Aktive Strömungskontrolle für XXL-Windkraftanlagen So werden Riesen-Windräder leiser und effizienter

Windkraftanlage am Stadtrand von Chemnitz.

Bild: Sven Gleisberg
30.08.2017

Je größer eine Windkraftanlage, desto extremere Kräfte wirken auf sie ein. Aktive Strömungskontrolle kann dabei helfen, das Leben der Rotor-Riesen zu verlängern - und mehr Ertrag herauszuholen.

Windräder schießen immer mehr in die Höhe: Rotordurchmesser von mehr als 120 Metern sind bei Windkraftanlagen auf dem Festland bereits keine Seltenheit mehr. Und bei den vor der Küste installierten Windkraftanlagen ist der Rotordurchmesser sogar 40 Meter größer. Dementsprechend groß sidn die damit verbundenen aerodynamischen und aeroakustischen Herausforderungen beim Betrieb dieser Anlagen.

Aus der Luftfahrt in die Windenergie

Aufgrund der Windscherung in der Atmosphäre und durch Turbulenzen sind die Rotorblätter ständig wechselnden Bedingungen und Lasten ausgesetzt. Bisher wurden die Lasten mittels einer Einzelblattregelung ausgeglichen. Für solche großen Rotordurchmesser ist dies bei gleichzeitig leichterer Bauweise der Rotorblätter nicht mehr ausreichend.

„Um dieses Problem zu lösen, könnten intelligente, lokal integrierte Elemente, die auf Veränderungen der Strömung reagieren, zum Einsatz kommen. Hier ist die im Bereich der Luftfahrt genutzte aktive Strömungskontrolle eine viel versprechende Technologie“, sagt Martin Schüller vom Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS in Chemnitz.

Konzepte für mehr Effizienz und weniger Lärm

Vor diesem Hintergrund startete das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit fast vier Millionen Euro geförderte Forschungsvorhaben Topwind, in dem bis Juli 2020 effiziente, robuste und auf das System Windenergieanlage angepasste Aktoren und Systeme entwickelt werden sollen.

Ziel ist es, die Rotoreffizienz und damit die mögliche Energieausbeute zu verbessern. Zudem soll durch eine Reduktion der wechselnden aerodynamischen Lasten der Lärm der Rotorblätter reduziert werden, was letztendlich zur besseren gesellschaftlichen Akzeptanz der Windkraftanlagen beiträgt.

Partner aus Forschung und Industrie

Im Projekt kooperieren mehrere Partner – auf Seiten der Forschungseinrichtungen sind vier Institute der Fraunhofer-Gesellschaft (Konsortialführer Fraunhofer ENAS sowie Fraunhofer IWES, Fraunhofer IWU, Fraunhofer LBF), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie die Technische Universität Chemnitz beteiligt.

Aus der Privatwirtschaft engagieren sich im Projekt zwei Großunternehmen (Siemens Wind Power und Altran Deutschland) sowie drei mittelständischen Unternehmen (IBK-Innovation, Invent und TS3 The smart system solution).

Das perfekte Material für riesige Rotorblätter

„Wir entwickeln mit unseren Partnern ein aktives Kernmaterial, welches alle elektronischen, mechanischen und fluidischen Funktionen einer aktiven Strömungskontrolle vereint und für die Integration in Sandwichsysteme mit faserverstärkten Kunststoffdeckschichten geeignet sein soll“, berichtet Prof. Dr. Lothar Kroll, Direktor des Institutes für Strukturleichtbau der TU Chemnitz.

„Wir sind sozusagen die Schnittstelle zwischen der Mikroelektronik und den Faser-Kunststoff-Verbundkomponenten in der Rotorblattfertigung“, ergänzt er. Im Projekt sollen zudem die technischen Potentiale strukturintegrierter fluidischer Aktoren in Windenergieanlagen gezielt ausgeschöpft und die für Innovationen typischen Risiken beherrscht werden.

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