlichen Klimaziele verfehlt werden.“

Größter Emissionsrückgang im Sektor Energiewirtschaft

Mit rund 38 Millionen t CO2 ist der größte Emissionsrückgang im Sektor Energiewirtschaft zu verzeichnen – das entspricht 14,5 Prozent weniger als 2019. Mit rund 221 Millionen t CO2-Äquivalenten lagen die Emissionen deutlich unter der im Bundesklimaschutzgesetz erlaubten Jahresemissionsmenge von 280 Millionen t. Den größten Anteil an dieser positiven Entwicklung hat der Rückgang der Emissionen aus der Verstromung von Braunkohle, mit minus 23 Millionen t. Die Emissionen aus der Steinkohle-Verstromung sanken um 13 Millionen t CO2 und das trotz der Inbetriebnahme des Kohle-Kraftwerks Datteln 4.

Zu den wichtigsten Gründen für die Fortschritte in der Energiewirtschaft zählt neben niedrigen Weltmarktpreisen für Gas die erfolgreiche Reform des europäischen Emissionshandels, die zu höheren CO2-Preisen geführt hat. So lag der Durchschnittspreis für eine Tonne CO2 2020 trotz Wirtschaftskrise mit etwa 25 Euro auf dem vergleichsweise hohen Niveau des Vorjahres. In der Folge war der Betrieb von Kohlekraftwerken 2020 häufig teurer als der von Gaskraftwerken, die weniger CO2 emittieren. Auch erneuerbare Energien kamen mit einem Anteil von 45 Prozent am ⁠Bruttostromverbrauch⁠ stärker zum Einsatz als in den Vorjahren. Ein weiterer Faktor war der – vor allem durch die Lockdown-Maßnahmen bedingte - Rückgang des Bruttostromverbrauchs um mehr als vier Prozent. Bemerkbar machte sich 2020 auch, dass im Herbst 2019 weitere Braunkohle-Kraftwerksblöcke in die Sicherheitsbereitschaft überführt worden waren. Die im Zuge des Kohleausstiegsgesetzes vorgenommenen ersten Abschaltungen von Braun- und Steinkohlekraftwerken Ende 2020 werden sich erst in der Klimabilanz 2021 signifikant bemerkbar machen.

Treibhausgasemissionen des Verkehrs

Die Treibhausgasemissionen des Verkehrs liegen mit 146 Millionen t CO2 um 19 Millionen t niedriger als im Vorjahr, mit minus 11,4 Prozent – und damit ebenfalls unter der im Bundesklimaschutzgesetz für 2020 festgelegten Jahresemissionsmenge von 150 Millionen t CO2. Der Hauptteil dieser Minderung ist darauf zurückzuführen, dass während des ersten Lockdowns weniger Auto gefahren wurde, vor allem auf den langen Strecken. Dies belegen die niedrigeren Absatzzahlen für Kraftstoffe und Daten von Zählstellen an Autobahnen und Bundesstraßen. Ein mit rund 2 Millionen t kleinerer Teil der Minderung ist auf niedrigere CO2-Emissionen neuer Pkw unter anderem durch den Anstieg der Neuzulassungen von Elektroautos zurückzuführen sowie auf mehr Biokraftstoffe aufgrund der höheren Beimischungsquote. Die ⁠Fahrleistung⁠ der Lkw lag im Vergleich zum Vorjahr nur wenig niedriger. Einen deutlichen Corona-Effekt gab es ebenso beim inländischen Flugverkehr, der 2020 fast 60 Prozent weniger CO2 verursachte – insgesamt rund 1 Millionen t weniger.

Emissionen der Industrie gesenkt

Im Sektor Industrie gingen die Emissionen gegenüber dem Vorjahr um knapp 9 Millionen t CO2-Äquivalente zurück, ein minus von 4,6 Prozent. Mit rund 178 Millionen t CO2-Äquivalenten lagen sie damit unter der im Bundesklimaschutzgesetz festgeschriebenen Jahresemissionsmenge von 186 Millionen t CO2-Äquivalenten. Hier spielen Konjunktureffekte in Folge der Corona-Krise eine wichtige Rolle, die in den Branchen allerdings unterschiedlich ausfielen. Die deutlichste Minderung gab es in der Stahlindustrie, wo die Rohstahlerzeugung um rund 10 Prozent zurückging. Im produzierenden Gewerbe gab es überwiegend leichte Emissionsrückgänge. Die gute Baukonjunktur wiederum führte zu höheren Prozessemissionen der relevanten Branchen in der mineralischen Industrie.

Gebäudesektor überschreitet Jahresemissionsmenge gemäß Klimaschutzgesetz

Im Gebäudebereich kam es 2020 zu einer Emissionsminderung von gut 3 Millionen t CO2-Äquivalenten, ein minus von 2,8 Prozent, auf 120 Millionen t CO2-Äquivalenten. Trotz dieser Emissionsminderung überschreitet der Gebäudesektor damit seine Jahresemissionsmenge gemäß Klimaschutzgesetz, die bei 118 Millionen t CO2-Äquivalenten liegt. Eine Ursache für diese Entwicklung ist ein geringerer Brennstoffverbrauch im Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, konkret ein minus von 4 Millionen t CO2-Äquivalenten und somit ein minus von 13,5 Prozent. Dagegen sind die Emissionen in den Haushalten leicht angestiegen.

Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft

Im Sektor Landwirtschaft gingen die Treibhausgasemissionen um gut 1,5 Millionen t CO2-Äquivalente, ein minus von 2,2 Prozent, auf 66 Millionen t CO2-Äquivalente zurück. Der Sektor bleibt damit unter der für 2020 im Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von 70 Millionen t CO2-Äquivalenten. Gründe dafür sind ein vergleichsweise geringer Einsatz von Mineraldünger, sinkende Rinderbestände und die erneut trockene ⁠Witterung⁠.

Emissionen des Abfallsektors sinken

Die Emissionen des Abfallsektors sanken gegenüber dem Vorjahr um rund 3,8 Prozent auf knapp neun Millionen t CO2-Äquivalente. Damit bleibt der Abfallsektor unter der im Bundesklimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von neun Millionen t CO2-Äquivalenten. Der ⁠Trend⁠ wird im Wesentlichen durch die sinkenden Emissionen der Abfalldeponierung bestimmt.

Im Ergebnis gingen bei allen Treibhausgasen 2020 die Emissionen zurück. Beim dominierenden Kohlendioxid beträgt der Rückgang knapp 67 Millionen t, das ist ein minus von 9,4 Prozent. Die Methangesamtemissionen gingen um gut 1 Millionen t CO2-Äquivalente, also um 2,1 Prozent zurück. Die Lachgasemissionen gingen ebenfalls um gut 1 Millionen t CO2-Äquivalente zurück, das ist ein minus von 3 Prozent. Die Emissionen von fluorierten Treibhausgasen gingen 2020 aufgrund sinkender Bestands- und Befüllungsemissionen um 1,3 Millionen t CO2-Äquivalente, also um 9 Prozent, weiter zurück.

Zum ersten Mal wurden die Emissionsdaten im Rahmen des neuen Bundesklimaschutzgesetzes vorgelegt, das beginnend mit dem Jahr 2020 jährliche, kontinuierlich sinkende Jahresemissionsmengen für die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft und Sonstige festlegt. Die Daten werden nun wie im Gesetz vorgesehen vom neu eingerichteten Expertenrat für Klimafragen geprüft. Der Expertenrat legt innerhalb eines Monats eine Bewertung der Daten vor. Danach hat das Bundesbauministerium laut Gesetz drei Monate Zeit, ein Sofortprogramm vorzulegen, das Vorschläge für Maßnahmen enthält, die den Gebäudesektor in den kommenden Jahren wieder auf den vorgesehenen Zielpfad bringen.

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