Schutztürabsicherung Die passende Verriegelung wählen

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20.04.2015

Bei der Suche nach einer geeigneten Verriegelungslösung von Schutztüren gibt eine neue Norm die Richtung vor. Ein Hersteller von Safety-Komponenten, erklärt, wie sich die Inhalte der EN ISO 14119 in der Praxis umsetzen lassen.

Die EN ISO 14119 ist die Nachfolgenorm der bisherigen EN 1088 Sicherheit von Maschinen – Verriegelungseinrichtungen in Verbindung mit trennenden Schutzeinrichtungen – Leitsätze für Gestaltung und Auswahl. In ihr ist die Rede von einer verriegelten trennenden Schutzeinrichtung oder auch Schutztür. Die entsprechenden Überlegungen lassen sich jedoch auf jeden Deckel, jedes Schutzverdeck oder jede andere Einrichtung übertragen. Der Begriff Verriegelung ist im Deutschen irreführend, denn er betrifft nicht die Schutztür an sich, sondern die Verriegelung der Steuerung gegen Anlaufen der Maschine: Die Maschine darf erst dann anlaufen, wenn die Schutztür geschlossen ist; und beim Öffnen soll die Maschine automatisch anhalten. Zugehalten heißt im Sinne der Norm, dass das Öffnen der Tür durch einen Benutzer mittels eines Sperrmittels verhindert wird.

Praktische Aspkete

Die Auswahl einer Verriegelungseinrichtung ist ein wesentlicher Abschnitt in der EN ISO 14119. Jedoch stehen vor der normativen Betrachtung immer erst die praktischen Aspekte, die die Gegebenheiten an einer Maschine abbilden. Ein sehr wichtiges Kriterium ist häufig der vorhandene Einbauraum rund um die Schutztür. In der Praxis ergibt sich in vielen Fällen der Einsatz einer Zuhaltung anstelle einer Verriegelung, da ein Arbeitsprozess nicht unterbrochen werden darf – wie beispielsweise bei einer Klebung. In diesem Fall kann direkt mit der Auswahl einer Zuhaltung begonnen werden, obwohl diese im ersten Schritt gar nicht zum Personenschutz – etwa wenn eine Maschine länger nachläuft - sondern zum Schutz des Prozesses verwendet werden soll. Ein weiterer Aspekt ist die Art der Schutztür: Eine automatisch betätigte Tür an einer Werkzeugmaschine erfordert eine andere Lösung als eine manuell zu betätigende Tür an einem Schutzzaun. Bei einer automatisch betätigten Tür bietet sich ein transpondercodierter Sicherheitsschalter mit Zuhaltung oder eine Verriegelung an.

Eine weitere Überlegung ergibt sich aus EN ISO 13849-1: die Einstufung der Sicherheitstechnik in einen entsprechenden Performance Level (PL). Einzusetzen sind entweder Sicherheitssysteme mit entsprechendem PL oder Bauteile, die in der Gesamtbewertung den geforderten PL ergeben. Vielfach können auch elektromechanische Sicherheitsschalter mit Zuhaltungen die bessere Lösung sein. Diese sind seit Jahren bewährt und ermöglichen ebenso die Realisierung beliebiger PL-Werte.

Normative Beurteilung

Nach der praktischen Auswahl der Verriegelungseinrichtung ist die Selektion nach EN ISO 14119 zu verifizieren. Am Anfang muss dabei immer die Betrachtung der Nachlaufzeit der Maschine stehen, denn durch dieses Kriterium wird entschieden, ob eine Zuhaltung für den Personenschutz benötigt wird oder ob eine Verriegelung ausreicht. Eine Zuhaltung für den Prozessschutz setzt die Norm mit einer Verriegelung gleich und fordert folglich, dass diese Art der Zuhaltung allen normativen Bedingungen einer Verriegelung entsprechen muss. Dies betrifft die richtige Auswahl eines Sicherheitsschalters, der mindestens einen zwangsöffnenden Kontakt beinhalten muss. Weitere Aspekte sind unter anderem eine korrekte Befestigung von Schalter und Betätiger, geeignete Anschlagpuffer, um den Schalter nicht zu beschädigen oder Begrenzung von Kräften, die auf den Schalter einwirken.

Jeder Maschinenhersteller muss für seine Anlage selbst die Nachlaufzeit bestimmen, sprich: die Dauer vom Absetzen eines Stoppbefehls bis zu dem Zustand der Maschine, von dem keine Gefährdung mehr ausgeht. Dem gegenüber stellt man die Zugangszeit durch den Bediener. Sie wird mit einer einfachen Formel aus der EN ISO 13855 berechnet. Wird eine Verriegelung verwendet, muss die Zugangszeit größer sein als die ermittelte Nachlaufzeit. Andernfalls muss für den Personenschutz eine Zuhaltung eingesetzt werden.

Zuhaltung

Für Zuhaltungen im Personenschutz sind nur die beiden Funktionsweisen durch Federkraft betätigt – durch Energie (EIN) entsperrt oder durch Energie (EIN) betätigt – durch Energie (EIN) entsperrt geeignet. Beide sind Ruhestromprinzipien, bei denen bei Ausfall der Energie die Tür zu gehalten bleibt. Die erste Funktionsweise ist die klassische aus der EN 1088, bei der beispielsweise durch Federkraft die Zuhaltung bei Stromausfall in die Sperrstellung geht. Beim zweiten Prinzip verbleibt die Zuhaltung in beiden Zuständen ohne Energie. Ein Beispiel hierfür sind elektromechanische Sicherheitsschalter wie der STP-BI mit bistabilem Magneten. Die weiteren in der Norm erwähnten Möglichkeiten beschreiben Arbeitsstromprinzipien und sind nur in Ausnahmefällen für Zuhaltungen für den Personenschutz zulässig. Für den Prozessschutz genügen sie jedoch immer. Zudem muss man prüfen, ob zusätzliche Arten der Entsperrung erforderlich sind. Dies kann eine Flucht­entriegelung, eine Hilfs­entriegelung oder eine Notentsperrung sein. An alle Arten der Entsperrung stellt die Norm Anforderungen, die teils vom Hersteller der Zuhaltung erfüllt werden müssen, teils aber auch vom Anwender. Eine ­dieser Forderungen lautet, dass nach Betätigen der Entriegelung eine Zwangs­öffnung der Zuhaltungsüberwachungskontakte gewährleistet sein muss, um die Maschine sofort zu stoppen. Erfüllen die Entsperrungen Kategorie B nach EN ISO 13849-1, ist es anwenderseitig nur noch notwendig, den Zugang zu einer Fluchtentriegelung von außen zu verhindern.

Außerdem müssen die von einer Schutztür auf die Zuhaltung wirkenden Kräfte innerhalb der Grenzen des vom Hersteller angegebenen Wertes bleiben. Dies ist zum einen eine mögliche statische Kraft, die entsteht, wenn ein Bediener an einer Tür zieht und wenn diese Kraft in die Zuhaltung eingeleitet wird. Eine Tabelle mit möglichen statischen Kräften findet sich im Anhang I der EN ISO 14119 mit beispielhaften Werten. Die Werte müssen in der Praxis im Detail ermittelt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die richtige Zuhaltung ausgewählt wird, um den realen Kräften standhalten zu können. Zum anderen kann die Krafteinleitung in die Zuhaltung auch durch eine dynamische Kraft erfolgen. Diese entsteht beispielsweise dann, wenn die Schutztür zugeworfen werden kann und am Anschlag zurück prallt. Falls davor das Sperrmittel einfällt, wird die gesamte retournierende Kraft in das Sperrmittel eingeleitet. Dies lässt sich einfach vermeiden, indem vor Ansteuerung der Zuhaltung zuerst die Stellung der Schutztür abgefragt wird und erst danach die Zuhaltung in die Stellung geschlossen geht.

Manipulaton

Ein essentieller Bestandteil der Norm ist das Thema Umgehen von Schutzeinrichtungen. Im ersten Schritt geht es dabei um die Einhaltung grundlegender Maßnahmen gegen die Manipulation. Hier steht die geeignete Befestigung von Betätiger und Verriegelungseinrichtung im Vordergrund. Zum Beispiel ist es wahrscheinlich, dass eine Verriegelungseinrichtung, die sich von selbst löst, umgangen wird. Mittels eines praktischen Verfahrens lässt sich beurteilen, ob überhaupt mit Manipulation zu rechnen ist. Dabei hilft eine einfache Excel-Tabelle, die beispielsweise von der Webseite der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung herunter geladen werden kann. Sie gibt vor allem unter Berücksichtigung verschiedener Betriebsarten Aufschluss darüber, ob der Bediener Vorteile von einem Umgehen der Sicherheitseinrichtung hat. Falls sich keine gravierenden Vorteile ergeben, wird mit einer Manipulation nicht gerechnet. Ansonsten zeigt die Norm Möglichkeiten auf, wie das Umgehen verhindert werden kann. Der sicherlich einfachste Weg ist der Einsatz eines hochkodierten Bauart-4-Sicherheitsschalters. Dabei handelt es sich um berührungslose Verriegelungseinrichtungen, bei denen unzählige verschiedene Betätiger am Markt zur Verfügung stehen.

Transpondercodierte Sicherheitsschalter, wie sie auch Euchner verwendet, gehen weit über diese Forderung hinaus, denn sie sind Unikat-kodiert. Das heißt: Jeder Betätiger ist einmalig. Entsprechende Sicherheitsschalter gibt es mit und ohne Zuhaltung. Für ihren Einsatz genügt es, dass der Betätiger unlösbar an der Schutzeinrichtung befestigt wird. Aber auch für alle anderen Arten von Sicherheitsschaltern zeigt die Norm Möglichkeiten, um Manipulation zu verhindern. Bewährt hat sich etwa die verdeckte Befestigung. Hierbei wird der Sicherheitsschalter an einer Stelle montiert, die nur dann zugänglich ist, wenn ein Teil der Maschine oder Umhausung abgebaut wird. Das letzte genannte Kriterium der Norm ist die Prüfung, ob die gewählten Verriegelungseinrichtungen den Umwelteinflüssen am Einbauort standhalten. Hierunter können Kriterien wie Schutz gegen eindringende Flüssigkeiten, Staub oder EMV fallen.

Wenn alle genannten Punkte berücksichtigt wurden, kann ein Anwender sicher sein, die neue EN ISO 4119 zu erfüllen, und kann somit bezüglich der Verriegelungseinrichtungen auch das CE-Zeichen an der Maschine anbringen. Denn die Norm ist als Nachfolger der EN 1088 harmonisiert und erlaubt somit die Vermutungswirkung für die Maschinenrichtlinie. Beim Einsatz der Sicherheitsschalter mit Verriegelung oder mit Zuhaltung ändert sich durch die neue Norm eigentlich nicht besonders viel. Es wird lediglich deutlich klarer gemacht, wie eine solche Einrichtung auszuwählen und letzten Endes zu betreiben ist.

Bildergalerie

  • Der elektromechanische Sicherheitsschalter STP-BI von Euchner ist eine besondere Lösung für den Personenschutz per Ruhestromprinzip: Er erfüllt ohne zusätzlichen Aufwand die Forderung der Maschinenrichtlinie, sich einfach selbst befreien zu können.

    Der elektromechanische Sicherheitsschalter STP-BI von Euchner ist eine besondere Lösung für den Personenschutz per Ruhestromprinzip: Er erfüllt ohne zusätzlichen Aufwand die Forderung der Maschinenrichtlinie, sich einfach selbst befreien zu können.

    Bild: Euchner

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