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Interview über PushPull-Steckverbinder von Harting „Schneller, sicherer, kompakter“

HARTING Technologiegruppe

Frank Welzel, Director Global Product Management, Harting

Bild: Harting
28.03.2018

Schluss mit Werkzeug und Fehlerquellen: Die PushPull-Technik erleichtert die Handhabung von Steckverbindern erheblich. Harting setzt deshalb voll auf die neue Verbindungstechnik. Allerdings legt der Hersteller im Sinne der Kunden viel Wert auf eine Standardisierung, wie Frank Welzel, Director Global Product Management, und Lennart Koch, Global Product Manager, im Gespräch mit A&D betonen.

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A&D:

PushPull erleichtert die Handhabung erheblich. In welchen Branchen ist dafür ein besonderer Bedarf?

Welzel:

Der Ursprung der PushPull-Technologie liegt im Automobilbereich und sie ist dort mit den Rechtecksteckverbindern V14 sehr stark etabliert. PushPull hat gegenüber Schraubverbindungen aber generell einen Vorteil überall dort, wo viel installiert wird und eine große Anzahl von Steckverbindern notwendig ist.

Koch:

Im Grunde sind wir mit PushPull-Steckverbindern in allen Branchen vertreten, wo industrielle Geräte installiert werden. Die Anwendungsgebiete reichen von Verkehrstechnik über Automobiltechnik bis hin zu Veranstaltungs- und Bühnentechnik. Überall, wo man Stecker braucht, die schnell angeschlossen werden müssen, ist PushPull vorne mit dabei.

Bei den beliebten M12-Steckern hat Harting die PushPull-Technologie zuerst in der Bahntechnik etabliert. Warum?

Welzel:

Die Bahntechnik gilt als eine der höchsten Messlatten, was Vibrationen, Schock und Umgebungsbedingungen angeht. Wenn eine Steckverbindung diese Anforderungen erfüllt, kann man sie sicher über alle Industrien ausrollen. Unser Anspruch ist immer, härtesten Bedingungen gerecht zu werden, darum haben wir in der Bahntechnik bei M12-Steckverbindern mit PushPull begonnen.

Liegt der große Vorteil von PushPull darin, Fehlerquellen zu reduzieren?

Welzel:

Das auf jeden Fall! Wenn im Steckverbinderbereich geschraubt wird, ist von den meisten Herstellern ein Drehmoment von 0,6 Nm vorgeschrieben. Wir wissen selbst, dass die Kluft zwischen Theorie und Praxis hier sehr hoch ist. Demzufolge wird mit Drehmomentschlüsseln nicht durchgängig gearbeitet. PushPull dagegen sorgt automatisch dafür, dass die Dichtungen genau den richtigen Druck bekommen und die Steckverbindung sicher arretiert ist. Bei unserem PushPull verfolgen wir auch die Philosophie, nach dem Stecken keinen zweiten Schritt zu benötigen, beispielsweise für eine Drehung für die Verriegelung. Man darf nie vergessen, dass jeder zusätzliche Arbeitsschritt einen Aufwand und somit eine Fehlerquelle bedeutet.

Und wie merkt der Anwender den richtigen Sitz der Steckverbindung bei der Montage?

Welzel:

Eine Rückmeldung ist für die korrekte Verbindung natürlich sehr wichtig. Bei unserer PushPull-Technik erhält der Anwender neben einem haptischen Feed­back auch ein deutlich hörbares Klickgeräusch für die eindeutige Verriegelung. Wir haben das durchgängig über alle Produktfamilien mit PushPull sichergestellt.

Koch:

Bei unseren PushPull V4-Rechtecksteckverbinder mit PushPull bieten wir zusätzlich die Möglichkeit einer Plombierung, wenn aus Sicherheitsaspekten eine Verriegelung notwendig ist.

Gerade erwähnten Sie den Rechtecksteckverbinder V4. Wird dieser zunehmend von der M12-Produktfamilie mit PushPull abgelöst?

Koch:

Der M12 ist ein ganz klassischer Sensorsteckverbinder für Signale, der ganz unten in der Feldebene sitzt. Er hat jetzt seinen Siegeszug angetreten, um auch die Daten- und Power-Verkabelung zu erobern. Im Bereich der Automobilverkabelung wird es ebenfalls mehr in Richtung M12 gehen. Aber da, wo Flexibilität hinsichtlich der Steckverbinder­einsätze gefordert ist, wird der rechteckige Steckverbinder weiterhin seine Daseinsberechtigung haben. Sonst hätten wir auch niemals in eine zweite Generation investiert.

Welzel:

Die etwas größere V4-Bauform ermöglicht ganz unterschiedliche Schnittstellen, die wir mit einem M12-Rundsteckergehäuse nicht bedienen können. Aktuell haben wir zum Beispiel einen Displayport in ein V4-PushPull-Gehäuse integriert - das wäre mit M12 nicht möglich. Wir sehen die beiden Steckverbindersysteme als sich ergänzend, nicht als ablösend.

Braucht PushPull im Vergleich zum Schraubanschluss mehr Platz?

Koch:

Unser PushPull greift von außen auf eine Gehäusekontur auf und benötigt etwas mehr Platz als die Schraubvariante. Allerdings werden die paar Millimeter mehr als wieder wettgemacht, denn es ist kein Montageraum für einen Drehmomentschlüssel erforderlich. Denken Sie beispielsweise an einen Switch oder Gateway, wo viele M12-Anschlüsse nebeneinander platziert sind. PushPull erlaubt hier deutlich höhere Packungsdichten. Beim Stecken ist auch für die Finger des Monteurs kein großes Umfeld notwendig.

Sind Ihre M12-PushPull-Buchsen auch kompatibel zu bisherigen M12-Schraubsteckern?

Welzel:

Ja! Die Kompatibilität ist aus unserer Sicht ein ganz wichtiger Aspekt. Kunden, die sich bei Ihren Maschinen und Geräten für PushPull und dessen Vorteile entscheiden, bleiben voll kompatibel zu bisherigen M12-Steckern mit Schraubgewinde. Anwender, die dann diese Maschinen und Geräte mit PushPull einsetzen, bleibt weiter völlige Entscheidungsfreiheit, auf welche Steckverbindung sie setzen wollen. Natürlich geht es nicht, eine PushPull-Kabellösung an eine alte M12-Buchse anzuschließen, da fehlt schlicht in der Buchse die Mechanik.

Wie sieht es denn mit der Kompatibilität zwischen den PushPull-Technologien unterschiedlicher Anbieter aus?

Welzel:

Wir haben uns Mitte 2017 strategisch dazu entschlossen, kein weiteres proprietäres PushPull-System auf den Markt treiben. Denn die Anwenderakzeptanz wird immer limitiert bleiben, wenn jeder Hersteller von M12-PushPull-Steckverbindern wieder sein eigenes Süppchen kocht. Wir engagieren uns deshalb als treibende Kraft für die Verabschiedung eines Standards.

Standardisierung bremst aber auch die Innovation...

Welzel:

Natürlich, je mehr standardisiert wird, desto weniger Freiheitsgrade ergeben sich. Wir hätten zwar Konzepte für proprietäre Lösungen mit noch mehr Innovationskraft und Alleinstellungsmerkmalen in der Schublade, aber Harting stellt die Anwender ins Zentrum - und die wollen auf Standards setzen. Erst dann wird PushPull flächendeckend zum Erfolg. Gelingt die Standardisierung nicht, werden viele Anwender auch in hundert Jahren noch schrauben.

Wann erwarten Sie einen M12-PushPull-Standard und wie sieht es bei den Rechteck-Steckverbindern aus?

Koch:

Unser Wunschszenario wäre, wenn der Standard 2019 vorläge. Die Rechtecksteckverbinder V4 und V14 entsprechen bereits einer Norm, die ständig weiterentwickelt wird. Und weil der V4-PushPull-Steckverbinder eine Harting-Erfindung ist, waren wir auch der Treiber, ihn in eine Norm zu überführen. Damit geben wir dem Kunden auch bei den Rechtecksteckverbindern mit PushPull die Sicherheit, bei der Verkabelung nicht nur auf einen Hersteller setzen zu müssen.

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  • Lennart Koch, Global Product Manager, Harting

    Lennart Koch, Global Product Manager, Harting

    Bild: Harting

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