Automotive-Ethernet Ethernet auf dem Vormarsch

Der Some/IP-Simulator NetTucan kann mehrere Netzwerkknoten und ECUs simulieren ohne weitere Komponenten zu benötigen.

Bild: b-plus
12.10.2016

In der Fahrzeugtechnik verbreitet sich Automotive-Ethernet als Kommunikationsschnittstelle. Sie ist die Voraussetzung für die Entwicklung der nächsten Generation von Assistenz- und Infotainment-Systemen. Bei der Umstellung gibt es jedoch einige Herausforderungen.

Die Ethernet-basierte Kommunikation ist eine seit Jahrzehnten etablierte Technologie in der Office/IT-Welt. Auch bei der Fahrzeugdiagnose ermöglichte der Einsatz von Ethernet (DoIP, Diagnostics over Internet Protocol) vorteilhafte Konzepte und Lösungen. Als konsequenten Schritt verbreitet sich Ethernet nun in der Fahrzeugtechnik. Mit der Umstellung auf Automotive-Ethernet und dem damit verbundenen Einsatz von Protokollen wie zum Beispiel Some/IP (Scalable Service-Oriented Middleware) werden Entwickler vor neue Herausforderungen gestellt.

Neben dem Bussystem CAN (Controller Area Network) haben sich in kürzester Zeit auch LIN (Local Interconnect Network), MOST (Media Oriented Systems Transport) und der Kommunikationsbus Flexray im Fahrzeug etabliert. Der Wunsch nach einer reduzierten Anzahl von verschiedenen Bussystemen verstärkte sich. Zudem steigen die Anforderungen an hochbandbreitige Sensoren, was die Integration von Ethernet im Fahrzeug beschleunigt. Mit dem Einsatz von Automotive-Ethernet, einem skalierbaren Netzwerk im Fahrzeug, ist ein Umdenken in der Entwicklung von Nöten.

Zunächst bringt Automotive-Ethernet Vorteile mit sich. Diese Technologie ist eine entscheidende Voraussetzung für die Entwicklung der nächsten Generation von Assistenz- und Infotainment-Systemen. Die skalierbare Technologie ermöglicht es, Teilnetze Bandbreiten-gesteuert unterschiedlich zu gestalten. Zudem ist Ethernet neben dem Einsatz innerhalb eines Fahrzeuges auch für eine Car-2-X-Kommunikation geeignet, welche ebenfalls in die Entwicklung zukünftiger Fahrzeuge einfließt.

Herausforderung der Übertragungsphysik

So schön die Vorteile auch klingen, die Umstellung ist für Entwicklungsgruppen mit neuen Herausforderungen verbunden. Der Umgang mit Automotive-Ethernet erfordert neue und vor allem verlässliche Entwicklungswerkzeuge. Da es sich bei diesem Ethernet um eine andere Übertragungsphysik handelt – zum Beispiel der Ethernet-Schnittstelle für 100 MBit/s 100BASE-T1 –, bedarf es immer eines Medienkonverters. Dieser Medienkonverter wird gebraucht, um mit PC-Schnittstellen an die Fahrzeugkommunikation zu gehen. Er ist somit das Bindeglied von der Office/IT-Welt in die automobile Ethernet-Kommunikation. Für die Entwicklung von Netzwerken und Steuergeräten mit BroadR-Reach bietet b-plus daher das Werkzeug Netlion an. Im Betriebsmodus „Medienkonverter“ werden hier bis zu zwei BroadR-Reach-Verbindungen in Standard 100BASE-TX-Ethernet konvertiert.

Durch die neu ins Fahrzeug kommende Topologie der Baum-/Stern-Struktur und der damit einhergehenden Punkt-zu-Punkt-Verbindungen ist es nicht mehr möglich, Botschaften und Informationen mitzuhören, wie es in klassischen Bus-Topologien der Fall war. Um dies jedoch trotzdem zu ermöglichen, benötigt die Fahrzeugtechnik nun ein Ethernet-TAP (Test Access Port), einen aktiven Abzweig, um ein Monitoring der Point-to-Point-Verbindung (PtP) zu etablieren. TAPs wie zum Beispiel Netlion leiten dann die Daten eines Kommunikationsstrangs aus. Dabei ist es wichtig, die eigentliche Kommunikation – das Timing – nicht zu beeinflussen.
Somit werden die Kommunikationsabläufe zwischen den einzelnen Endpunkten analysiert und etwaige Fehler diagnos-
tiziert.

Busse und Netzwerke loggen

Wie auch bei den bereits verwendeten Bussystemen im Fahrzeug muss der Datenverkehr an verschiedenen Punkten im Netzwerk geloggt, analysiert und fusioniert werden. Auch Messsysteme müssen daher aktuelle Bus-Schnittstellen unterstützen und gleichzeitig für Netzwerkstrukturen wie BroadR-Reach offen sein. Mittlerweile gibt es viele verschiedene Busse und Netzwerke im Fahrzeug. Es werden immer mehr Schnittstellen wie CAN, LIN, Flexray oder Ethernet gebraucht.

Mit dem Messsystem Brick können sowohl Sensorrohdaten über proprietäre Schnittstellen, als auch die Busse und Netze geloggt werden. Die Plattform bietet in seiner Standardfunktionalität bereits acht Ethernet-Schnittstellen, davon zwei 10-Gigabit-Ethernet-Schnittstellen – auf minimalem Platz. Sollte das für anwendungsspezifische, hochbandbreitige Datenerfassungen nicht ausreichen, kann das System um zusätzliche Schnittstellen, wie zum Beispiel automobile Busse und Frame Grabber erweitert werden. Für das Nachrüsten von Busschnittstellen bietet es außerdem die Möglichkeit, alle marktspezifischen PCIe-Karten schnell und einfach zu integrieren.

Um alle Busse und Netzwerke zu loggen, muss vor allem auch auf eine zeitliche Korrelation zwischen den einzelnen Schnittstellen geachtet werden. Um diesen Zeitbezug herzustellen, ist es wichtig, dass die Informationen an den Schnittstellen beim Eintreffen einen Zeitstempel bekommen. Dieser kann dann zur weiteren Analyse und Fusion genutzt werden. Um die Daten Plattform-übergreifend nutzen und vergleichen zu können, arbeitet b-plus mit der IEEE1588-Norm für die Uhrensynchronisation, speziell mit dem Profil IEEE802.1AS.

Simulationstest des Netzwerks

Die Bus-Architektur verändert sich aufgrund der Notwendigkeit Switches einzusetzen in eine Stern-Architektur. Dies bedeutet, dass sich alle Steuergeräte direkt mit einem Switch verbinden und eine Punkt-zu-Punkt-Kommunikation stattfindet. Benötigte Informationen werden jetzt nicht mehr einfach zur Verfügung gestellt, sondern müssen über Some/IP SD(Service Discovery) abonniert werden. Mit dem Einsatz der Middleware für automobile Kontrollkommunikation lassen sich Kommunikationsumfänge besser skalieren und folglich die verfügbaren Bandbreiten nutzen. Für die Analyse des Kommunikationsverhaltens einer einzelnen Electronic Control Unit (ECU), betrachtet im Kontext der ECU-Clusterintegration des Technologieträgers, ist auch die Simulation ganzer Teile des Netzwerks erforderlich, die sogenannte Restbussimulation.

b-plus unterstützt die Entwicklung von Ethernet-basierenden Steuergeräten mit dem konfigurierbaren Multi-ECU-
Some/IP-Simulator NetTucan, der durch seinen Stand-
Alone-Betrieb eine Komplettlösung für die Simulation von Some/IP-Netzwerken darstellt. Der Simulator kann mehrere Netzwerkknoten und ECUs simulieren und benötigt dabei keine weitere Komponenten.

Bei der Darstellung einzelner Ethernet-Pakete (UDP, User Datagram Protocol) gibt es meistens keine übersichtliche Signaldarstellung, wie es bei CAN oder Flexray der Fall ist. Hierzu benötigt der Anwender neue Visualisierungen, um geloggte Ethernet-Pakete aufzubereiten und den Signalverlauf einzelner Werte grafisch darzustellen. Eine flexible und schnelle Bewertung der Daten wird somit erleichtert. b-plus stellt für diese Anwendung das Tool Some/IP-Cat zur Verfügung. Mit Hilfe des Softwarewerkzeugs können Aufzeichnungen der Ethernet-Kommunikation im *.pcap-Format angezeigt werden. Auf Basis einer hinzuladbaren Bedatungsdatei im *.fibex-Format können die anzuzeigenden Signale ausgewählt und für die Anzeige aktiviert werden. Die Signalverläufe können in einer Oszilloskop-ähnlichen Darstellung überlagert werden. Umfangreiche Optionen wie das Anpassen einer grafischen Darstellung und das Verfolgen des Signalverlaufs per Cursor mit direkter Wertanzeige sind obligatorisch.

Große Datenmengen übertragen

Typischerweise werden im Fahrzeug übertragene Daten PDU(Packet Data Unit)- oder Signal-basiert interpretiert. Fokus ist die zyklische Übertragung kleiner Mengen an Prozessdaten. Mit der Einführung von Automotive-Ethernet und der Möglichkeit große Datenmengen im Ganzen übertragen zu können, ändern sich die Anforderungen an die überlagerten Software-Topologien. Anders als bei einem klassisch direkten PDU-basierten Mapping der Daten auf die Übertragungsphysik, gibt es zum einen den Ansatz serialisierte Datenstrukturen in einem Package jenseits typischer PDU-Größen zu übertragen (Some/IP), andererseits ein Multi-PDU-Mapping direkt auf den Kommunikations-Stack durchzuführen.

Beide Mechanismen applizieren eine logisch höhere Schicht des ISO-Schichtenmodelles (International Organization for Standardization) als vergleichbare klassische Feldbusse im Fahrzeugumfeld. Neben diesen geänderten Ansätzen des Transports von Prozessdaten werden zunehmend parallel auch mehr oder weniger komprimierte und vorverarbeitete Rohdatenströme sogenannter Smart Sensoren wie zum Beispiel Kameras übertragen. Gerade an dieser Stelle kann Ethernet im Fahrzeugumfeld seine Vorteile ausspielen.

Bildergalerie

  • Mit dem Brick-Messsystem können Sensorrohdaten über proprietäre Schnittstellen sowie Busse und Netze geloggt werden.

    Mit dem Brick-Messsystem können Sensorrohdaten über proprietäre Schnittstellen sowie Busse und Netze geloggt werden.

    Bild: b-plus

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