Fachbeitrag Das Taxi der Zukunft

23.09.2014

Im urbanen Raum spielt das Taxi als Bindeglied zwischen öffentlichem Personennahverkehr und privatem Auto eine wichtige Rolle. Durch die Einführung intelligenter Technik soll das Taxi künftig noch wesentlich effizienter und umweltfreundlicher werden.

Taxis sind in der Forschung bisher wenig beachtet worden, auch weil sich dieser stark reglementierte Verkehrssektor bislang selten für Veränderungen im Verkehrsbereich öffnete. Die zunehmende Konkurrenz von neuen Taxidiensten wie Uber, Lyft oder Wundercar setzt die Branche zunehmend unter Druck, zeigt aber auch das große Innovationspotenzial, das Taxis als urbane Fahrzeugflotten besitzen.

Städtische Mobilitätssysteme stoßen weltweit an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und müssen künftig mehr Effizienz, mehr Flexibilität und größere Nachhaltigkeit bieten. Allgegenwärtig ist dabei das Paradigma, dass die Vorteile von individuellem und öffentlichem Verkehr unvereinbar sind. Während öffentliche Transportmittel durch hohe Kapazitäten und Effizienz die umweltfreundlichere Variante sind, möchten viele Menschen auf die Vorteile des Individualverkehrs – Komfort, Flexibilität und Individualität – nicht verzichten. Das Taxi als Form des öffentlichen Verkehrs nimmt dabei eine Sonderrolle ein, da es wesentlich flexibler als konventionelle öffentliche Verkehrsmittel und dabei gleichzeitig durch höhere Belegungsgrade effizienter als der Individualverkehr sein kann. Optimierungspotenzial besteht dennoch reichlich. Eine noch höhere Auslastung ließe sich durch das Teilen von Taxifahrten erzielen. Verbesserungen an Fahrzeug, Buchungssystem und Design könnten das Umweltpotenzial erhöhen. Aber auch hinsichtlich neuer Geschäftsmodelle ist Spielraum nach oben – ist das Taxi in Deutschland doch lange nicht so stark in den Gesamtmobilitätskontext eingebunden wie in anderen Ländern.

Zukunftslabor

Wie sich die Mobilität in Zukunft und damit auch das Taxi verändern wird, damit beschäftigen sich schon seit längerem Forscher am Mobility Innovation Lab des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart und am Senseable Cities Lab des Massachusetts Institute of Technology MIT in Boston. In der neu gegründeten Initiative „Ambient Mobility Lab“ [1] bündeln nun beide Institute ihre Kompetenzen. So sollen die grundlagenzentrierten und interdisziplinären Big-Data-Ansätze des MIT mit der anwendungsorientierten Forschung des Fraunhofer Instituts verknüpft werden. Diese neuartige länderübergreifende Forschung in einem gemeinsamen Labor wird mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von 2,65 Millionen Euro vom Land Baden-Württemberg gefördert und soll den Forschungs- und Entwicklungsstandort zukunftsweisender Mobilitätstechnologien weiter stärken.

Bei der Frage, wie sich die Mobilität in Zukunft verändern wird, sind die Forscher sich einig, dass die zunehmende Verbreitung von Sensoren und die intelligente Vernetzung von Technologien eine große Menge an Daten erzeugen, durch die völlig neue Erkenntnisse für die Gestaltung von Mobilitätssystemen gewonnen werden können. Hinzu kommen neue Technologien wie das autonome Fahren, neue Applikationen und alternative Antriebe, die Mobilitätssysteme in den Städten revolutionieren werden. Die intelligente Organisation von Fahrzeugflotten und das Teilen von Fahrzeugen verwischen zunehmend die Grenzen der Unvereinbarkeit zwischen privatem und öffentlichem Verkehr. Im Juli 2014 wurde das Am­bient Mobility Lab durch Vertreter aus Forschung, Politik und Industrie offiziell eröffnet. Gleich zwei der fünf Pilotprojekte widmen sich dem Thema Taxi. Das Projekt „Hub Cab“ untersucht das Sharing-Potenzial von Taxis in verschiedenen Städten. Im Projekt „Future Urban Taxi“ soll das Zukunftspotenzial des Taxis als Gesamtsystem untersucht werden.

Taxis teilen

Das Projekt Hub Cab wird schon längere Zeit am MIT bearbeitet und soll im Ambient Mobility Lab vertieft werden. Das Projekt begann mit der Analyse von 170 Millionen Datensätzen, gewonnen in allen 13.500 Taxis der Stadt New York im Jahr 2011. Die enthaltenen Geodaten geben Auskunft über Ein- und Ausstiegspunkte der Kunden. 99 Prozent aller Straßen New Yorks mit Ausnahme von Staten Island sind enthalten. Seit 2008 ist es für alle Taxis in New York vorgeschrieben ein „Taxi Technology System (TTS)“ zu verwenden. Durch dieses GPS-gestützte System werden Daten zu den Fahrstrecken erhoben und direkt an die Behörde übermittelt, die für alle Yellow Cabs zuständig ist.

Die Auswertung dieser umfassenden Daten zeigten zum Beispiel anhand der Leerfahrten die Ineffizienz des derzeitigen Taxisystems. Mit Hilfe eines Algorithmus fanden die Forscher heraus, dass sich 90 Prozent aller Taxifahrten in Manhattan bei einer maximal fünfminütigen längeren Fahrtzeit teilen ließen. Damit ließen sich 40 Prozent der gefahrenen Strecken einsparen. Ähnliche Ergebnisse zeigte das Projekt bei Auswertungen von Taxidaten in anderen Städten wie Wien oder Singapur. Innerhalb des Ambient Mobility Labs soll das Projekt um Datenauswertungen mit genauen Personenanzahlen erweitert werden und auch deutsche Städte untersucht werden.

Das Projekt Future Urban Taxi untersucht das Taxi im Systemzusammenhang am Beispiel einer konkreten Stadt, die im Lauf der ersten Projektphase ausgewählt wird. Im Zentrum stehen die vier großen Treiber, die die Mobilität von Morgen grundlegend verändern werden: Sharing, autonomes Fahren, elektrische Antriebe und Systemkonvergenz. Ziel des Projekts ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie das Taxi als individuelles öffentliches Verkehrsmittel sein ökologisches und ökonomisches Potenzial ausschöpfen und damit beispielhaft für Flottensysteme der Zukunft stehen kann.

Autonome Taxis

Die Vision des Taxis der Zukunft ist also ein geteiltes, elektrisches, und – zumindest in Teilgebieten der Stadt – autonomes Fahrzeug, das sich perfekt in den städtischen Systemzusammenhang verschiedener Subsysteme einpasst und neben der Beförderung von Personen zusätzliche Funktionen wie Gütertransport oder mobile Besprechungsräume übernehmen kann. Dabei sollen die Fragen nach räumlichen, ökonomischen und prozessualen Potenzialen einer Taxiflotte im Jahr 2025 beantwortet werden. Durch ein hocheffizientes Taxisystem als perfekte Ergänzung zum öffentlichen Verkehr könnten zum Beispiel Verkehrsflächen eingespart werden und Investitionskosten amortisiert werden. So soll ein auf Big Data gestütztes Konzept für ein ideales geteiltes, elektrisches und autonomes Taxi für eine bestimmte Stadt entwickelt werden und Vorteile für Nutzer, Flottenbetreiber sowie Städte herausgearbeitet und Geschäftsmodelle abgeleitet werden.

Mit diesem ganzheitlichen Ansatz soll die Hypothese untermauert werden, dass die intelligente Kombination der vier großen Treiber disruptive und profitable Konzepte für zukünftige Flotten ermöglicht. So könnten hohe Investitionskosten durch Einsparungen an anderer Stelle kompensiert werden.

Weitere Informationen

[1] www.ambientmobility.org

Bildergalerie

  • Besser in jeder Dimension: Taxis als Teil eines urbanen Verkehrssystems

    Besser in jeder Dimension: Taxis als Teil eines urbanen Verkehrssystems

    Bild: Fraunhofer IAO

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