Kommentar Zeit für ein Energieeffizienzgesetz!

Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmens­initiative Energieeffizienz (DENEFF)

Bild: Deneff
04.11.2014

Die Bundesregierung kann mit einem Energieeffizienzgesetz endlich für Gleichberechtigung von effizienter Nutzung und erneuerbarer Versorgung sorgen – und nur so eine bezahlbare Energiewende schaffen, die gleichzeitig hilft, den Konjunkturmotor wieder zuverlässig in Takt zu bringen.

Zu Recht begeistert weltweit die Erfolgsgeschichte, die beim bisherigen Ausbau der erneuerbaren Energien gelungen ist. Doch seit Monaten beginnt der Zuspruch von Bevölkerung und Wirtschaft zu bröckeln. Hinzu kommen neue Ängste um die Versorgungs­sicherheit. Der konjunkturellen Entwicklung tut all dies nicht gut. Das Heilsversprechen, kostenlos unendlich viel Energie zu liefern, blieb bislang uneingelöst und wird auch nicht auf absehbare Zeit eingelöst werden.

Zeit also, sich endlich auf die günstigste und längst vorhandene Energie­ressource zu besinnen: Die Energieeffizienz. Denn die Kosten jeder verkauften Kilowattstunde und die Verwundbarkeit des Energiesystems hängen weniger davon ab, woher die Energie kommt, als vor allem davon, wie viel Energie erzeugt und verteilt werden muss. Das bestätigte dieses Jahr auch ein Prognos-Gutachten im Auftrag der Agora Energiewende: Die Gesamtkosten des deutschen Stromsystems steigen in den kommenden 20 Jahren um 15 Milliarden auf 65 Milliarden Euro im Jahr, wenn es nicht endlich mit der Energieeffizienz voran geht, wie 2010 in den Szenarien zum Energiekonzept beschrieben. Senken ließen sich die Kosten des Stromsystems nur mit einem ambitionierteren Vorgehen. Ein „Weiter wie bisher“ kostet die Stromkunden über 20 Milliarden Euro mehr als eine ambitioniertere Energieeffizienzpolitik. Im Ergebnis wäre mehr Energieeffizienz also weit hilfreicher, als der Verschiebebahnhof von Be- und Entlastungen bei der EEG-Umlage. Und es geht nicht nur um Strom: Weit dramatischer waren die Energiepreisentwicklungen im Wärmebereich in den vergangenen Jahren.

Ein Umdenken ist gefragt, Energiewende nicht länger nur als „dasselbe in Grün“, als die schlichte Ersatzbefriedigung des Strombedarfs durch Erneuerbare zu verstehen und zu praktizieren. Der bislang nur leere Konsens, dass Einsparung und erneuerbare Erzeugung gleichbedeutend sind, gehört überwunden. Während die verbindlichen Ziele zum Ausbau erneuerbarer Energien mit einem mächtigen EEG für kalkulierbare Anreize sorgten, sind die unverbindlichen Einspar- und Effizienzziele nicht mit hinreichenden Maßnahmen hinterlegt. Während die Erneuerbaren-Ziele übererfüllt werden, bleiben die Effizienzfortschritte weit hinter dem wirtschaftlich Möglichen und dem zur Zielerreichung Erforderlichen zurück.

Alle, denen der Erfolg der Energiewende ein Anliegen ist, sollten deshalb von der Bundesregierung einfordern, eine gesetzlich verankerte Gleichbehandlung von Erneuerbare-Energien-Politik und Energie-Effizienz­politik zu verwirklichen. Plötzlich würde es politisch um etwas gehen und nicht mehr nur um ein Lippenbekenntnis. Förderprogramme könnten nicht mehr angekündigt, gestartet, eingefroren oder wieder zurückgenommen werden. Wirtschaftlich sinnvolle Gesetzesanforderungen müssten rationellen Abwägungen stärker als Klientel-Interessen ­folgen.

Niedrigere Energiekosten können die Wettbewerbsfähig­keit steigern und Verbraucher entlasten. Auch würden Energiepreisschocks am Weltmarkt gedämpft. Dem Fiskus selbst kämen durch die gehebelten Investitionen sogar beträchtliche Steuermehreinnahmen zu – und zwar nicht nur durch Energieeffizienzinvestitionen, sondern durch eine insgesamt voll finanzierbare Energiewende, die zu vernünftigen Kosten Aufträge und Beschäftigung im Zeichen eines wirklich nachhaltigen Energiesystem der Zukunft schafft. Die Gelegenheit dies zu verwirklichen, könnte nicht besser sein als jetzt!

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