2 Bewertungen

„Robo-Hintern“ für die Autoindustrie Wie ein Gesäßroboter neue Autositze testet

Rund 25.000 Mal setzt sich der „Robutt“ in drei Wochen auf den Autositz. Damit simuliert der Roboter eine Nutzung von etwa zehn Jahren.

Bild: Ford

13.11.2017

Um die Belastbarkeit von Fahrzeugsitzen möglichst realitätsnah testen zu können, setzt Ford nun auf die Unterstützung eines Roboters. Der „Robutt“ simuliert das menschliche Gesäß und kann sogar unterschiedliche Sitzmuster erlernen, die die Ingenieure erstellt haben.

Der Autohersteller Ford setzt in Zukunft auf die Unterstützung eines Roboters, wenn es darum geht, die Belastbarkeit von Fahrzeugsitzen zu testen. Der (scherzhafte) Name des künstlichen Helfers lautet „Robutt“. „Butt“ ist Englisch und bedeutet vornehm ausgedrückt „Gesäß“. Er simuliert das menschliche Hinterteil und soll dadurch helfen, das Sitzverhalten von Autofahrern nachzuahmen.

Als Grundlage für den „Gesäßroboter“ dient ein Industrieroboter des Augsburger Unternehmens Kuka. Der Robutt kann zudem verschiedene Sitzmuster erlernen, die die Ford-Ingenieure erstellt haben. Damit kann er unter anderem simulieren, wie Fahrer und Passagiere in das Fahrzeig ein- und aussteigen. Als Referenz dient dabei ein Mann mit durchschnittlichen Körper-Abmessungen.

Komfort und Langlebigkeit testen

Die Sitze werden im Leben eines Fahrzeugs stark beansprucht. Auf Basis von Druckkarten entwerfen die Ingenieure einen Autositz, der nicht nur komfortabel sein soll, sondern hoffentlich auch einer jahrelangen Nutzung standhalten kann. „Vom ersten Moment an, wenn wir in ein Auto einsteigen, sollten bereits die Sitze Komfort und Qualität vermitteln“, sagt auch Svenja Fröhlich, Durability Engineer bei Ford Deutschland.

Um die Langlebigkeit eines Sitzes zu gewährleisten, setzten die Autohersteller früher auf eine simulierte Dauerbelastung. Mit Hilfe von pneumatisch betriebenen Zylindern ahmten die Entwickler das menschliche Sitzverhalten nach. Das Verfahren hat aber auch einen großen Nachteil: Die Zylinder bewegen sich nur in einer geraden Linie – horizontal oder vertikal. Die natürlichen Bewegungen eines Menschen, der sich während der Fahrt beispielsweise von einer Seite zur anderen neigt oder auf seinem Sitz herumrutscht, sind damit schwierig abzubilden.

Hier kommt nun der Robutt ins Spiel. „Früher haben wir für diese Qualitätsprüfungen Pneumatik-Zylinder verwendet, die tausende Male in Folge die Sitzfläche mechanisch be- und entlasteten und so das Gewicht eines Menschen simulierten, der ins Auto einsteigt und wieder aussteigt. Mit dem neuen Roboter können wir nun sehr viel genauer nachvollziehen, wie die Menschen im Auto wirklich sitzen“, erklärt Svenja Fröhlich.

Zehn Jahre Nutzung in nur drei Wochen simulieren

Es geht in diesem Zusammenhang vor allem um die Frage, welche Materialien wie strapaziert werden, wenn unterschiedlich große und unterschiedlich schwere Menschen ins Auto einsteigen, sitzen und wieder aussteigen. Der entsprechend programmierte Roboter nimmt 25.000 Mal im Fahrzeug buchstäblich Platz, um in nur drei Wochen das Äquivalent einer zehnjährigen Nutzung der Sitze zu simulieren.

Die Testmethode bietet noch einen weiteren Vorteil. Mittels eines Metallgesäßes lässt sich auch überprüfen, wie bequem ein Sitz tatsächlich ausfällt. Die Gesäßattrappe wird dazu auf dem Sitz platziert. Anschließend wird gemessen, wie tief ein Mensch einsinken würde.

Der neue Belastungstest kam erstmals beim neuen Ford Fiesta zum Einsatz, der seine Markteinführung in Deutschland im Juli hatte. Nun soll das Verfahren sukzessive auf alle künftigen Ford-Baureihen in Europa ausgeweitet werden.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel