Digitalisierung in Chemie und Life Sciences Kooperation statt Übernahme: Life-Sciences-Branche muss umdenken

Um die Digitalisierung zu meistern, ist in den Bereichen Life Sciences und Chemie eine ganz neue DNA der Zusammenarbeit notwendig.

09.01.2018

Für Unternehmen gehört meist etwas mehr zur Digitalisierung als ein technologischer Tapetenwechsel. Voraussetzung für eine wirkliche Digitalwende ist der Abschied von althergebrachten Rollenverteilungen. Für Life-Sciences-Unternehmen bedeuet das, Tech-Unternehmen als Partner auf Augenhöhe anzuerkennen.

Es mag paradox klingen, doch der Grund dafür, dass auch Life-Sciences-Unternehmen immer digitaler denken ist der Mensch. Denn zunehmend rücken sie den Patienten in den Fokus ihres Handelns. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von KPMG. Für die Studie „Digitalization in life sciences – Integrating the patient pathway into the technology ecosystem“ standen 75 Geschäftsführer, Inhaber, Vorstandsvorsitzende und Abteilungsleiter aus der Life-Sciences-Branche in der DACH-Region Frage und Antwort und gaben Einblick in ihre Digitalisierungsfortschritte.

Der Großteil der Unternehmen hat erkannt, dass die digitale Transformation zu einer Neuausrichtung des Ecosystems führen wird. 85 Prozent von ihnen sehen dabei Technologieunternehmen wie Microsoft, Cisco, IBM, Amazon oder Google als treibende Kräfte der Digitalisierung in Life Sciences. Kooperationen mit ihnen können sich 63 Prozent der Befragten vorstellen.

Life-Sciences-Unternehmen werden sich fügen müssen

„Die Rollenverteilung ist dabei deutlich: Life-Sciences-Unternehmen werden sich als Partner, wenn nicht sogar Junior-Partner, der Tech-Unternehmen fügen müssen, um mit deren Hilfe den digitalen Wandel vollständig umsetzen zu können“, sagt Vir Lakshman, Head of Chemicals & Pharmaceuticals bei KPMG in Deutschland.

Kooperationen sind demnach ein wichtiger Treiber für die Digitalisierung in Life Sciences und Chemie. Das zeigt auch eine weitere aktuelle KPMG-Analyse zum Thema Transaktionen in den Bereichen Chemie und Life Sciences.

„Life Sciences-Unternehmen bleibt kaum etwas anderes übrig, als sich mit Technologieunternehmen zusammenzuschließen oder zusammenzuarbeiten, um das hohe Tempo der Digitalisierung mitgehen zu können“, erklärt Vir Lakshman. Als Zeichen für die zunehmenden Digitalisierungsaktivitäten verzeichnet die Life-Sciences-Branche einen Anstieg der Software-Deals von 32 im Jahr 2011 auf 85 Transaktionen in 2017. Innerhalb der Chemiebranche wurden im Jahr 2017 14 Software-Deals angekündigt.

Kooperationen als attraktive Alternative zu M&A

Beispielhaft hat Johnson & Johnson im vierten Quartal 2017 die Akquisition von Surgical Process Institute Deutschland angekündigt, einem deutschen Anbieter von Standardisierung und Digitalisierung im Bereich medizinischer Arbeitsabläufe. Als attraktive Alternative zum M&A-Geschäft sehen inzwischen mehr und mehr Life-Sciences- und Chemieunternehmen Kooperationen. Diese schöpfen die Stärken der beteiligten Unternehmen aus und lassen eine nahezu unmittelbare Reaktion auf die dynamischen Marktgegebenheiten zu.

Chemieunternehmen sehen sich vor der Herausforderung, unter anderem im Bereich „Data & Analytics“ Kompetenzen aufzubauen. Bayer arbeitet beispielsweise seit September 2017 mit Robert Bosch zusammen, um neue digitale Lösungen im Bereich Smart Spraying zu entwickeln.
Vir Lakshman: „Die Chemieindustrie, einst ein schlafender Gigant in der Welt der Digitalisierung, wird schrittweise vom Potenzial der Digitalisierung aufgeweckt. Transaktionen in ‚Digital Farming‘ sind dabei nur der Anfang. Führende Chemieunternehmen suchen nach weiteren Technologie-Transaktionen und beleuchten verschiedene Möglichkeiten der ‚Open Innovation‘.“

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