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Weniger Elektroschrott Aus alten Laptop-Akkus werden mobile Stromspeicher

Mit den Energiespeichern aus Laptop-Batteriezellen können indische Händler beispielsweise Lichtquellen mit erschwinglichem Strom versorgen.

Bild: Audi
25.08.2020

Am umweltfreundlichsten sind Elektrogeräte, wenn sie möglichst lange im Einsatz bleiben. Das deutsch-indische Start-up Nunam kauft deshalb ausrangierte Laptop-Akkus von Schrotthändlern und nutzt deren Batteriezellen für stationäre Energiespeichersysteme. Mit ihnen lassen sich etwa Lampen oder Handys mit Strom versorgen.

Prodip Chatterjee ist Co-Gründer des gemeinnützigen Start-ups Nunam. Der 29-Jährige will mit seinem Unternehmen gegen die vorzeitige Verwertung von Elektroschrott vorgehen. Hierzu kauft er alte Laptop-Akkus von Schrotthändlern im indischen Bundesstaat Karnataka und stellt daraus Powerbanks her, die Niedrigstromverbraucher wie Smartphones, Ventilatoren oder Lampen mit Strom versorgen und Menschen in ländlichen Gebieten Indiens als Stromquelle dienen. Bisherige Erfahrungswerte von Nunam zeigen, dass ein alter Laptop-Akku eine durchschnittliche Restkapazität von rund zwei Drittel hat.

„Am umweltfreundlichsten ist Technik, wenn sie möglichst lange im Einsatz bleibt. Wenn wir sie nach ihrem Ersteinsatz noch für andere Zwecke verwenden können, sparen wir Energie und Rohstoffe und reduzieren die Menge von Elektroschrott“, erklärt Rüdiger Recknagel, Geschäftsführer der Audi-Stiftung für Umwelt, die das deutsch-indische Start-up unter dem Handlungsfeld „Greenovation“ fördert. „Effektive Kreisläufe sind ein wichtiger Stellhebel, um Ressourcen zu schonen.“

Powerbanks für Obst- und Gemüsehändler

Second-Life-Initiativen wie die von Nunam können Ressourcen in mehrfacher Hinsicht sparen. Durch den Einsatz aufbereiteter Materialien werden weniger Primärrohstoffe benötigt, also solche, die eigens für die Produktion gewonnen werden. Das spart bereits in der Herstellungsphase Rohstoffe und Energie.

Zudem verringert ein erneuter Einsatz des Materials die Menge an Schrott, der ansonsten im Restmüll, auf Deponien oder beim Recycling enden würde. Auch die Stromquelle trägt dazu bei, die Umwelt zu schonen: Denn die Powerbanks werden mit Solarenergie geladen und nicht etwa durch Kohlestrom.

„Wir schaffen Win-Win-Situationen“, sagt Co-Gründer Chatterjee. „Alte Batteriezellen, die ansonsten im Restmüll enden, werden zuerst wiederverwendet und dann ordnungsgemäß entsorgt. Schrotthändler verdienen durch den Wiederverkauf an uns, und indische Familien und Händler profitieren von erschwinglichen Energiespeichern. Ein fünf Jahre alter Laptop kann als Lichtquelle für indische Obst- und Gemüsehändler auf einem Markt dienen, einen kleinen Ventilator antreiben oder ein Handy laden“.

In Indien leben Millionen von Menschen ohne regelmäßigen Zugang zu Strom, die von Lösungen wie dieser profitieren können.

Datensammlung per SIM-Karte

Nunam testet jede im Elektroschrott erworbene Akku-Zelle auf ihren Zustand und ihre Kapazität. Zellen mit mehr als 60 Prozent Restkapazität werden zu neuen Stromspeichern montiert. Diese Prototypen verfügen über eine Kapazität von rund 1 kWh. Laut einer Nutzeranalyse von Nunam reicht ein solches Modul aus, um beispielsweise Smartphones zu laden oder kleinere Haushaltsgeräte einen Tag lang zu betreiben. Die Zellen, die nicht mehr verwendet werden können, gibt Nunam an ein ansässiges Batterie-Recyclingunternehmen weiter, das sie fachgerecht verwertet.

Die Prototypen sind via SIM-Karte mit dem Internet verbunden und übertragen Daten. Damit stellt Nunam sicher, dass die Powerbanks nach Lebensende wieder an das Unternehmen zurückgegeben werden. Das Projekt sammelt dadurch wichtige Erkenntnisse über die Wiederverwendbarkeit, Performance und Lebensdauer von neuen Batteriesystemen aus maximal unterschiedlichen Zellen.

Forschungsergebnisse auf Open-Source-Portal

Die Audi-Stiftung für Umwelt finanziert die Pilotphase des Projekts, in der Nunam die neuen Energiespeicher zur Serienreife entwickeln will. Bisher wurden rund 5.000 Batteriezellen aus 1.000 Laptop-Batteriepacks zerlegt und getestet. Daraus sollen mehr als 25 Energiespeichersysteme entstehen. Sie werden in dörflichen Gegenden Indiens für einen Pilotversuch vergeben.

Langfristig will Nunam eine Kleinserienfertigung aufbauen und die Erkenntnisse auf andere Quellen übertragen, um weitere Stromquellen zu erschließen. Die TU Berlin unterstützt das Projekt methodisch; gemeinsam mit dem Fachgebiet für Elektrische Energiespeichertechnik arbeitet Nunam an einem Modell, um den Verschleiß der benutzten Batterien besser prognostizieren zu können.

Die Ergebnisse, Videos, Daten und weitere Learnings sollen dann zum Projektende in einem eigens dafür eingerichteten Open-Source-Portal veröffentlicht werden. Auf diese Weise kann ein möglichst großer Anteil an Interessierten von den Erkenntnissen profitieren und sie weiter nutzen.

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