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Distribution & Dienstleistung „Ich freue mich über jeden Schritt“

Renate Olschewski-Prochnow ist Geschäftsführerin der Repro Elektronik GmbH.

Bild: Repro Elektronik
07.07.2015

Renate Olschewski-Prochnow, Geschäftsführerin von Repro Elektronik in Neu-Anspach über Kooperation als ersten Schritt zu einer vertrauensvollen Nachfolgeregelung.

Wann fing ich an, mir Gedanken zu dem Thema Nachfolge zu machen? Eigentlich mit dem Tod meines Mannes, dem Firmengründer. Auch er wollte schon längst seinen „Ruhestand“ angetreten haben. Doch immer gab es neue operative Aufgaben, denen wir uns stellen mussten, sodass für mittel- oder langfristige strategische Überlegungen kaum die Zeit blieb. Nach dem Tod des Firmengründers hatte ich als Gattin ja bereits eine Nachfolge angetreten, sah mich jedoch eher als „Statthalterin“ denn als Unternehmerin, die „Ihr“ Unternehmen leitet. Vielleicht war ich deshalb auch offener für die Frage, ob ich das Unternehmen an den Markt bringen wolle. Immer wieder kamen Anfragen in diese Richtung von M&A-Beratern und in der Regel landeten sie schnell im Papierkorb. Eine jedoch zog ich wieder hervor und legte sie an die Seite.

Die schnelle Veränderung, heute spricht man wohl von Volatilität, im Industriemarkt stellte mir seit einiger Zeit Denksportaufgaben. Wie kann ich die Firma zukunftsgerecht ausstatten und in sichere Zielmärkte führen? Habe ich die notwendigen Ressourcen, und bekomme ich geeignete Mitarbeiter? Als kleines Unternehmen kann man nur begrenzt die Attraktivität der Großen bieten. Wie kann man diese erhöhen und wo die Finanzmittel besorgen? Diese Fragen kennt jeder kleinere Mittelständler.

Eigentlich hatte ich den Zeitpunkt der Übergabe auf 2016/17 projektiert, stellte mich aber auf das Gesuch hin für ein Gespräch zur Verfügung. Ich wollte nicht über Kennzahlen sprechen, sondern über die Firmenphilosophie, über die Menschen im Unternehmen und über die Visionen, die mich trieben. Das hätte auch schiefgehen können. Der Standard für Geschäftsanbahnungen dieser Art sieht das höchstens als Beiwerk vor. Aber schnell zeigte sich, dass genau dieser Weg meinen Gesprächspartnern zu gefallen schien. Man blieb im Gespräch, kam sich menschlich näher und fasste Vertrauen. Damit war aus meiner Sicht der wesentliche Schritt getan. Unter dem Aspekt des Vertrauens lässt es sich viel besser über Geschäfte sprechen – das war auch im operativen Bereich immer meine Firmenphilosophie. Auf diese zahlte ich jetzt auch ein.

So entstand die Idee der Kooperation, die bereits feste Regeln und finanzielle Bindungen forderte, wie z. B. die gemeinsamen Messeauftritte, sowie eine gemeinsame Linecard, die unter einem Corporate Design entstand. Daneben die Organisation eines gemeinsamen Vertriebs, der die Produkte aller Partner umfasste und einer gemeinsamen Leitung unterstellt wurde. Damit hatten sich alle Partner bereits stark engagiert.

Relativ schnell wurde dann klar, dass einher mit weiteren Schritten auch Investitionen notwendig würden, die einen längeren Planungshorizont benötigten. Jetzt kam das Thema Nachfolge endgültig auf den Tisch. Das bereits vorhandene Vertrauen sorgte dafür, dass eine faire und realisierbare Form des Gesellschafterwechsels gefunden wurde. Alle Seiten sahen darin nicht den „Deal“, sondern die Zukunft. Die Zukunft des Unternehmens, vor allem aber auch der Mitarbeiter und der Unternehmerfamilien.

Von allen Geschäftspartnern wurden der eingeschlagene Weg und das Ergebnis sehr positiv bewertet. Die Attraktivität als Arbeitgeber hat sich deutlich erhöht, was wir bereits bei der Besetzung neu geschaffener Positionen erfahren durften. Für die Mitarbeiter stellen sich die neuen Möglichkeiten des Unternehmens ebenfalls sehr motivationsfördernd dar. Über eine verstärkte, sehr zeitnahe Kommunikation wurden die Mitarbeiter stets über den Status und weitere Planungen informiert. So konnten wir die üblicherweise auftretenden Unsicherheiten und Ängste weitestgehend vermeiden.

Fast genau 2 Jahre nach Eingang des Akquisitionsbriefes fand der Gesellschafterwechsel statt. Und ich bin noch dabei – als „Alt-Unternehmerin“ und freue mich über jeden neuen Schritt, den wir allein nicht hätten gehen können. Mit meinen Erfahrungen werde ich noch einige Zeit das Wachstum begleiten und komme heute zu dem Schluss, dass ich es noch einmal genauso machen würde. Vom ersten Tag an.

Mehr über die angesprochene Kooperation und die Nachfolge im Mittelstand können Sie in diesem Artikel nachlesen.

Die Eindrücke der anderen beiden Partner finden Sie unter folgenden Links:

Frank Bleicher von Haug Components Holding

Gangolf Kaiser von Henskes Electronic Components

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