Gastkommentar Das Dickicht im Embedded-Markt

Wolfgang Heinz-Fischer, Leiter des International Business Development TQ Group

Bild: TQ-Systems
27.10.2017

Spannend, in Bewegung und dynamisch bleibt der Embedded-Markt. Trotzdem hat man das Gefühl, die Branche hat ein etwas ruhigeres Jahr hinter sich. Die richtige Lösung für die Anwender ist mit dem Übermaß an Anbietern nicht immer leicht zu finden. Jedoch ist neben den Standards viel Platz für Optimierungen und Weiterentwicklungen.

Die führenden Chiphersteller haben die Frequenz von Neuankündigungen etwas verlangsamt. Das ist auch sicher der Tatsache geschuldet, dass die Technik immer komplexer wird. Die Strukturen werden immer kleiner und damit die Technik auch schwerer zu beherrschen. Eine ganze Reihe von verzögerten Markteinführungen ist ein deutlicher Beleg dafür. Es wird immer mehr Funktionalität in die Prozessorchips gepackt, sodass die Anforderungen an die Software steigen. Spannend wird der Merger zwischen Qualcomm und NXP, der jedoch noch einige Hürden der Europäischen Kommission überwinden muss. Die wahrscheinliche Fusion bringt neue Prozessoren in die Embedded Welt, die jedoch erst zeigen müssen, ob der Weg aus der Consumer in die Embedded - und Industrie Welt funktioniert.

Auch die Aufkäufe und Zusammenschlüsse von Embedded-Anbietern halten weiter an. Wer jedoch glaubt, dass der Markt sich dadurch stabilisiert, täuscht sich. Es bleibt also weiterhin ein nahezu unüberschaubarer Dschungel an Anbietern mit einer großen Anzahl an von Produkten. Das ist gut für die Anwender, denn dadurch finden sie sicher immer ein optimales Endergebnis. Die technische Lösung ist aber nicht das Einzige was zählt. Auch der Anbieter muss passen. Es ist also weiterhin wichtig, genau zu prüfen, ob dieser die Lösung auch langfristig und nachhaltig liefern kann. Für den Anwender wird es immer wichtiger, nicht nur die technischen Aspekte für ein Produkt im Auge zu haben, sondern auch die Situation des Lieferanten zu kennen. Standards und etablierte Anbieter sind meistens ein guter Ansatz.

Bei den Standards liegen momentan COM Express Compact und COM Express Basic (jeweils Type 6) sowie COM Ex-
press Mini (Type 10) klar im Trend. Für Server Anwendungen scheint sich COM Express Basis Type 7 durchzusetzen. Qseven ist für die neuesten Prozessor Generationen mit High-End Grafik, Gigabit Ethernet, USB 3.0 und PCIe in der derzeitigen Qseven Spec Version nicht gerüstet. Es sieht also so aus, dass zumindest in der näheren Zukunft COM Express, SMARC 2.0 und proprietäre Lösungen im ARM-Prozessor-Markt den Ton angeben werden.

Wie schwierig die Standardisierung von Prozessortechnologien, die nicht auf x86 basieren, zeigt sich an SMARC. Für den i.MX6-Prozessor von NXP ist SMARC 1.1 die geeignete Option. SMARC 2.0 ist praktischer für den Intel Atom E3900 und den NXP i.MX8. Die zwei Standards SMARC 1.1 und SMARC 2.0 sind nicht austauschbar oder kompatibel, genau so wenig wie COM Express Compact Type 2 und COM Express Compact Type 6. Es ist jeweils ein anderes Baseboarddesign notwendig. Neben den Standards bleibt also viel Platz für Optimierungen und Möglichkeiten für die Anbieter von nicht frei zugänglichen, auf ARM basierenden, Embedded-Boards.

Auf der Applikationsseite sind wenig neue Anforderungen zu sehen. IoT, Industrie 4.0 und Security bleiben die Themen und Herausforderungen. Die Anzahl der Lösungen steigt dementsprechend. Im Moment sind jedoch klare Standards noch nicht erkennbar. Das wird jedoch notwendig werden, damit die Systeme untereinander eindeutig kommunizieren können und sich stetig die Kosten für die Lösungen reduzieren. Eines ist jedoch sicher, der Markt wächst weiter und bleibt spannend. Auch in dem kommenden Jahr wird der Embedded-Markt sicherlich einige interessante Entwicklungen hervorbringen.

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