Abstracts Technologietag Energienetze

Bild: David Woods, iStock
14.09.2016

Am 27. September veranstaltet Aucotec den Technologietag Energienetze in Essen. Hier bekommen Sie einen ersten Einblick in die Vorträge.

Proof-of-Concepts-Praxis: Wirtschaftlichkeit moderner Engineering-Lösungen und Prozessoptimierungen bei TransnetBW

Bei TransnetBW wird zurzeit das bisherige CAD/CAE-Tool Ruplan-EVU durch Engineering Base EVU (EB EVU) ersetzt. Aufgrund des datenbankgestützten Systemkonzeptes bietet EB im Vergleich zu Ruplan zusätzliche Nutzenpotenziale, die weit über die reine Schaltanlagen-Dokumentation hinausgehen. Insbesondere im Bereich der Vorplanung können weitere Nutzenpotenziale erschlossen werden. Um diese zusätzlichen Potenziale transparent zu ermitteln, wurden in enger Zusammenarbeit zwischen TransnetBW und Aucotec die Einsatzmöglichkeiten von EB in der Vorplanung untersucht. Der Workflow wurde über alle relevanten Bereich untersucht, beginnend beim Asset-Management über die Technik und das Projektmanagement bis hin zum Netzbetrieb. In all diesen Bereichen wurden die aktuelle Situation, die Herausforderungen sowie die Verbesserungsmöglichkeiten mit EB erarbeitet. In Form einer ROI-Kalkulation wurde das positive Ergebnis zahlenmäßig untermauert und visualisiert. Der Vortrag soll einen Einblick in die Vorgehensweise bei solchen Proof-of-Concepts, den Aufwand und Zeitraum sowie das Endergebnis geben.

Projektphasen verkürzen: Wie sich die Netzbetreiber auf die Zukunft vorbereiten

Gutes Projektmanagement, Termintreue und hervorragende Qualität sind schon immer Eigenschaften, die sich jedes Unternehmen für seine Projekte wünscht. Projektphasen bei gleichbleibender Qualität zu verkürzen, in dieser Situation befinden sich heute die Stromnetz-Betreiber. Die dezentrale Energieerzeugung erfordert drastische Veränderungen im Bereich der Stromnetze. Der schnelle Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze ist absolut essentiell geworden. Ein Kunde, selbst Stromerzeuger, sagte einmal: „Der Energiewandel findet in den Verteilnetzen statt“. Daraus resultiert eine Vervielfachung der Projekte bei den Betreibern, die mit fast gleichbleibender Manpower geschafft werden müssen, da Fachkräfte kaum zu finden sind. Effizienz, Flexibilität und Schnelligkeit im Engineering bei höchstmöglicher Sicherheit und Qualität sind zwar keine neuen Ziele, aber sie sind notwendiger denn je. Völlig neue Ansätze, auch in den Engineeringsystemen von heute, sind gefordert, um dies zu schaffen. Mit Engineering Base EVU verlassen wir die dokumentenbezogene Planung und Entwicklung von Anlagen und geben Raum für ein neues, offenes, datenzentrisches Modell. Tennet ist hier Vorreiter im Markt und hat mit einem funktionalen Ansatz die gesamte Planung und Entwicklung von Anlagen umgestellt. Mit Engineering Base EVU kann dieser funktionale Ansatz umgesetzt werden und mündet in einen automatisierten Prozess, der erahnen lässt, dass sich Projektzeiten auf 50 % und mehr senken lassen. Nebeneffekt dieser Neuorganisation ist, dass auch die Pflege und Wartung der Grundlagendokumentation sich verringert und vor allem die Fehlerhäufigkeit abnimmt und die Qualitätsstandards steigen.

Lösungen für Datenhaltung und Dokumentation über den vollständigen Asset Life Cycle

Über den Lebenszyklus der verschiedenen Betriebsmittel eines Netzbetreibers, beginnend mit der Planung und dem Engineering über Betrieb und Instandhaltung bis hin zur Verschrottung, fallen verschiedenste Daten und Messwerte an. Aktuell werden diese bei den meisten Netzbetreibern in verschiedenen Legacy-Systemen, mitunter sogar doppelt, geführt und können nur unter erheblichem Aufwand verknüpft werden. Eben eine solche Verknüpfung kann jedoch Mehrwert, beispielsweise für das Asset Management, generieren und die Vermeidung von redundanter Datenhaltung kann Fehler und Kosten reduzieren. Im Rahmen dieses Vortrags wird ausgehend vom Engineering und beginnend mit einer normgerechten Anlagenstrukturierung (IEC 81346) aufgezeigt, welche Vorteile, beispielsweise im Bereich der Dokumentation, für Netzbetreiber resultieren können. Dies erfolgt auf Basis praxisnaher Beispiele aus den aktuellen Projekten der SAG CeGIT.

Lösungen im Lebenszyklus von Energienetzen

Sowohl die Energiewende als auch der Innovationsweg zum Smart Grid lassen derzeit und in naher Zukunft Anzahl und Umfang der Projektierungen in Netzen und Umspannwerken dramatisch ansteigen. Orientiert am Lebenszyklus dieser Anlagen sollen folgende Schwerpunktthemen mit ihren spezifischen Herausforderungen und entsprechenden Lösungsansätzen näherer betrachtet werden:

  • Schon in der Konzept- und Ausschreibungsphase wird die schiere Menge an neuen Projekten zu einer Herausforderung. Betreiber müssen qualifizierte Ausschreibungen erstellen, Anbieter darauf detaillierte Antworten erstellen, die wiederum geprüft und verglichen werden müssen. Nur wer in dieser frühen Phase auf intelligente Werkzeuge setzt, kann diese Aufgaben in Zukunft bewältigen.

  • Im Engineering der Umspannwerke wird die wiederholte, individuelle Absprache von Ausführungsdetails – sei es Technik oder Dokumentation – nicht mehr zu bewältigen sein. Hier helfen nur abgestimmte Templates und Tool-gestützte Kommunikation, um bei der großen Projektanzahl die Einhaltung von Vorgaben und Nachvollziehbarkeit von Änderungen sicherzustellen

  • Bei Wartungsarbeiten kann man nicht mehr davon ausgehen, dass eingesetztes Personal die Anlage „kennt“, sondern hier müssen Voraussetzungen geschaffen werden, sich schnell in der jeweiligen Situation zurecht zu finden. Grafische Dokumente alleine bieten hier eindeutig zu wenig; gezielte Recherche im digitalen Modell mit situationsangepassten Apps markieren die Richtung zukünftiger Lösungen

Energiewende 2.0 und das neue EnerValley – wie Digitalisierung und Sektorkopplung eine neue Energiewirtschaft schaffen

Die Zukunft der Energienetze muss dringend im größeren Kontext der Energiewende betrachtet werden, denn die Energiewende ist kein langsam und stetig voranschreitender Prozess, sondern rasanter, disruptiver und weitreichender Wandel. Neue Technologien, Geschäftsmodelle und Produkte zeichnen sich ab, andere verlieren rapide an Bedeutung. Während die erste Phase der Stromwende die Stromerzeugung transformiert hat, erfasst spätestens die sektorübergreifende Energiewende zunehmend auch die Netzwirtschaft. Wenn Energiepolitik und Energiebranche in Deutschland diesen Wandel mitgestalten statt ihn zu ignorieren oder gar zu behindern, wird Deutschland gleichzeitig eine globalen Vorreiterrolle einnehmen und als Experimentallabor fungieren. In diesem Labor werden nicht nur Digitalisierung, Dezentralisierung und Sektorkopplung erprobt, sondern auch die Praxis etablierter Unternehmen der Netzwirtschaft und die Ideen ihrer neuen Herausforderer. Der Innovationsdruck kann in Deutschland das Silicon Valley der Energiewirtschaft, ein „EnerValley“ entstehen lassen. Die Erfahrung inner- und außerhalb der Energiewirtschaft zeigt: Es gibt in Phasen technologiegetriebener Disruption viel zu gewinnen, doch nur wer die neuen Herausforderungen als Chance betrachtet, kann erfolgreich sein. Eine Verkürzung unternehmensstrategischer Fragen auf technologische und ökonomische Aspekte greift dabei zu kurz, denn die Energiewende ist ein gesamtgesellschaftliches Großprojekt. Energiewende heißt energy-from-space und die Energiewirtschaft rückt damit näher denn je zuvor an eine immer größere Zahl von Stakeholdern: Private Stromerzeuger sind nicht mehr bereit, für Netzinfrastruktur zu zahlen? Netzausbau scheitert an Akzeptanzproblemen? Strombezug droht an Netzengpässsen zu scheitern? Datensicherheits- und Datenschutzfragen verunsichern die Bürger? Unternehmen der Netzwirtschaft werden sich in bislang ungekanntem Maße ihren Stakeholdern zuwenden und Beziehungskapital aufbauen müssen, um für ihre Anliegen zu werben und Risiken von ihren aktuellen und zukünftigen Geschäftsmodellen abwenden zu können.

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