Stromversorgung & Leistungselektronik Bausteine für 
flexible Umrichter

01.10.2014

Das Umrichtersystem Varis ist ein spannender Konzeptansatz: Im Rahmen eines modularen Baukastens sind einzelne Phasenbausteine als Standard definiert und können je nach erforderlicher Leistung miteinander kombiniert werden.

Einsatzbereite Umrichter sind in vielfältigen Leistungsklassen und von den unterschiedlichsten Herstellern bereits marktgängig und durchaus beliebt. Sie vereinfachen die Umsetzung von Projekten, weil der Anwender keine Entwicklungskosten für die elektronische Ausgangsstufe aufbringen muss. Er erhält eine qualifizierte Komplettlösung, bei der allerdings der Flexibilität sowie der Berücksichtigung spezifischer Anforderungen Grenzen gesetzt sind.

Baukasten statt Blackbox

Das Denken in „Black-Boxes“, bei denen die Bestandteile entweder nicht klar erkennbar und spezifizierbar sind oder nicht einmal ausgetauscht werden können, ist unzeitgemäß geworden. An seine Stelle ist mittlerweile der Wunsch nach einem möglichst hohen Maß an Flexibilität und Möglichkeiten zur Einflussnahme getreten, um den individuellen Anforderungen beim Einsatz der zuverlässigen Systemkomponenten möglichst wirtschaftlich zu entsprechen. Jedoch sollte die Ausgangsstufe der elektronischen Stromversorgung bereits getestet und sofort einsatzfähig sein, nachdem der Anwender seinen Controller angeschlossen hat. Genau diesen Wünschen und Vorstellungen will das modulare Umrichtersystem Varis des Herstellers GvA Leistungselektronik entsprechen. „Sämtliche Varis-Modelle basieren auf ein und demselben Grundgedanken, dass sich alle Lösungen im adressierten Leistungsbereich in Phasenzweigen darstellen lassen“, erläutert Werner Bresch, Geschäftsführer von GvA Leistungselektronik.

Wie in einem Baukasten-System können einzelne Phasenbausteine flexibel kombiniert werden. Einzelne Halbbrückenmodule werden zu einphasigen oder dreiphasigen Wechselrichter-Topologien konfiguriert und je nach gewünschter Gesamtleistung parallel geschaltet. Dies gewährleistet die Skalierung auf unterschiedliche Leistungsklassen. Erhältlich sind sowohl Hoch- als auch Tiefsetzsteller sowie Gleichrichter-Bausteine; darüber hinaus ist Luft- oder Wasserkühlung frei wählbar. „Das ist wie bei Lego-Bausteinen: Die Zahl der erzielbaren Lösungen ist nahezu unbegrenzt; der Phantasie des Anwenders sind (fast) keine Grenzen gesetzt“, betont Bresch. Beispielhafte Anwendungen sind die Antriebstechnik, die induktive Erwärmung oder Netzkupplungen.

Nachhaltig durch Standardkomponenten

Mit diesem Konzept wird eine hohe Nachhaltigkeit durch die Verwendung von Standardkomponenten erreicht, die gegebenenfalls später problemlos zu tauschen sind. Dadurch lässt sich zusätzlich auch eine hohe Wirtschaftlichkeit gewährleisten. Die Basiseinheit enthält bereits die erforderlichen DC-Zwischenkreiskondensatoren, die Kühleinheit, den IGBT-Treiber, den Sensor zur Erfassung des Stroms sowie optional einen Spannungssensor. Die maximale Leistungsdichte wird durch individuelle Kühlung jedes einzelnen IGBT-Moduls sowie durch eine optimierte Wärmeabführung erreicht. Die Übertragung des Steuersignals zur Inbetriebnahme sowie zur Fehlermeldung erfolgt, je nach Bedarf, optisch oder auch elektrisch.

Um beispielsweise einen üblichen Dreiphasen-Umrichter zu bauen, werden drei – mit 22 kg verhältnismäßig leichte – Varis-Einheiten mit einem Standard-Verkettungssystem einfach parallelgeschaltet. Im Wartungsfall ermöglicht das außerdem den Austausch und Ersatz individueller Einheiten im installierten System. Der Leistungsbereich der Dreiphasigen Varis-Version beginnt bei ungefähr
300 kW und reicht mit Wasserkühlung sowie den leistungsfähigsten IGBT-Modulen 1,4 MW.

Bei Bedarf steht auch ein passender Gleichrichter zur Verfügung, der sich nahtlos in die Varis-Familie einpasst – je nach Wunsch in einer ungesteuerten, halbgesteuerten oder vollgesteuerten Ausführung. Auch hierfür sind luft- oder wassergekühlte Versionen erhältlich. Standardmäßig enthalten sind bereits die Ansteuereinheit zum sicheren Zünden der Thyristoren, die TSE-Schutzbeschaltung sowie die zum Gesamtsystem passenden DC-Filterkondensatoren.

Hohe Leistungsdichte

Für hohe Leistung auf engem Raum steht die Ausführung Varis XT zur Verfügung. Hier können Leistungswerte je nach Umweltbedingungen bis zu 2 MW in einem Modul erreicht werden. Im Gegensatz zu Varis werden hier sechs Primepack-IGBTs kompakt auf einem hocheffizienten Wasserkühler positioniert und wahlweise direkt oder soft als zwei getrennte Wechselrichter parallel geschaltet. 21 Kondensatoren sorgen für die notwendige Kapazität von bis zu
24 mF im Zwischenkreis. Wie bei der Basisversion ist das parallele Verbinden bei Varis XT über ein Laschensystem einfach zu realisieren. So lässt sich der Leistungswert problemlos vervielfachen. In einer Back-to-Back-Konfiguration mit zwei parallel geschalteten Varis XT sind dadurch bis zu 4 MW möglich.

Der Distributor, Entwickler und Hersteller GvA bietet bereits seit längerem die praxisbewährten Plug&Play-Treiber für die Primepack-Module an, die auch in der Standardversion von Varis zum Einsatz kommen. Sie enthalten neben den eigentlichen Treiberfunktionen auch eine analoge oder Pulsweiten-modulierte Temperaturausgabe zur thermischen Überwachung der IGBTs. Darüber hinaus besitzt jeder Treiber eine Kurzschlussabschaltung sowie Statusrückmeldungen der einzelnen IGBTs an die Steuerung des Anwenders. Alternativ stehen die Amantys-Power-Drive-Plug&Play-Treiber zur Verfügung. Mit Power Insight können zusätzlich IGBT-Daten in Echtzeit online empfangen, Betriebszustände visualisiert, Langzeitmessungen vorgenommen oder auch Fern- beziehungsweise Fehlerdiagnose betrieben werden. Die Signalübertragung kann wahlweise optisch oder elektrisch erfolgen. Ein optionales Interfaceboard sammelt alle Messsignale (Strom, Spannung, Temperatur) sowie IGBT-Ansteuer- und -Statussignale und erleichtert so die Anwenderanknüpfung.

Programm wird erweitert

Derzeit arbeitet GvA an einer Erweiterung des Varis-Programms um die Ausführung Varis XT Compact. Der kleine Bruder des Varis XT leistet bis zu
1,4 MW und enthält drei IGBT-Module, die – genau wie die sechs IGBTs der großen XT-Variante – in einzelne Phasenzweige heruntergebrochen und einzeln oder in Gruppen parallelgeschaltet werden können. Damit trägt man dem Kundenwunsch nach einer kleineren Abstufung der Leistungsklassen innerhalb des Baukastensystems Rechnung. Der erste Prototyp wird schon im kommenden Dezember in den Mannheimer Labors getestet werden.

Nach künftigen Zielen befragt und nach zum Beispiel Wide-Band-Gap-Halbleitern, antwortet Werner Bresch. „Wir sind auf die 690-Volt-Ebene vorgestoßen, und da sind keine Alternativen zu den IGBTs in Sicht. Neue Halbleitertechniken spielen in diesem Bereich keine Rolle; die sind in USV oder Solarwechselrichtern eher denkbar. Im nächsten Schritt müssen wir unsere Geräte für Mittelspannung ertüchtigen."

Und man dürfe bei der ganzen Problematik die Peripherie nicht vergessen, wie Stützkondensatoren, Multilayer, Spannungsabstände und Spannungsspitzen im Ausschaltmoment. Oder die Sperrschichttemperatur, die bei 150 °C und einem Delta Teta von 80 °C zum Ausfall führt. „Wir müssen außerdem an Lastwechselfestigkeit oder an EMV/EMI-Probleme denken. Ich vermisse letztendlich“, stellt Bresch abschließend fest, „bei den Bauelementeherstellern das System-übergreifende Denken, das über das Bauelement hinausreicht und bereits bei der Entwicklung die vielschichtigen Anforderungen der peripheren Elemente und der gedachten Einsatzgebiete so weit wie möglich mit berücksichtigt. Es würde uns viel Arbeit ersparen."

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