Fachbeitrag Die Wirkungsgradfalle von Lüftern

11.12.2012

Bessere Wirkungsgrade von Einzelkomponenten führen nicht immer zu einem besseren System­wirkungsgrad. Dies wird am Beispiel von Radiallüftern deutlich, die nicht nur in Lüf­tungsanlagen eingesetzt werden.

Energiesparen ist ein Thema, das Wirtschaft wie Privat-personen umtreibt. Daher prüfen beide Gruppen Maßnahmen für Einsparungen und realisieren sie je nach Nutzen. Nicht nur im privaten Bereich fragt man sich oft, ob sich die in der Regel höheren Kosten für energieeffizientere Komponenten rechnen. Ein prominentes Beispiel hierfür sind Energiesparlampen. Durch die Regulierung der EU sind im europäischen Binnenmarkt ab gewissen Leuchtstärken nur noch Energiesparlampen verfügbar. Die höheren Investitionskosten rechnen sich - energetisch und finanziell - oft aufgrund der eingesparten Energie in kürzester Zeit. Allerdings ist die Amortisationszeit dieser Lampen eng mit den Einsatzbedingungen verknüpft. Befindet sich das Leuchtmittel in einem Raum wie der Küche, in der täglich für längere Zeit Licht eingeschaltet ist, rechnet es sich schneller, als wenn es sich in einem Keller befindet, der nur zur Aufbewahrung von selten genutzten Gegenständen dient.

Die Kenntnis der Systeme und der Prozesse spielt im industriellen und gewerblichen Umfeld eine weitaus größere Rolle als im Haushalt. Dreht der Anwender an den falschen Stellschrauben, können sich Maßnahmen, die zur Optimierung des Gesamt-wirkungsgrads gedacht sind, negativ auswirken. Ein einfaches und weitverbreitetes Beispiel dafür sind Antriebsstränge in Lüftungsanlagen. Dabei betrifft diese Gefahr nicht nur große Lüftungsanlagen, die auf Dächern von Gewerbe- und Industrie-gebäuden sichtbar sind. Auch kompakte Lüftungsgeräte können von diesem negativen Effekt betroffen sein.

Effektiver Antriebstrang �?� effektives System

Heute besteht ein Antriebsstrang für Lüftungsgeräte prinzipiell aus den Komponenten Frequenzumrichter, Motor, Übersetzung und Lüfterrad. Berechnen lässt sich der Systemwirkungsgrad gemäß VDI DIN 6014 durch Multiplikation der Komponentenwirkungsgrade. Dabei gilt:

ηSystem= ηUmrichter* ηMotor* ηKupplung* ηLüfter

Ein effizientes System müsste demnach das mit den geringsten Verlusten sein.

Aus dieser Überlegung heraus wäre ein logischer Schritt, den verlustbehafteten Frequenzumrichter zu streichen. Allerdings ist gerade die Drehzahlregelung bei Strömungsmaschinen mit quadratischen Lastmomenten - wie es Lüfter sind - anstelle einer Drosselregelung im Lüftungssystem eine einfache, aber sehr effektive Methode zur Energieeinsparung. Die zusätzlichen Verluste, die diese Komponente hat, wiegt die durch sie erzielte Einsparung vielfach auf. Denn durch eine Reduzierung der Drehzahl nimmt bei Lüftern die benötigte Energie kubisch ab. Betrachtet der Anwender nur die Wirkungsgrade der Komponenten, würde der Antriebsstrang ohne Frequenzumrichter selber effizienter werden, der Energiebedarf aber steigen.

Vor 25 Jahren kam der erste Frequenzumrichter auf den Markt, der direkt auf die Erfordernisse von Lüftungsgeräten abgestimmt war. Dies führte zu einer schnellen Akzeptanz der damals neuen Technik. Heute sind im deutschsprachigen Raum Frequenzumrichter Standard, kaum eine Anlage kommt ohne sie aus. Ein weiterer Vorteil der Drehzahlregelung liegt darin, dass oft die Riemenübersetzung zum Antrieb der Lüfter entfällt und die Lüfter direkt auf der Motorwelle sitzen. Die Verluste für die Übersetzung von der Motorwelle auf den Lüfter entfallen in einem solchen Fall.

Wirkungsgrade kontinuierlich verbessert

Wie in fast allen Bereichen haben sich auch in Lüftungs-anlagen die Wirkungsgrade der einzelnen Komponenten kontinuierlich verbessert. So liegen die Wirkungsgrade von Lüftern heute teilweise bei über 70 Prozent. Bei Frequenzumrichtern, abhängig von Leistung und Hersteller, liegen sie typischer-weise sogar bei 90 bis 98 Prozent. Zusätzlich haben die Hersteller die Regelalgorithmen so optimiert, dass sie einen effizienteren Betrieb der Motoren ermöglichen.

Ein großer Wirkungsgradsprung kam bei kleinen Lüftern im Leistungsbereich von wenigen hundert Watt zum Tragen. Ursprünglich setzten und setzen die Hersteller dort wenig effiziente Motoren ein wie zum Beispiel Spaltpolmotoren. Deren Wirkungsgrad liegt, abhängig von der Leistung, zwischen 10 und 30 Prozent. Als Alternative sind heute sogenannten EC-Motoren (EC = Electronically Commutated) erhältlich. Technologisch handelt es sich dabei um einen bürstenlosen Gleichstrommotor (Brushless DC = BLDC) mit Permanentmagneten, bei dem die benötigte Kommutierungselektronik im Motor direkt integriert ist. Diese Motoren erreichen bereits bei wenigen Watt einen Wirkungsgrad von 75 Prozent. Vergleicht man diesen Wert mit den 10 bis 30 Prozent Wirkungsgrad eines Spaltpolmotors, ist der Wirkungsgradgewinn enorm. Zusätzlich erlaubt die Elektronik eine Drehzahlregelung, die zu weiteren Einsparungen führen kann.

Konsequenterweise übertrugen die Hersteller das Prinzip der EC-Motoren auf immer höhere Leistungen. So sind heute EC-Motoren bis etwa 5,5 kW erhältlich. Die optimale Abstimmung der Elektronik auf den Motor führt zu Wirkungsgraden auf IE3- beziehungsweise IE4-Niveau. Allerdings benötigt die BLDC-Technik aufgrund des Kommuntierungsverfahrens einen �??2-fach höheren Strom als permanenterregte (PM) Motoren, die eine Pulsweitenmodulation (PWM) zur Ansteuerung nutzen.

Deshalb lassen sich aus der Kombination von Standard-umrichtern mit Standard-PM-Motoren zumindest gleiche, meist sogar bessere Wirkungsgrade erzielen, als bei optimierten EC-Motoreinheiten.

Die Wirkungsgradfalle

Wie eingangs erwähnt, müssten Anwender aus rein wirkungsgradtechnischen Überlegungen auf den Einsatz von Frequenzumrichtern zum Beispiel bei Lüftungsgeräten verzichten. Da die Verluste dieser Geräte aber relativ gering und ihr Einsparpotenzial im System sehr hoch ist, sind sie in vielen Anwendungen inzwischen unverzichtbar. Selbst in Ländern, in denen oft heiße Temperaturen herrschen, rechnet sich der Einsatz einer Drehzahlregelung. Eine Beispielrechnung für ein Lüftungsgerät in Indien zeigt die verschiedenen Potenziale.

Bei einem gegebenen Lastprofil wie in der Abbildung oben links führt der Verzicht auf einen Frequenzumrichter und der Einsatz eines IE3-Motors zu einer Reduzierung des Energie-bedarfs von rund sechs Prozent gegenüber einer Drosselregelung mit IE1-Motor.

Nutzt die Anwendung jedoch einen schlechten IE1-Motor zusammen mit einem Umrichter, ergibt sich eine Einsparung von etwa 30 Prozent, wie in der Abbildung rechts gezeigt. Beim Verwenden eines IE3-Motors im Zusammenspiel mit dem Frequenz-umrichter sogar von zirka 32 Prozent. In gemäßigten Klimazonen sind die Einsparungen durch häufigeren Betrieb im Teillastbereich entsprechend höher.

Genau das entgegengesetzte Problem tritt beim Einsatz von EC-Motoren in Radial-Ventilatoren auf. Um möglichst kompakte und effiziente Einheiten zu bauen, führen Hersteller EC-Motoren für Lüfter als Außenläufer aus und befestigen die Lüfterräder direkt am Rotor. Auf den ersten Blick eine ideale Lösung: Hoher Motorwirkungsgrad und kompakte Einbaumaße. Aerodynamisch ergeben sich durch diese Konstruktion allerdings Nachteile im Lüfterwirkungsgrad. Je größer die Nabe, die in den Lüfter hinein ragt, desto mehr Verwirbelungen treten auf, und desto schlechter ist der Lüfterwirkungsgrad. Eine große Nabe kann den Wirkungsgrad um fünf bis zehn Prozent reduzieren. Da der EC-Motor in der beschriebenen Konstruktion als Nabe dient, verschlechtert sich der Wirkungsgrad, je tiefer der Motor im Lüfter sitzt.

Der EC-Motor hat aufgrund seiner großen Wirkungsgradvorteile im kleinsten Leistungsbereich das Image eines höchst effizienten Motors. Mit steigender Leistung nimmt dieser Vorteil allerdings ab und liegt bereits ab rund 1,1 kW auf dem Niveau anderer Motortechnologien wie hocheffiziente Drehstrommotoren oder PM-Motoren. Zusätzlich haben Motoren in der "klassischen" IEC-Bauform den Vorteil, dass sie nicht das Lüfter-rad versperren wie in der Nabe integrierte EC-Motoren.

Der reduzierte Lüfterwirkungsgrad kann bei der System-betrachtung sogar dazu führen, dass ein EC-Motorsystem trotz des hohen Motorwirkungsgrad einen schlechteren Systemwirkungsgrad hat, als ein System mit wirkungsgradschwächerem Standardasynchronmotor, betrieben von einem Frequenzumrichter.

Bessere Systeme sparen Energie

Die beschriebe Problematik zeigt, dass nur die Betrachtung des Gesamtsystems zu sinnvollen Ergebnissen führt, nicht nur der Blick auf den Wirkungsgrad. So reduzieren zum Beispiel zusätzliche Verluste etwa durch Frequenzumrichter den Wirkungsgrad, führen aber gleichzeitig zu einem reduzierten Ener-giebedarf. Dies spiegelt sich in einer reinen Betrachtung der Einzelwirkungsgrade nicht wieder. Weiterhin belegt der hier beschriebene Fall der EC-Motoren in Radiallüftern, dass der Einsatz einer Komponente mit besserem Wirkungsgrad sogar zu einer Verschlechterung des Systemwirkungsgrads führen kann.

Das Optimieren der einzelnen Komponenten ist ein wichtiger Faktor und hilft den Energiebedarf zu reduzieren. Dennoch müssen Anwender und Hersteller immer den Einfluss auf das System betrachten, sonst kommen zu den Kosten für die Optimierung der Komponenten im schlechtesten Fall noch höhere Verbrauchskosten hinzu.

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