Interview Viele Wege führen zur ölfreien Luft

16.03.2012

Der bewährte Kolben, Schraube, Drehkolben - oder ganz neue Ansätze? Luft lässt sich auf vielen Wegen verdichten. In der Lebensmittelindustrie ist die Vermeidung von Verunreinigung besonders wichtig. Erfahrungswerte führen zum richtigen System für das jeweilige Einsatzprofil.

Wo kein Öl drin ist, kann auch kein Öl durchbrechen. Dieser simple Gedanke macht ölfreie Kompressoren gerade in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie beliebt. Denn dort unterliegt Druckluft einer besonders intensiven Kontrolle. Schon geringste Kontaminationen, die von diesem unverzichtbaren Medium auf Nahrungsmittel, Abfüllanlagen oder Verpackungsmaterialien übertragen werden, können hohe wirtschaftliche Schäden zur Folge haben. Deshalb wird sowohl für den Gesamtölgehalt als auch für die festen Verunreinigungen eine Qualität gefordert, die besser ist als Klasse1 nach DIN ISO 8573-1: 2001. Das bedeutet einen Restölgehalt von unter 0,01mg/m 3und eine Teilchendichte von unter 0,1mg/m 3. Allein die Verunreinigungen durch das Schmieröl betragen je nach Verdichterbauart bei ölgeschmierten Kompressoren bis zu 40mg/m 3; bei älteren Kompressoren können es sogar mehr als 100mg/m 3sein. Der Aufwand für die nachgeschaltete Aufbereitung bei Ölfrei-Kompressoren ist also sowohl im Investitionsvolumen als auch bei den Betriebskosten deutlich geringer. Die Entscheidung, welche Kompressortechnik für die Erzeugung der gewünschten Druckluftqualität eingesetzt wird, kann daher nicht ohne die Einbeziehung neuer Entwicklungen und Erfahrungswerte getroffen werden. Dabei spielen Hightech-Kompressoren der jüngsten Generation zur Erzeugung ölfreier Druckluft wie Quantima oder PureAir ebenso eine Rolle wie die weiterentwickelte traditionelle Kolbenkompressortechnik.

Systemübergreifend zur Effizienz

„Objektive Beratung auf der Grundlage eines systemübergreifenden Kompressorangebots und branchenspezifische Erfahrung sind Voraussetzung für die Planung neuer und die Umrüstung bestehender Drucklufterzeugungsanlagen“, meint dazu Harald Härter, Managing Direktor Vertrieb bei CompAir. Auf der Anuga FoodTech will das Unternehmen zeigen, dass für die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche in der Lebensmittelindustrie nicht ein spezielles Kompressorprinzip die Lösung ist, sondern Effizienz und Sicherheit bei der Wahl des Verdichtersystems die entscheidenden Parameter sind.

Schraube, Rotorwelle oder Kolben?

Für den Leistungsbereich bis 18m 3/min hat sich aus Härters Sicht die PureAir-Technologie etabliert, die sich durch besonders günstige Lebenzykluskosten auszeichnet. Bei diesen Ölfrei-Verdichtern wird die Druckluft von einer Schraube aus Bronzelegierung und einem Paar Schieberrotoren aus kohlefaserverstärktem Kunststoff erzeugt. Für die nötige Schmierung, Abdichtung und Kühlung des Verdichterblocks sorgt Wasser, das in das Kompressionselement eingespritzt wird. Die guten Kühleigenschaften des Wassers ermöglichen den Kompressorbetrieb mit niedrigen Verdichtungstemperaturen von maximal 60°C. Die Konsequenz: Der Wirkungsgrad der PureAir-Verdichter ist dank der nahezu isothermen Verdichtung sehr hoch, der Energieverbrauch ist entsprechend gering. Trotz des niedrigen Temperaturniveaus kann auch diese Kompressortechnologie für die Wärmerückgewinnung genutzt werden. Zum Beispiel bei Rovita: Der Geschmacksmittel- und Stabilisatorenhersteller benötigt im Nassbetrieb rund 43°C warmes Waschwasser. Über die Wärmerückgewinnungsanlage von CompAir lässt sich dieses zum Nulltarif bereitstellen.Ein anderes, neuartiges Kompressorprinzip stellen die Quantima-Verdichter vom selben Hersteller dar. Die von ihnen erzeugte Druckluft ist nicht nur frei von Öl, sondern auch von sonstigen Fluiden und Schmiermitteln. Ein drehzahlgeregelter High-Speed-Elektromotor treibt eine Rotorwelle an, die an beiden Seiten mit jeweils einem Impeller verbunden ist. Das einzige bewegliche Bauteil, die direkt angetriebene Rotorwelle, wird von adaptiven Magnetlagern völlig berührungslos geführt - ohne Getriebe, Wälzlager, Reibung, ohne Öl und ohne Verschleiß. Dabei werden variable Drehzahlen von bis zu 60.000min -1erreicht. Die Baureihe steht für Liefermengen von 26,7m 3/min bis52,1 m 3/min bei 7bar(ü) - bisher eine Domäne großer Schraubenkompressoren und Turboverdichter. Überraschend ist der Erfolg von ölfrei arbeitenden Kolbenkompressoren, die nach dem Halblast/Volllastkonzept arbeiten. Immer häufiger entscheiden sich Unternehmen in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie für diese traditionelle Technik, wenn die Nach- und Umrüstung von Kompressorstationen geplant wird.

Entscheidend sind die Erfahrungswerte

Ein typisches Beispiel aus der Lebensmittelindustrie ist ein Anwender, der seine Schraubenkompressoren durch zwei ölfreie, zweistufige Champion-Kolbenverdichter von CompAir ersetzt ließ, die nun mit Brunnenwasser gekühlt werden. Der Typ R100 mit 55-kW-Antrieb bietet einen maximalen Volumenstrom von 10m 3/min. In Volllast kann der komplette Druckluftbedarf von einem Verdichter gedeckt werden, der zweite dient lediglich der Versorgungssicherheit. In diesem Fall konnten die gesamten Druckluftkosten nach der Inbetriebnahme der neuen Station halbiert werden. Dazu leistet auch die durchdachte Abwärmenutzung einen Beitrag: Es wurde ein geschlossener Kühlkreislauf mit zwei Wärmetauschern installiert. Ein Wärmetauscher liefert (Wärme-)Energie für den 20.000Liter fassenden Warmwasserspeicher. Ölfreie Kolbenkompressoren, Verbundsteuerung und Wärmerückgewinnung - das sind die drei Faktoren, die für eine äußerst wirtschaftliche Drucklufterzeugung für die sensiblen Prozesse in der Lebensmittelindustrie sorgen. Entscheidend für die Anwender ist dabei, Erfahrungswerte zu nutzen. Ob neue Kompressortechnologie oder traditionelle Kolbenmaschinen - die Effizienz der ölfrei arbeitenden Verdichterstationen ist entscheidend und die hängt maßgeblich vom Einsatzprofil ab.

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