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Mit Schwankungen im Netz umgehen Blindstrom in Stromnetzen besser regulieren

Wissenschaftler Florian Fenske mit Funktionsmustern der geplanten Anlagen zur Regulierung von Blindstrom.

Bild: Uni Kassel
15.12.2017

Zwei Wissenschaftler der Universität Kassel wollen eine 80 Jahre alte Technik nutzen, um mehr erneuerbare Energien in die Stromnetze einspeisen zu können.

Dr. Peter Zacharias, Leiter des Fachgebiets Elektrische Energieversorgungssysteme an der Uni Kassel, und Florian Fenske entwickeln einen neuen Typ sogenannter Kompensationsanlagen, mit denen die Blindleistung in Netzen reguliert wird. Die Anlagen sollen leistungsfähiger, kostensparender und langlebiger sein als bisherige Modelle. Durch ihren flächendeckenden Einsatz könnten die Stromnetze in die Lage versetzt werden, mit Einspeiseschwankungen besser umzugehen und somit im Ergebnis mehr Erneuerbare Energien aufzunehmen.

Für ihre Entwicklung greifen die Wissenschaftler auf magnetische Bauelemente zurück. Projektleiter Fenske erklärt: „Der verwendete Wirkmechanismus der magnetischen Bauelemente wurde bereits vor 80 Jahren verwendet, ist aber durch die Entwicklung von Leistungshalbleitern der Leistungselektronik ab den 70er-Jahren komplett verdrängt worden.“

Mit den zunehmenden Netzschwankungen durch die massive Einspeisung von Wind- und Sonnenkraft stößt diese Technik mittels vollelektronischen Lösungen aber an ihre Grenzen. Zudem ist sie teuer. „Wir sind überzeugt, mit modernen Entwicklungsmethoden und neuen Ideen aus dem Verfahren mit magnetischen Elementen viel mehr herausholen zu können“, ist sich Fenske sicher.

Warum eine Blindleistungslösung nötig ist

Hintergrund sind die Netzanschlussbedingungen für regenerative Energieanlagen, die die zusätzliche Einspeisung von Blindleistung ins Energienetz fordern. Blindleistung kann keine Arbeit verrichten, sondern wird eigentlich für den Betrieb von beispielsweise Motoren und Kabeln benötigt. Mit ihrer Hilfe kann die Spannung im Versorgungsnetz gezielt beeinflusst werden, um große Schwankungen durch die Einspeisung von Sonnen- oder Windenergie zu dämpfen.

Das schafft jedoch neue Probleme, denn oft ist zu viel oder zu wenig Blindleistung im Netz, die Bilanz an den Netzübergabepunkten ist nicht ausgeglichen. Hier kommen sogenannte Kompensationsanlagen ins Spiel, die die eingespeiste Blindleistung bei Bedarf aus dem Verteilnetz saugen.

Das Ziel sind stufenlose Kompensationsanlagen

Im Kasseler Projekt sollen nun Kompensationsanlagen entwickelt werden, die im Unterschied zu bisherigen Modellen stufenlos regelbar sind und eine Lebensdauer von mindestens 40 Jahren haben. Das würde ihren flächendeckenden Einsatz viel wirtschaftlicher machen, die Steuerung der Netze erleichtern und so die Einspeisung Erneuerbarer Energien erleichtern. Das Projekt „NR2-RPC - Neuartige robuste Stellglieder zum Blindleistungsmanagement in Verteilnetzen“ wird mit knapp 490.000 Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.

Als Industriepartner ist Eisenmann Thermal Solution beteiligt. Das Unternehmen verfügt über Erfahrung in der Fertigung ähnlicher Anlagen und soll die entwickelten Kompensationsanlagen in die serienmäßige Fertigung umsetzen. Als Energienetzspezialist wirkt zudem das Unternehmen Condensator Dominit mit, das sich mit der Thematik der Spannungsqualität beschäftigt.

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