Ex-Schutz Module mögen`s eigensicher

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26.05.2015

Eine Kombination verfahrenstechnischer Module, eng gepackt und flexibel einsetzbar – so sieht nach Meinung vieler Betreiber ein zukunftsfähiges Anlagenkonzept aus. Welche neuen Rahmenbedingungen resultieren daraus für den Explosionsschutz? Einen Beitrag zur praxistauglichen Umsetzung könnte das neue eigensichere Ex-Schutz-Konzept der PTB leisten.

Ein modulares Anlagenkonzept für kontinuierlich arbeitende verfahrenstechnische Anlagen, wie es auf der Namur-Hauptsitzung 2013 diskutiert wurde, bringt vor alle Prozessbeteiligten weitreichende Veränderungen mit sich. So müssen die Aufgaben zwischen Betreibern, Modul- und System-Lieferanten neu verteilt werden. Das Engineering der Module verlagert sich vom Anlagenbau zum Modul-Lieferanten. Die System-Lieferanten müssen ein Automatisierungskonzept erarbeiten, das ein zentrales Bedienen und Beobachten der unterschiedlichen Module ermöglicht. Die Betreiber verlieren den Durchgriff auf die Feldebene.

Unter all diesen veränderten Bedingungen müssen die geltenden Standards und Normen für den Explosionsschutz erfüllt werden. Die elektrische Automatisierungstechnik im Ex-Bereich muss die Anforderungen der EN 1127-1 (Explosionsfähige Atmosphären) und der IEC EN 60079-X (Elektrischer Explosionsschutz, Zündschutzarten) erfüllen.

Auf Grund der kompakten Bauform der verfahrenstechnischen Module ist zu erwarten, dass innerhalb der Module die Anforderungen der Ex-Zone 1 zu erfüllen sind. Die kompakte Bauform der Module bedingt wenig Durchlüftung. Deshalb ist mit dem Auftreten von zündfähiger Atmosphäre auch im Normalbetrieb zu rechnen. Das modulbasierte Design von Verfahrens- und Automatisierungstechnik verändert die Anforderungen in Bezug auf das Explosionsschutzkonzept. Die kompakte Bauform bedingt zudem eine hohe Einbaudichte der Komponenten. Die Möglichkeiten, die Automatisierungstechnik im Ex-freien Bereich zu montieren, sind dadurch stark eingeschränkt.

Modul-Standard schränkt Geräteauswahl ein

Die Wahl des Explosionsschutz-Konzepts limitiert die Auswahl an möglichen Automatisierungsprodukten. Diese Auswahl wird durch die Forderung nach Standards innerhalb der Module noch weiter eingeschränkt. Hier müssen die Modul-Lieferanten gegebenenfalls neue Methoden entwickeln, die dann eng mit den Betreibern im Hinblick auf Betriebsbewährung und Praxistauglichkeit hin überprüft werden müssen.

Eine neue Herausforderung für den Explosionsschutz ist die Tatsache, dass nicht nur die Packungsdichte innerhalb der Module hoch ist, sondern die Module auch dicht nebeneinander betrieben werden. Deshalb muss gegebenenfalls die Wechselwirkung der Module untereinander im Explosionsschutzdokument berücksichtigt werden. An dieser Stelle müssen die Betreiber eng mit den Modul-Lieferanten zusammenarbeiten, um das Explosionsschutzdokument zu erstellen, welches die räumliche Anordnung der einzelnen Module berücksichtigt. Nur so bleibt die Anlagensicherheit auch in Zukunft auf hohem Niveau.

Bei klassischen Anlagen wird häufig die Automatisierungstechnik mit Leistung < 2W in der Zündschutzart Eigensicher (Ex i) ausgeführt. Komponenten mit größerer Leistung werden im ex-freien Bereich oder zum Beispiel in der Zündschutzart druckgekapselt (Ex d) montiert. In Modulen wird diese Flexibilität stark eingeschränkt. Alle Komponenten müssen möglichst dicht beieinander montiert werden. Dabei sind die Installationsvorschriften nach IEC/EN 60079-14 zu erfüllen und auch die Anforderungen, die an eigensichere Betriebsmittel nach IEC/EN 60079-11 gestellt werden.

Wenn die Modularisierung bei den Anlagen wirklich flächendeckend Einzug halten soll, dann sind neben den bestehenden Konzepten auch neue innovative Konzepte im elektrischen Explosionsschutz nötig.

Mehr Ex-i-Leistung für 
modulare Anlagen

Die Zündschutzart Eigensicherheit ist bei den Anwendern beliebt, denn hier kann im laufenden Betrieb an den Ex i-Stromkreisen gearbeitet werden. Schwachstelle der Eigensicherheit ist jedoch die begrenzte Leistung von ca. 2 W (für Ex ib und Gasgruppe IIC), die für die Automatisierung je Stromkreis zur Verfügung steht. Über die Zündschutzart Ex i mit höherer Leistung denkt die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) schon lange nach. So wird noch in diesem Jahr ein neuer internationaler Standard „Power-i“ als IEC TS 60079-39 für die Automatisierung Wirklichkeit werden.

Der Vorteil der Power-i-Technologie besteht darin, dass eine wesentlich höhere eigensicher umsetzbare Wirkleistung (bis zu 50 W bei kurzen Leitungslängen, bei längeren Leitungen entsprechend weniger) im explosionsgefährdeten Bereich zur Verfügung steht, und das bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Zündschutzart Ex i. So kann man bei deutlich höheren Leistungen in eigensicheren Stromkreisen Wartungsarbeiten und Umbauten im laufenden Betrieb ohne Heißarbeitserlaubnisschein durchführen. Mit Power-i lassen sich die Vorteile der Zündschutzart Eigensicherheit zukünftig auch dort anwenden, wo bisher aus Energie- und Kostengründen andere Schutzkonzepte etabliert waren.

Rote-Couch-Talks und Diskussionsrunden auf der Achema

Sicherheit in all ihren Facetten, für die Prozessindustrie eines der Top-Themen, wird auf der Achema entsprechend hohe Bedeutung eingeräumt: auch auf dem Forum Automation im Dialog in Halle 11.2, Foyer - Nordwest. Die Veranstaltung mit Expertenrunden und Podiumsdiskussionen wird von Namur, ZVEI und ARC getragen und von P&A mit täglich zwei VIP-Talks auf der Roten Couch unterstützt. Zum Thema Sicherheit gibt es folgende Veranstaltungen:

  • Montag, 15.6.2015, 15:00: Meet the Experts - Automation Security Agenda 2020

  • Mittwoch, 17.6.2015, 13:00 Podiumsdiskussion - Ohne IT-Security keine Industrie 4.0

  • Donnerstag, 18.6.2015, 11:00 Meet the Experts - Neue Entwicklungen im elektrischen Explosionsschutz

Die "Rote Couch by P&A" greift die Themen Sicherheit und modulare Automation auf dem Namur-ZVEI-Forum ebenfalls auf, am

  • Montag, 15.6.2015: VIP-Talk mit Daniel Huber von ABB: "Modulbasierte Produktion - Auswirkungen auf die Automation im Umfeld von Industrie 4.0

  • Freitag, 19.6.2015: VIP-Talk mit Ulrich Hempen: "Wenn Package Units zusammenwachsen - Anforderungen and die modulare Automation

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