Derzeit geht es Schlag auf Schlag bei den Solarforschern im Südwesten Deutschlands: Erst vor drei Monaten hatten sie mit 22,0 Prozent Wirkungsgrad einen Europarekord erzielt. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) konnte nun mit 22,6 Prozent Wirkungsgrad einen neuen Weltbestwert bei Dünnschichtsolarzellen aufstellen. Mit dem Erfolg übertreffen die Stuttgarter Wissenschaftler den bisherigen Rekordhalter aus Japan um 0,3 Prozentpunkte und holen den Weltrekord bereits zum fünften Mal ans ZSW. Der Forschungswettlauf zeigt unterdessen einen interessanten Trend: In den letzten drei Jahren hat sich der Wirkungsgrad der Dünnschichtsolarzellen auf Basis von Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) stärker erhöht als in den 15 Jahren zuvor. Höhere Wirkungsgrade machen Solarstrom günstiger.
Die aktuelle Verbesserung um 0,6 Prozentpunkte gelang in einer hochmodernen Laborbeschichtungsanlage mit Hilfe eines Ko-Verdampfungsverfahrens. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat die Ergebnisse bestätigt. Die vom ZSW produzierte Rekordzelle ist rund 0,5 Quadratzentimeter groß, ein übliches Maß für Versuchszellen. Der aktuelle Rekord wurde durch Verbesserungen an mehreren Stellen des Produktionsprozesses erzielt, unter anderem durch die Optimierung des Alkali-Nachbehandlungsprozesses der CIGS-Oberfläche.
Konkurrenz zu Silizium-Photovoltaik
Der Fortschritt in der Dünnschichtphotovoltaik hat sich innerhalb weniger Jahre stark beschleunigt: Von 1998 bis 2013 wurden nur alle zwei bis drei Jahre Rekorde erreicht. Der Wirkungsgrad stieg jährlich durchschnittlich um 0,1 Prozentpunkte. Seit knapp drei Jahren fallen die Weltrekorde nun im Halbjahresrhythmus. Die Wachstumsraten betragen gegenwärtig im Schnitt 0,7 Prozentpunkte pro Jahr. Mit den jüngsten Forschungsergebnissen könnte sich bald eine ernsthafte Konkurrenz zu der seit Jahren marktbeherrschenden Silizium-Photovoltaik entwickeln. Der Vorsprung gegenüber multikristallinen Siliziumzellen beträgt nun 1,3 Prozentpunkte. Dass mit dem neuen Erfolg das technologische Potenzial von CIGS-Solarzellen ausgereizt ist, glauben die ZSW-Wissenschaftler nicht. „Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Jahren bis zu 25 Prozent Wirkungsgrad erreichen können“, sagt Professor Michael Powalla, ZSW-Vorstand und Leiter des Geschäftsbereichs Photovoltaik.
Auch bei anderen wichtigen Kennzahlen verbessert sich Dünnschichtphotovoltaik: Die CIGS-PV liegt bei den Modul-Wirkungsgraden, die immer etwas niedriger sind als die der kleineren Zellen, nur noch geringfügig unter dem multikristallinen Silizium. Die beiden Technologien sind mit 15 bis 17 Prozent Effizienz nah beieinander. Die Produktionskosten der CIGS-Module haben sich inzwischen der Siliziumtechnologie angeglichen und liegen bei 40 US-Cent pro Watt. Künftig sollen Modulwirkungsgrade von 18 Prozent und mehr sowie Kosten von rund 25 US-Cent pro Watt möglich sein. Die niedrigen Kosten stellen sich, anders als bei der Silizium-PV, bereits bei einem relativ geringen Produktionsvolumen ein.
In den kommenden Monaten wird das ZSW gemeinsam mit dem Industriepartner Manz AG daran arbeiten, die neuen Ergebnisse vom Labor auf die Massenfertigung zu übertragen. Der Reutlinger Maschinenbauer Manz bietet schlüsselfertige Produktionslinien zur Herstellung von CIGS-Dünnschicht-Solarmodulen an.