Sensorik aus Kunststoff Messtechnik neu gedacht

Die Temperaturfühler von Jumo sind in nahezu jeder denkbargen Form möglich wie diese Computermodelle zeigen.

Bild: Jumo
19.10.2017

Jumo präsentiert mit plastoSENS T ein völlig neues Verfahren zur Herstellung von Temperaturfühlern. Die Sensoren werden dabei nicht wie bisher üblich in einem Metallrohr vergossen, sondern im Spritzgussverfahren mit Kunststoff ummantelt. Dieses patentierte System bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber herkömmlichen Temperaturfühlern.

In modernen Spritzgussmaschinen kann fast jede Form in beliebig hohen Stückzahlen hergestellt werden. Warum sollte man dann nicht auch einfach einen Temperatursensor mit Kunststoff umspritzen können? Zum einen liegt die Schwierigkeit darin, dass Kunststoff eine geringe Wärmeleitfähigkeit hat und deshalb zur Temperaturmessung nicht optimal geeignet ist. Zum anderen kommen noch die extremen Umgebungsbedingungen beim Spritzguss hinzu. Der flüssige Kunststoff erreicht Temperaturen bis zu 360° Celsius, der Schließdruck der Maschine bis zu 100 Tonnen und der Druck im Gusswerkzeug beträgt bis zu 1.200 bar. Die Herausforderung bestand darin, trotz dieser ungünstigen Rahmenbedingungen einen funktionierenden Produktionsprozess zu etablieren.

Temperaturfühler aus Kunststoff

Dass es möglich ist, funktionierende Temperaturfühler aus Kunststoff herzustellen, zeigt Jumo plastoSENS T. Das Problem der Wärmeleitfähigkeit wird bei diesen neuen Produkten durch den Einsatz von Spezialkunststoffen mit speziellen Additiven gelöst. Im Endergebnis besteht kaum ein Unterschied zu Metallfühlern. Ein weiterer Vorteil dieser speziellen Mischungen: Für jeden Kunden kann ein Kunststoff entwickelt werden, der genau auf die jeweilige Applikation zugeschnitten ist. Als weitere Additive kommen bei den verwendeten Thermoplasten noch Färbe-, Licht- und Flammschutzmittel sowie Verstärkungsfasern zum Einsatz.

Das größte Plus bei Sensorik aus Kunststoff ist die völlige Formfreiheit. Jumo plastoSENS-Produkte soll sich an die jeweilige Einbausituation anpassen. So kann zum Beispiel ein Temperatursensor komplett in eine Kunststoff-Rohrleitung integriert werden. Oder er ist rund, spiralförmig und hat einen Winkel – der Vorstellungskraft sind fast keine Grenzen gesetzt. Kunststoff bietet aber noch weitere Vorteile. Das sind zum einen das geringe Gewicht und die Reproduzierbarkeit. Zum anderen besitzt Kunststoff eine außergewöhnliche Isolationsfestigkeit. Das bedeutet, dass der Einsatz in Umgebungen mit sehr hohen Stromstärken und -spannungen, wie zum Beispiel Elektromotoren oder Transformatoren, jetzt leichter möglich ist.

Neues Denken bei der Konstruktion

Abhängig von der Kunststoffmischung können Jumo plastoSENS-Temperaturfühler laut Hersteller in einem Temperaturbereich von -50 °C bis zu +200 °C problemlos eingesetzt werden. Die Produkte werden in enger Zusammenarbeit mit den Kunden entwickelt. Der Prozess startet mit einer Machbarkeitsprüfung und einem Designvorschlag und führt über die Konstruktion und Simulation der Temperaturfühler zum Bau der Spritzguss-Werkzeuge. Nach einer Bemusterungsphase starten die Prüfungen, an deren Ende ein funktionsfähiger Prototyp und die Serienproduktion stehen. Mit Hilfe einer modernen Simulationssoftware kann bereits sehr früh im Entwicklungsprozess das Ansprechverhalten und die Wärmeableitfähigkeit des geplanten Temperaturfühlers simuliert werden.

Ein Transformator ist ein denkbar schlechter Ort für einen Temperaturfühler aus Metall. Die Isolationsfestigkeit von maximal 2,5 kV reicht oft nicht aus, um den dort herrschenden Spannungsverhältnissen erfolgreich widerstehen zu können. Jumo hat deshalb einen Kunststoff-Fühler entwickelt, der eine Isolationsfestigkeit von 5 kV ausweist und bei einer Dauergebrauchstemperatur von +200 °C verwendbar ist. Solche Fühler können beispielsweise auch in Elektromotoren oder anderen Hochspannungs-Umgebungen eingesetzt werden.

Schutz bei Vibrationen

Besonders raue Umgebungsbedingungen herrschen auch in Motoren von Fahrzeugen oder Maschinen. Das größte Problem ist hier die Vibration. Bei JUMO plastoSENS T wird der Sensor komplett in Kunststoff eingebettet. Für einen Kunden wird derzeit ein vibrationsfester Einsteckfühler für das Medium Öl entwickelt. Erste Tests haben gezeigt, dass das Produkt Kräften von bis zu 20 g problemlos widerstehen kann. Das ist eine beeindruckende Zahl, denn in einem modernen Kampfjet wirken maximal 9 g auf den Piloten ein.

In Sterilisationsanwendungen sorgt die Kombination aus hohen Temperaturen, Feuchtigkeit und Druck für Sensorstress. Das Problem bei herkömmlichen Fühlern ist oft die Dichtigkeit. Auch hier kann plastoSENS T die Lösung sein. Denn beim Spritzgussverfahren gehen die verwendeten Spezialkunststoffe eine unlösbare Verbindung ein. Das ist besonders bei der kritischen Stelle des Kabelaustritts aus dem Fühler ein unschätzbarer Vorteil.

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