Thermische Verfahren in der Wirbelschicht Rohstoffe auf den Punkt trocknen

Beispiel verkapseltes Orangenöl: Nach der Trocknung kann die Mikroverkapselung auf Basis einer Sprühgranulation im gleichen Prozessschritt erfolgen.

Bild: Glatt Ingenieurtechnik
06.02.2018

Wirbelschichttechnologien eignen sich dafür, Wärme- und Stoffübergangsprozesse durchzuführen, die bei der Trocknung gefragt sind. Partikel können parallel zur Trocknung mittels Sprühgranulation, Sprühcoating oder Sprühagglomeration gleichzeitig wirtschaftlich veredelt und funktionalisiert werden.

In nahezu allen Wirtschaftszweigen dient die thermische Trocknung als essenzieller Prozess, um flüssige oder feuchte Rohstoffe in feste, trockene Produkte zu überführen. In der Regel wird dabei Wasser oder ein anderes Lösungsmittel durch Verdunstung oder Verdampfung aus dem Rohstoff entfernt. Die Auswahl des richtigen Trocknungsverfahrens ist herausfordernd: Sie hängt von den jeweils vorliegenden Rahmenbedingungen ab und erfordert eine ganzheitliche Betrachtung.

Klassische Wirbelschichttrockner kommen überall dort zum Einsatz, wo der feuchte Rohstoff rieselfähig vorliegt, aber auch für Produkte, die von Zentrifugen, Filtern, Kristallisatoren oder Sprühtrocknern ausgetragen werden. In diesen Fällen werden die Rohstoffe bei der Wirbelschichttrocknung „nur“ auf die erforderliche Endfeuchte eingestellt. Bestückt mit einem Sprühsystem wird der Trockner zum Granulator. Die Sprühgranulation stellt ein innovatives Verfahren dar, um aus flüssigen Rohstoffen – zum Beispiel Lösungen, Suspensionen, Dispersionen, Emulsionen – in einem einzigen Verfahrensschritt direkt ein rieselfähiges, staubfreies, trockenes Endprodukt zu erzeugen.

Dieses Verfahren wird vorzugsweise in kontinuierlichen Wirbelschichtapparaten durchgeführt. Das Sprühsystem erlaubt es, durch die richtige Auswahl der Prozessparameter und die Vielzahl von deren Kombinationsmöglichkeiten staubfreie, kompakte Granulate mit definierter Partikelgrößenverteilung herzustellen. Interessant ist das Verfahren vor allem für Anwendungen, in denen Rohstoffe schon in flüssiger Form vorliegen oder Flüssigmischungen als Vorprodukt hergestellt werden. In solchen Fällen können mehrere Verfahrensschritte – Produktgestaltung und Trocknung – in einem kompakten Apparat sehr effizient und wirtschaftlich durchgeführt werden.

Trocknung plus: Sprühgranulation

Bei der Sprühgranulation wird eine feststoffhaltige Flüssigkeit – es können auch mehrere sein – durch Sprühdüsen gleichmäßig auf Partikel, die sich in der Wirbelschicht befinden, aufgesprüht. Diese Partikel sind kleiner als die Zielpartikelgröße und werden als Granulationskeime bezeichnet. Sie bestehen aus dem gleichen Material wie der über die Flüssigphase aufgesprühte Feststoff und werden im Prozess selbst gebildet, ohne dass fester Rohstoff von externen Quellen zugeführt werden muss. Je nach Konfiguration können die Granulationskeime durch interne Kernerzeugung – etwa durch Sprühtrocknungsanteile oder Abrieb – oder auch durch Rückführung aus einem externen Sieb-Mahl-Kreislauf gewonnen werden. Damit lassen sich auch Feinpartikel oder zerkleinertes Überkorn wieder in den Prozess zurückschleusen.

Wirbelschichttechnologien basieren auf dem Prinzip der Verwirbelung von Partikeln durch einen nach oben gerichteten Prozessgasstrom. Die Apparate bestehen unter anderem aus einer Einlassgaskammer, einer Prozesskammer sowie einem Sprüh- und Filtersystem und unterscheiden sich in der Geometrie der Prozesskammern. Im Wirbelbett ist durch das Fluidisieren von Primärpartikeln deren gesamte Oberfläche zur Benetzung und Trocknung frei zugänglich.

Eine Verteilerplatte sorgt dafür, dass der Prozessgasstrom definierte Strömungseigenschaften erzeugt und somit die Wärme- und Stoffübergangsraten beeinflusst. An der Unterseite wird der Prozessraum durch einen Anströmboden begrenzt. Er verhindert, dass Material in darunterliegende Apparatebereiche fällt. Seine eigentliche Aufgabe liegt jedoch in der definierten Verteilung des Fluidisierungsmediums über den Apparatequerschnitt. Ist der Prozessraum nach oben hin geschlossen, wird das Fluidisierungsmittel oben aus dem Behälter herausgeführt und dann in einem externen Staubabscheider gereinigt. Alternativ dazu kann eine Filteranlage oberhalb des Prozessraums integriert werden, die das Fluidisierungsmittel direkt im Apparat entstaubt, bevor es den Apparat verlässt.

Die Apparate-Geometrie

Die Wahl der geeigneten Bauform richtet sich nach der vorliegenden Aufgabenstellung und den technischen Rahmenbedingungen. Für die Wirbelschicht-Sprühgranulation stehen mehrere Apparatebauformen zur Verfügung. Für kontinuierliche Prozesse sind eine ständige Rohstoffzufuhr und ein permanenter Produktaustrag erforderlich. Die älteste Form eines kontinuierlichen Wirbelschicht-Granulators, die Anlage vom Typ AGT – die Abkürzung steht für Anlage zur kontinuierlichen Granulationstrocknung – wurde bereits in den 1980er Jahren von Glatt entwickelt. Dieser Apparatetyp zeichnet sich durch ein spezielles Austragssystem zur staubfreien kontinuierlichen Ausschleusung von Granulaten aus. Für eine ideale Durchmischung des Wirbelschichtinhalts besitzt er einen kreisförmigen Anströmboden mit zentral angeordnetem Austragrohr. Dieses wird mit einer einstellbaren Luftströmung in die Wirbelschicht hinein beaufschlagt, die bewirkt, dass ausschließlich Partikel der gewünschten Größe den Weg aus dem Apparat finden. Der somit erreichte interne Klassiereffekt gewährt ein unmittelbar staubfreies Produkt.

Ein langgestreckter rechteckiger Prozessraum ist hingegen charakteristisch für die Anlagen vom Typ GF, Glatt Fließbett. Wie bei reinen Trocknungsaufgaben gewährleistet die langgestreckte Geometrie im Bereich der Wirbelschicht eine gerichtete Feststoffströmung zum Austrag hin. Um mehrere Schritte in einem Apparat durchzuführen, wird der Bereich unterhalb des Anströmbodens kammerweise unterteilt. Jede dieser Zuluftkammern kann mit unterschiedlich konditioniertem Prozessgas beaufschlagt werden, das sich etwa durch Luftmengen oder Temperaturen unterscheidet. Der typische Anwendungsfall ist die Sprühgranulation, bei der flüssige Rohstoffe eingedüst und dann im austragsseitigen Bereich nachgetrocknet sowie gekühlt werden.

Schlüsselbauteil Anströmboden

Wie der Prozessraum und der Anströmboden – auch Wirbelboden genannt – gestaltet werden, hängt von der Zielstellung der durchzuführenden Prozesse ab. Ihre Gestaltung entspricht der Form des Trockners/Granulators und ist beim Chargen-Apparat in der Regel rund. Bei Konti-Granulatoren kommen ebenfalls runde Böden zum Einsatz (AGT), oftmals sind diese jedoch rechteckig (GF). Beim Chargenbetrieb bilden die Feststoffbeschickung und die Produktentleerung wesentliche Konstruktionsmerkmale. Die Materialvorlage kann entweder in den Prozessraum eingesaugt werden, oder der Prozessraum wird als wechselbarer Materialbehälter konzipiert. Der Behälter kann extern befüllt und anschließend in den Apparat eingefügt werden. Als mögliche Varianten sind beispielsweise Dreh- und Klappböden zur effektiven Bodenentleerung entwickelt worden. Beim rechteckigen Prozessraum verweilt das Produkt mit einem möglichst engen Spektrum und wird gleichmäßig getrocknet. Apparate für das spezielle Strahlschichtverfahren kommen ganz ohne perforierten Anströmboden aus.

Das patentierte Strömungsprinzip der ProCell-Reihe von Glatt ermöglicht hierbei durch geringere Verweilzeiten neue innovative Anwendungen, wie beispielsweise die Herstellung von sehr feinen kompakten Granulaten oder die Verkapselung flüchtiger Substanzen in Granulatform. Für Letzteres ist verkapseltes Orangenöl ein Beispiel: Nach der Trocknung kann die Mikroverkapselung auf Basis einer Sprühgranulation im gleichen Prozessschritt erfolgen. Optimale Prozessparameter für Produktgestaltung und Trocknung kann man am besten mit kleinen Mengen experimentell im Labormaßstab finden. Im Technologiezentrum in Weimar bietet Glatt Ingenieurtechnik Testanlagen mit verschiedenen Prozessabläufen, Systemkonfigurationen und Laborgeräten. Um Daten für die zuverlässige Skalierung auf den Produktionsmaßstab zu gewinnen, werden Pilotanlagen verwendet.

Welches Trocknungsverfahren ist das richtige?

Die Wahl des richtigen Trocknungsverfahrens ist nicht immer einfach. Denn es müssen verschiedene Faktoren dafür betrachtet werden. Mögliche Rahmenbedingungen sind:

  • Trocknung: Handling des Rohstoffs (Klebrigkeit, Klumpenbildung, Wandansatz u. a.), Handling des Produkts (z. B. Adhäsion, Staubbildung, Elektrostatik), Schwankungen (Feuchtigkeitsverteilung im Rohstoff, Kapazität, Temperatur, Alterung u. a.) und Produktwechsel (z. B. Häufigkeit, Reinigung, Verschleppung)

  • Stoffeigenschaften: Trocknungskinetik (v. a. Oberflächenfeuchte, Kristallwasser, Sorption), Material (max. Temperaturbelastung, Denaturierung, Zersetzung) und Fließeigenschaften (z. B. freifließend, Abrieb, Wandansatz)

  • Verwendung des Produkts: Stabilität (Festigkeit, Sorption, Desorption), Lagerung (v. a. Fließverhalten, Hygroskopizität, Versinterung) und Anwendungstechnik (z. B. Löslichkeit, Dispergierbarkeit, Struktur)

  • Prozess: reine Trocknung, gleichzeitige Bildung von Partikeln, Granulaten oder komplexer Strukturen, Änderung von Feststoffeigenschaften, Prozessführung chargenweise/kontinuierlich und Prozessumstellung (Qualitätsänderung)

  • Engineering: Aufstellung/Layout (z. B. Rohstoff- und Materialfluss, Reinigbarkeit, Hygiene), Dokumentation (z. B. GMP, Rückverfolgbarkeit, Qualitätssicherung) und Medien (wie Energie, Wärmerückgewinnung, Wasser)

  • Sicherheit: Produktsicherheit (Kontamination, Lebensmittelsicherheit), Anlagensicherheit, Explosionsschutz, Personenschutz, Arbeitsschutz

Bildergalerie

  • Das AGT-Prinzip zur kontinuierlichen Sprühgranulation und Trocknung ist die älteste Form eines kontinuierlichen Wirbelschicht-Granulators.

    Das AGT-Prinzip zur kontinuierlichen Sprühgranulation und Trocknung ist die älteste Form eines kontinuierlichen Wirbelschicht-Granulators.

    Bild: Glatt Ingenieurtechnik

  • GF-Prinzip: kontinuierlicher Wirbelschichtgranulator und Trockner gleichzeitig

    GF-Prinzip: kontinuierlicher Wirbelschichtgranulator und Trockner gleichzeitig

    Bild: Glatt Ingenieurtechnik

  • Produkt einer Sprühgranulation: Der Schichtaufbau entsteht durch mehrfaches Aufziehen der Sprühflüssigkeit und Trocknen bis zur gewünschten Partikelgröße.

    Produkt einer Sprühgranulation: Der Schichtaufbau entsteht durch mehrfaches Aufziehen der Sprühflüssigkeit und Trocknen bis zur gewünschten Partikelgröße.

    Bild: Glatt Ingenieurtechnik

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